Heute hatte sie ihre pinken Haare zu einem losen Dutt gebunden und wenn sie ihren Kopf etwas drehte konnte man die hellen Strähnen, die ihr Haar durchzogen, erkennen wo die Farbe schon etwas ausgewaschen war. Sie saß wie üblich am Fenster und wie üblich war sie in ihr Buch vertieft was sie immer las bis sie austeigen musste. Heute war es Der Scharlachrote Buchstabe. Ich hatte noch nie irgendwas am Hut mit diesen Klassikern besonders nicht in der Schule aber zu ihr passten sie irgendwie.
Heute trug sie eine hellblaue Jeans und eine Jeansbluse worüber sie einen weißen Pullover anhatte und ihre üblichen weißen Chucks. Ihr Outfit konnte man als leichtsinnig bezeichnen denn selbst in Oxford County war es im Januar kalt auch wenn es fast nie schneite. Aber sie schien nicht zu frieren oder wusste wie man es verbergen konnte. In den hinteren Sitzreihen vom Bus saßen wie üblich die zwei älteren Damen die wie üblich ihre Köpfe zusammensteckten und sich über Sie ausließen und die Augen verdrehten. Auf ihren Gesichtern stand förmlich der Spruch Die Jugend von heute aber sie sagten nie ein Wort zu ihr und nickten ihr nur freundlich zu wenn sie sich umdrehte. So wie üblich schaute sie kurz auf als die Haltestelle an der sie austeigen musste aufgerufen wurde und wie üblich steckte sie ihr Buch, dass mit kleinen Post-It-Notes beklebt war in ihrem weißen Rucksack der am Boden schon grau geworden war und stellte ihn zu sich auf den Sitz.
Und wie üblich legte sie sich die gefalteten Hände dann in den Schoß und starrte aus dem Fenster bis der Bus hielt. Und wie üblich starrte ich konzentriert auf meine Schuhe als sie von ihrem Sitz aufstand und den Bus verließ. Und erst als ich mir ganz sicher war, dass sie sich nicht mehr im Bus befand sah ich wieder auf und wie jeden Tag sah ich ihr dann noch hinterher wie sie den Gehsteig entlang läuft bis ich sie schließlich aus den Augen verlor. Und dann lehnte ich meinen Kopf ans Fenster und sah zu wie mein Atem das Fenster zum Beschlagen brachte und wartete bis der Bus an meiner Haltestelle hielt. Saints Hill Street.
Und wie jeden Tag hob ich dann meine Umhängetasche vom Boden auf, warf sie mir über die Schulter und verließ den Bus. Und wie jeden Tag zog ich mir den Schal, den ich mir für die Busfahrt locker um den Hals gebunden hatte, über die Nase weil die Luft eisig kalt war und lief den Gehsteig entgegen bis zur Häuserfront wo die nervigen drei jährigen Zwillinge wohnten und bog in eine kleine Seitenstraße ab wo sich das Mehrfamilien Wohnhaus befand wo ich mit meiner Schwester wohnte. Und wie jeden Tag fummelte ich den Haustürschlüssel mühsam aus meiner Jackentasche und umklammerte das kalte Metall bis ich an meiner Haustür stand und mehrere Versuche brauchte den Schlüssel ins Schloss zu stecken weil meine Finger taub vor Kälte waren. Und dann drückte ich mit dem rechten Fuß die Tür auf und ließ sie hinter mir ins Schloss fallen und dann ging ich zum Briefkasten und holte die tägliche Werbung des Lebensmittelladens um die Ecke. Dann stieg ich die Treppen bis in den dritten Stock hoch weil es hier keinen Aufzug gab und machte erstmal Halt vor unserer Haustür weil ich völlig außer Atem war. Und erst dann schloss ich auf und wurde sofort vom heimischen Lavendelduft unserer Wohnung gegrüßt. Meine Schwester kaufte immer diese Duftkerzen die es für 3.99€ in der Drogerie gab. Die, die auch wenn sie nicht angezündet waren immer noch so einen penetranten Geruch besaßen der sich dann in der ganzen Wohnung ausbreitete doch ich hatte mich daran gewöhnt und mittlerweile war es sogar ein gar heimischer Geruch. Und wie jeden Tag streifte ich dann meine Stiefel ab und stellte sie ins Schuhregal dann zog meine Jacke ab und hing sie an die Garderobe und dann warf ich den Schlüssel auf die Kommode im Wohnzimmer und legte den Rucksack daneben.
Und wie jeden Tag wartete ich eigentlich nur darauf, dass meine Schwester heim kam und wir über die Ereignisse des Tages reden konnten obwohl meine so ziemlich jeden Tag gleich ausfielen. Und jeden Tag fragte sie mich über Sie aus und jeden Tag erzählte ich ihr das Gleiche denn ich hatte nichts Neues zu berichten und jedes Mal warf sie mir diesen geschwisterlichen Blick zu der mich ermutigen sollte doch eigentlich prallte er nur an mir ab und machte mir klar, dass ich unscheinbares Wesen bin. Und wie jeden Tag saßen wir in der Küche bei gedimmten Licht und schlecht gekochten Essen und einer Tasse Kaffee und sprachen bis spät in die Nacht bis wir um 2.00 Uhr nachts dann schließlich ins Bett gingen.
Und wie jeden Morgen wachte ich dann auf und meine Schwester war schon seit Stunden weg und wie jeden Morgen ging ich ins Bad, duschte mich und machte mich fertig ehe ich mir meinen Rucksack und meinen Schlüssel schnappte, in meine Stiefel stieg und meine Jacke anzog und dann anschließend die Haustür hinter mir zusperrte und zum Bus lief wo ich dann für eine halbe Stunde auf meinem üblichen Platz am Fenster saß und an Sie dachte. Nach einer halben Stunde verließ ich dann den Bus und lief für weitere zehn Minuten bis ich an der Kunstgalerie ankam.
Diese betrat ich dann, nickte der Frau die jeden Tag die Bilder studierte freundlich zu und stieg die Treppen in den zweiten Stock hoch wo jeden Tag ein Kunst Workshop stattfand an dem ich nie teilnahm. Dann zog ich meine Jacke wieder aus, hing sie an die Garderobe, schloss die Tür hinter mir und setzte mich an den Tisch der sich am Fenster des geräumigen Raums stand und machte meinen MP3 Player mit Musik an.
Schließlich packte ich meinen Block und meine Stifte aus meinem Rucksack und begann Sie zu zeichnen. Und damit verbrachte ich dann meinen Tag bis es dann Zeit zum Heimfahren war. Die Leute die am Kunst Workshop teilnahmen, meistens Studenten, hatten sich schon an meinen Anblick gewöhnt und nickten mir beim Verlassen immer zu.
Und wenn es dann Zeit zum Heimgehen war packte ich meine Sachen zusammen, zog meine Jacke an und lief rasch die Treppe runter, vorbei an der Frau die immer noch die Bilder studierte und aus der Kunstgalerie heraus dann joggte ich die fünf Minuten bis zum Bus für die ich im normalen Tempo normalerweise zehn Minuten brauchte und wartete bis der Bus kam. Ich wusste mittlerweile wann Sie im Bus saß, jeden Abend um 17:00 Uhr saß sie wie üblich am Fenster mit ihrer Nase tief in einem Buch. Und wie üblich setzte ich mich auf meinen üblichen Platz am Fenster und wie üblich saßen auch die zwei älteren Damen da und ließen sich über Sie aus. Und wie üblich verbrachte ich dann die Busfahrt damit ihr Aussehen zu studieren um es am nächsten Morgen wieder zu zeichnen.
Und wie üblich passte ich genau darauf auf, dass sie mich nicht bemerkte. Und dann verließ sie den Bus und dann sah ich ihr nach und dann verließ ich schließlich den Bus und lief am Wohnblock vorbei wo die nervigen Zwillinge wohnten und fummelte den kalten Metallschlüssel aus meiner Jackentasche, sperrte nach mehreren Versuchen die Tür auf und holte die Werbung der Drogerie aus dem Briefkasten und lief in den dritten Stock wo ich dann oben angelangt Halt machte weil ich außer Atem war.
Und dann betrat ich unsere Wohnung wo mich der Lavendelkerzenduft begrüßte und ich wieder meine Schuhe ins Schuhregal, meine Jacke an die Garderobe, meinen Rucksack neben und meinen Schlüssel auf die Kommode räumte. Und dann wartete ich wieder auf meine Schwester.
Und so begann es dann jeden Tag von Neuem.
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Ich war jetzt irgendwie für ein Jahr weg und bin jetzt wieder da mit einer eigenen Geschichte die wohl niemand lesen wird. Läuft auf jeden Fall bei mir :D
Jedenfalls, falls sich wirklich irgendjemand hier her verirren sollte: Danke für's Lesen und ich hoffe es gefällt dir!
LG
Virginia ^.^
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Brainstorm
RomanceIst das alles was wir jemals sein werden? Nur unscheinbare Blicke im Bus und namenlose Zeichnungen auf Papier?
