Kapitel 3: Probleme

54 8 0
                                    

Libra musste zugeben, dass sie sich anfangs durchaus gefürchtet hatte. Und das nicht nur ein bisschen. Was wahrscheinlich auch verständlich war, denn in ihrem ganzen Leben war sie noch nie so angefaucht worden, wie vor nicht ganz zehn Minuten. Doch wem wäre es bei diesen scharfen Zähnen und Krallen schon anders ergangen? Sicher nicht vielen. Andererseits, jetzt im Moment sah der Felidae, dessen Name sie immer noch nicht kannten, allerdings eher bemitleidenswert aus. Doch vermutlich wäre es trotzdem ein großer Fehler wenn sie ihn unterschätzen täte.

»Hier trink das«, sagte Libra und reichte ihm ein Glas mit Wasser.

Sehr zu ihrem großen Erstaunen und entgegen ihrer Erwartungen nahm er es von ihr an und trank es, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, bis auf den letzten Tropfen aus. »Wie heißt du eigentlich? Und was machst du hier?«, wollte sie dann aber doch noch wissen.

»Das würde mich auch interessieren«, meinte Ian, der neben Libra stand und den Felidae vor ihnen misstrauisch ansah. »Oder kannst du etwa nicht reden?«

Der Felidae sah erst ihn dann Libra an. In seinen Augen lag mit einem Mal ein Glanz, der Libra, aus einem Grund, den sie sich nicht erklären konnte, verunsicherte. Was ihn zu amüsieren schien. »Kael.«

»Wie bitte?«, mit großen Augen sah sie ihn an.

»Kael«, wiederholte er mit krächzender Stimme. »Das ist mein Name.«

Libra blinzelte irritiert. Dann aber lächelte sie ihn an. »Schön dich kennenzulernen, Kael. Das hier ist Ian und mein Name ist Libra. Wir arbeiten hier. Aber das hast du sicher schon mitgekriegt, oder?«

Kael nickte ihr zu ihrer Bestätigung zu. Aber das war auch schon alles. Ansonsten sah er sich kurz im Raum um. Nur, um ihnen daraufhin Nase rümpfend seine Aufmerksamkeit zuzuwenden.

»Das führt doch zu nichts«, mischte sich nun Ian ungeduldig und hörbar genervt ein. »Am besten schicken wir ihn nach Hause. Wo auch immer das sein mag. Und außerdem ...«, weiter kam er nicht.

»Libra und Ian«, erklang nämlich auf einmal ermahnend die Stimme von Aideen. »Würde mir bitte jemand von euch erklären, was hier los ist?«

»Na was hab ich gesagt, Libra? Ich wusste, wir kriegen Ärger!«, beschwerte sich Ian bei ihr.

»Weshalb genau solltet ihr von mir Ärger kriegen?«, erkundigte sich Aideen. »Und wer ist das?« Sie nickte in Kaels Richtung.

Libra seufzte. »Das ist Kael. Er ist derjenige, der im Hof geschlafen hat.«

***

»Nicht geschlafen«, meldete sich Kael nach einer Weile zu Wort und musterte Aideen von oben bis unten. Ihr Fuchsschweif schwang ungeduldig hin und her. Vermutlich kein gutes Zeichen. Auch wenn Canidae dazu neigte, dass, im Gegensatz zu den Felidae, in quasi jeder Situation zu tun. Mit Füchsen hatte er bisher auch noch nicht viel und eigentlich wollte er das auch nicht. Aber das zu sagen, wäre vermutlich keine gute Idee. Zumindest gerade jetzt. Trotzdem. Irgendwas musste er sagen. Irgendeine Erklärung. Dabei wusste er selbst ja auch immer noch nicht genau, wie er hierher kam.

»Wenn du nicht geschlafen hast, was hast du dann im Hof meines Cafés gemacht?«, erkundigte sich die Füchsin bei ihm.

Kael hätte sie am liebsten angeknurrt. Doch vermutlich wäre auch das keine gute Idee. Also zuckte er mit den Schultern.

»Keine Ahnung«, sagte er daher. Was nicht gelogen war. Immerhin fehlte da etwas in seiner Erinnerung. Das betraf die Ereignisse, wie er hierher gekommen war und warum überhaupt. Aber darum musste er sich dann später kümmern. Wenn es ihm besser ging. Und er sich nicht mehr um irgendwelche Füchse, Katzen und Menschen kümmern musste.

Beast - Erwecke das Tier in dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt