Loslassen

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Es heißt man soll loslassen von verstorbenen Menschen, die einem sehr nahe waren.


Es war ein schöner, sonniger Sommertag, an dem es passiert ist. Ich habe auf meinen Bruder gewartet. Als sein Bus endlich auf der gegenüberliegenden Haltestelle gehalten hatte und er ausgestiegen war, kam er über die Straße. Bevor er über die Straße geht, schaut er normalerweise immer nach rechts und nach links. Nachdem er dies getan hatte, ging er los, aber plötzlich kam ein Auto in einem wahnsinnigen Tempo. Genau in diesem Moment passierte es. Mein Bruder wurde von dem Auto erfasst und weggeschleudert. Der Autofahrer gab noch mehr Gas und raste davon. Ich war in einer Schockstarre.

Nach ein paar Minuten kam eine Frau, sie rannte zu meinem Bruder und wollte ihm helfen. Sie rief auch noch den Rettungsdienst. Es kamen noch andere Personen und ein Mann versuchte, mit mir zu reden, aber ich schaute nur auf meinen Bruder. Er half mir, mich auf den Gehweg zu setzen und versuchte, mich zu beruhigen. Dann erst kam der Rettungswagen angefahren und die Rettungssanitäter stiegen sofort aus und versorgten den Kleinen. Wenig später landete der Rettungshubschrauber auf der Straße und mein Bruder wurde weggebracht. Dann endlich konnte ich mich wieder richtig bewegen und einer von den Sanitätern kam zu mir und fragte mich, ob alles gut sei mit mir. Der Mann, der mir geholfen hatte, redete mit dem Sanitäter und der sagte dann zu mir, dass ich auch mit ins Krankenhaus kommen solle und dort dann meine Eltern auf mich warten würden.

Als wir dann endlich ankamen, waren meine Eltern schon da. Sie waren ziemlich geschockt und sehr blass, sie redeten dann noch mit dem Sanitäter über meinen Zustand und den von meinem Bruder.

Mehrere Stunden später kam ein Arzt aus dem OP und sagte zu mir und meinen Eltern, dass mein kleiner Bruder es nicht geschafft hatte.

Ich brach in Tränen aus und meine Eltern nahmen mich in den Arm, sie hatten auch Tränen in den Augen. Nach einiger Zeit fuhren wir schweigend nach Hause. Im Auto weinte meine Mutter ganz schrecklich.

Zuhause angekommen sagten mir meine Eltern noch, dass ich erst mal nicht in die Schule gehen müsste. Dann ging ich auf mein Zimmer, legte mich in mein Bett und versuchte zu schlafen. Im Traum tauchte immer wieder die Szene auf, wo das Auto ihn erwischte und er weggeschleudert wurde. In dem Moment, wo sein Körper auf den Boden aufschlug, wachte ich schweißgebadet auf. Ich fand keine Ruhe.

Dies passierte mir jede Nacht und tagsüber konnte ich nicht aufhören, an ihn zu denken. Meine Eltern waren so voll Kummer, dass sie kaum reden konnten. Jeder schwieg und trug den schrecklichen Verlust allein.

Nach einigen Tagen meinten meine Eltern, dass ich wieder in die Schule gehen könnte. Dort fühlte ich mich komplett fehl am Platz. Ich war nur müde und ich konnte auch nicht zuhören, denn ich musste dauernd an ihn denken und an seinen Tod. Ich hätte noch so viele Fragen an ihn gehabt. Meine Klassenkameraden versuchten nett zu mir zu sein, aber ich wollte allein sein. Sie waren mir egal. Nach einiger Zeit ließen sie mich in Ruhe.

Als meine Eltern bemerkten, dass meine Noten immer schlechter wurden, schickten sie mich zu einem Psychologen. Dieser sollte versuchen, mit mir meine Ängste und meine Trauer zu besprechen und die Schlafprobleme zu lösen. Das Reden tat mir unendlich gut, auch das Weinen, und die Wut mal herauszulassen.

Nach mehreren Wochen konnte ich endlich wieder eine komplette Nacht durchschlafen und wachte nicht immer wieder auf. Natürlich musste ich immer noch an ihn denken, da konnte mir der Psychologe leider nicht helfen. Er meinte, dass ein Trauerprozess meist etwa drei Jahre dauern würde, erst dann sollte es etwas besser werden. Er sagte auch, dass ich meinen kleinen Bruder wohl niemals vergessen würde.

Zuhause suchte ich Artikel und Betroffenen berichte zum Thema ‚‚Loslassen von verstorbenen Menschen''. Ich fand viele Tipps und habe einige ausprobiert. Einer hat am besten funktioniert: Alles genau aufschreiben. Das tut der Seele gut. Mir hat es auch geholfen.

Ich hoffe, dass es meinem Bruder gut geht, dort, wo er jetzt ist. Er wird immer bei mir sein und ich hoffe, dass ich eines Tages an ihn denken kann, ohne diesen Schmerz zu spüren. Ich will an ihn denken und glücklich sein, dass ich ihn kennenlernen konnte und dass er mir so viel bedeutet hat.

Danke das du meine Geschichte gelesen hast und Ich würde mich über eine positive Bewertung freuen.

LoslassenWhere stories live. Discover now