Ein Held

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F Y N N und D E R _ K L E I N E eilen durch den nunmehr schwarzen Wald, man sieht die eigene Hand vor Augen nicht. Mit einem Male stolpert D E R _ K L E I N E über ein Hindernis und stürzt dumpf zu Boden.

F Y N N : He, was war das?

Stille.

F Y N N : Wo seid Ihr?

Ein frischer Wind zieht auf und streicht durch die Blätter.

F Y N N (lauter) : Heda, könnt ihr mich hören?

Der Luftzug flaut wieder ab.

F Y N N : He!

Stille.

F Y N N : So sagt doch etwas! (im Anflug von Verzweiflung) Ich kann Euch nicht rufen, da ich Euren Namen ja gar nicht kenne!

Stille.

F Y N N (murmelnd) : Nun denn, so wartet einen Augenblick. Ich muss mein Lys zu Hilfe nehmen.

F Y N N tastet mit der Rechten sein Matrosenjäckchen ab, steckt die Hand in eine der Taschen und zieht eine zierliche, schwebende Kugel hervor. Im selben Augenblick beginnt das Lys in einem hellen, aber angenehm warmen Licht zu strahlen. Der Junge schwenkt seinen rechten Arm mit einer großen Drehung um sich selbst und mustert dabei angestrengt die Umgebung. Da fällt der Schein auf D E N _ K L E I N E N .

D E R _ K L E I N E (erleichtert) : Hier bin ich! (sich aufsetzend, klopft er die Erde aus seinen Gewändern)

F Y N N (angespannt) : Warum habt Ihr nicht geantwortet?

D E R _ K L E I N E (irritiert) : Es war dunkel. (Pause) Ich habe nichts gesehen.

F Y N N nickt leicht mit dem Kopfe. Da regt sich unter dem Körper D E S _ K L E I N E N ein schwarzer Schatten, und D E R _ K L E I N E lässt einen kurzen, schrillen Schrei fahren. Er rappelt sich geschwind auf. Beiden steht Furcht gleichermaßen wie Neugier ins Gesicht gezeichnet, als sie beobachten, wie sich der Umriss vom Boden erhebt. Zuerst sieht man nur lange, dünne Zotteln von Stoff, die sich aber nach und nach zu einer menschlichen Figur zusammentun. F Y N N schreckt auf, als plötzlich sich die Gestalt umdreht und ein blasskaltes, dürres Frauengesicht enthüllt.

L O R W E N W E I B (gedehnt, mit schiefem Grinsen an F Y N N gerichtet) : Naa, habt Ihr Euch gebührend erschreckt? (hält die blasse Hand auf) Das macht drünf Schrillinge.

F Y N N und D E R _ K L E I N E blicken sich verständnislos an.

L O R W E N W E I B (ernster) : Ich verstehe, Ihr Seid nicht zum Vergnügen hier. (grinsend, gedehnt) Schade!

Das L O R W E N W E I B schweigt. Mit ihren weißblauen Augen, die im Licht des Lys sonderbar fluoreszieren, mustert sie unablässig das Gesicht des Jungen. Da nun ändert sich schlagartig ihr Ausdruck, ihre dürren Finger richten eilig den blutroten Blumenkranz auf ihrem Haupt.

L O R W E N W E I B (hüstelnd, mit klarer Stimme) : Verzeiht! Man hat mir gesagt, Ihr trüget einen dunklen Mantel. (Pause, blickt an dem Jungen herab) Wie mir scheint, wurde ich falsch unterrichtet. (mit einer winkenden Geste, vertraulich) Hingegen wäre ein solcher Mantel nachts im Gryndelwalde nicht verkehrt! Friert Ihr nicht etwa?

F Y N N , die Lippen blau anlaufend aufeinandergepresst, schüttelt knapp den Kopf.

L O R W E N W E I B (sich wieder aufrichtend, ungeduldig) : Nun also! Stellt Eure Frage.

F Y N N (zögerlich) : Frage?

Das L O R W E N W E I B hebt unwirsch die Augenbrauen.

L O R W E N W E I B (murmelnd) : Unfassbar! (sich sammelnd, dann mit Nachdruck) Ihr Seid der Held dieser Geschichte, der Retter des Gryndelwaldes, doch bevor Ihr die Prophezeihung erfüllen könnt, benötigt Ihr etwas. (Luft holend) Dafür bin ich hier. (presst die Lippen aufeinander, in erwartungsvollem Blick)

D E R _ K L E I N E flüstert F Y N N etwas ins Ohr.

F Y N N : Oh, natürlich! Ich benötige ein Schwert und eine eherne Rüstung. (nachdenkend, dann eifrig mit einem halben Grinsen) Und einen brähmischen Viertelblutrappen!

L O R W E N W E I B (herausfordernd) : Das war keine Frage!

F Y N N (entnerviert) : Ich bitte Euch um den Verleih eines Schwertes, einer ehernen Rüstung (nun wieder grinsend) und eines brähmischen Viertelblutrappen!

L O R W E N W E I B : Die beiden ersten Wünsche werde ich euch erfüllen, von einem Viertelblutrappen hingegen stand nichts in meiner Abmachung. (deutet mit der Linken in die Richtung, aus der F Y N N und D E R _ K L E I N E gekommen waren) Dort findet Ihr die versprochenen Gegenstände. (hohnlächelnd) Sogar dürft Ihr sie behalten.

Das L O R W E N W E I B tritt einen Schritt zurück. Im darauffolgenden Augenblick fahren große Schwaden feinen Nebels empor, das Lys flackert unruhig. Ein schrilles Rauschen fegt wie Sturmeswind durch die Baumkronen. Als der Spuk vorbei ist, ist die Frauengestalt verschwunden. F Y N N und D E R _ K L E I N E eilen den Pfad, den sie gekommen, wieder zurück, bis sie über das Schwert und die Rüstung, diesmal nur im bildlichen Sinne, stolpern. F Y N N bleibt vor Begeisterung die Sprache im Halse stecken, als der Schein des Lys sich im glänzenden Metall widerspiegelt. D E R _ K L E I N E begibt sich einen kleinen Schritt zur Seite, beginnt dann, dem Jungen die Rüstung anzulegen.

F Y N N (mit strahlenden Augen) : Oh, seht nur, wie sie schimmert und funkelt!

D E R _ K L E I N E (murmelnd, zu sich selbst) : Ich wünschte, ich wäre der Held dieser Geschichte.

F Y N N (mitfühlend) : Grämt Euch nicht gar zu sehr! (pathetisch) Ein Held muss sterben! (wieder nüchtern) Und wollt ihr das, sterben?

D E R _ K L E I N E : Jedes Wesen muss einmal sterben. Eine Wahl sehe ich darin in der Tat nicht.

F Y N N zuckt mit den Schultern. Er stellt erstaunt fest, dass sich dabei von nun an auch eine eherne Brustplatte hebt und senkt.

F Y N N : Ich spüre bereits die Last der Verantwortung.

D E R _ K L E I N E : Noch könnt Ihr sie wieder ablegen.

F Y N N : Ihr wisst wohl, dass ich es nicht kann. Man hat es entschieden: Ich bin der Held. (sich seinem Schicksal fügend, entschlossen) So habe ich also der Held zu sein! (empfindlich) Wenigstens vorher mich zu fragen wäre angebracht gewesen. (kläglich hinzufügend) Es ist ein schmerzlich Gefühl, nicht vorbereitet zu sein.

D E R _ K L E I N E (brummend) : So habt Ihr ja auf dem langen Weg nach dem Kerker ausreichend Zeit, eure Stärken mental zu sammeln.

F Y N N : So sei es denn! Lasset uns eilen, denn die Stunde der Mitternacht rückt näher.

F Y N N und D E R _ K L E I N E schreiten von dannen, auf dass sie erneut in der Finsternis verschwinden. Lange noch klingt das Klappern der Rüstung nach, dann herrscht wieder Stille.

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Es wird besser, so langsam finde ich mich rein. Hin und wieder frage ich mich, ob ich es nicht gar zu sehr übertreibe - aber dann fällt mir wieder ein, dass mir ja keiner gesagt hat, wie ich es machen soll. Wir werden also sehen.

Freue mich wie immer über eure Kommentare. Jeder Kommentar ist eine Motivation für ein weiteres Kapitel (außer er beleidigt eine Mutter). Darum werde ich folgerichtig dieses Kapitel widmen an die Person, die mich für dieses Kapitel motiviert hat. Ich danke Euch recht hürzlich!

(murmelnd, zu sich selbst) Ich werde hier noch verrückt.

Abenteuer aus dem GryndelwaldWhere stories live. Discover now