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Nachdem ich den Rucksack abgelegt habe, laufe ich auf den Wald zu. Und auf einen möglichen Tod. Aber auch auf ein kleines bischen Spaß und demonstration. Denn wenn ich diesen Vampir mitsamt seiner Schar an Ghulen ausrotte, ist das ein großes Statemant, dass ich setze. Eine rote Flagge in den Augen derer, die sich irgendwie für die Pest entschieden haben. Und diese Ambition habe ich schon lange. Nicht nur habe ich Aufträge für das töten entgegengenommen, sondern mich auch gleichzeitig um die Seuche gekümmert, die ich für mich selbst einfach 'Vampirpest' nenne. Sie fordert viele Opfer und erinnert eben an jene verhängnissvolle Zeit der Pest.

Plötzlich bleibe ich stehen. Es wären nur noch ungefähr 50 meter bis zum Waldrand, aber irgendetwas lässt mich zögern. Und ich habe auch gelernt, auf mein Bauchgefühl zu hören. Und das sagt mir, dass hier irgendwas nicht stimmt. Wieso kommen die Ghule nicht auf mich zu? Wieso werde ich nicht angegriffen? Laufe ich geradewegs in eine Falle? Ich spüre die Ghule. Wie sie warten. Der Geifer wahrscheinlich herunter tropfend. Die roten Augen auf den Waldrand und mich gerichtet. Aber ich kann sie nicht wirklich erkennen. Trotz meiner vampirischen Sinne und somit auch Augenlicht... Ich kann sie nicht sehen. Nur spüren und das macht mich irgendwie nervös.

Ich lasse meine Augen umher zucken und setze dann schlussendlich die Gasmaske wieder auf. Es ist mir zu gefährlich. Mit gerunzelter Stirn und einer langsamen Bewegung, ziehe ich mein Katana wieder hervor und habe es fest in der Hand, als ich mich in Bewegung setze und mit einem mulmigen Gefühl diesmal in Richtung Wald GEHE. Meine Augen zucken suchend hin und her. Etwas stimmt nicht. Und das sagt mir nicht nur mein Bauchgefühl, sondern nun auch mein Kopf. Ruhig. ZU ruhig. Als wäre ich in einem schlechten Horrorfilm, bei dem man den grusel schon voraus sehen kann.

Als ich den Wald betrete, drückt die schwere Luft auf meinen Körper. Die Sonne schafft es kaum, ihre Strahlen durch das dichte Blätterdach zu bekommen, weswegen nur einzelne Strahlen die Umgebung erhellen. Aber für mich unnötig. Schließlich könnte ich auch im dunkeln etwas sehen. Wieder bekomme ich zweifelnde Gefühle gesendet und antworte mit meinen aktuellem Gefühl der mulmigkeit. Alucard soll wissen, dass ich hier vielleicht sterben könnte. Und das meine Leiche nicht unbedingt mit einem Virus infiziert herumwandeln soll. Das fände ich ganz toll. Aber ich muss mich konzentrieren. Und zwar auf die momentane Umgebung.

Ich rieche die Fäulniss selbst durch die Atemmaske und verziehe mein Gesicht. Ekelhaft. Wie kann man das nur aushalten? Ein schlurfen ertönt und meine Augen zucken in diese Richtung. Ein leises schluchzen ertönt. Wie von einem Menschen. Kurz werden meine Augen klein. Was hat ein Mensch hier zu suchen? Und wieso schluchzt er oder sie? Nach einem kurzen Kampf gewinnt meine Menschlichkeit und die Logik verzieht sich. Misstrauisch, aber doch irgendwie besorgt, gehe ich in die Richtung, aus der das schluchzen kommt. Werde von diesem fast magisch angezogen. Ich stecke das Katana weg und bin trotzdem noch auf der hut.

Als ich sehe, was da so schluchzt, könnte ich mich für meine eigene Blödheit echt umbringen. Ein Lautsprecher ist auf einer Lichtung aufgebaut und spielt es ab. Und in diesem Augenblick weiß ich, dass ich in eine Falle getappt bin. Dennoch bin ich ruhiger, als ich eigentlich dachte dass ich sein würde. Statt abzuhauen, gehe ich in die Mitte der Lichtung und zerstöre den Lautsprecher, ehe ich meine Maske abnehme. Alucard scheint alles zu beobachten, den er schickt mir ein mehr als nur ungutes Gefühl. Als würde er etwas sehen, dass ich nicht sehen würde. Und irgendwie bin ich mir sicher, dass wir beide gleich überrascht werden.

Langsam nehme ich die Maske ab und ein Mundwinkel geht nach oben. "Armseelig." sage ich nur und fange dann an zu lachen. Es ist hysterisch. Herausfordernd. Ich spüre, wie sich die Ghule nun anfangen zu sammeln und ich beruhige mich wieder. Nur mein grinsen bekomme ich nicht aus dem Gesicht. "Zeig dich doch, Feigling. Lässt andere für dich kämpfen, schimpfst dich aber wahrscheinlich den größten, nicht wahr?" Das dumme: Er oder Sie weiß jetzt, dass ich wahrscheinlich von der Falle bescheid weiß. Das gute: Jemanden auf 180 zu bringen lässt ihn unvorsichtig werden. Zumindest meistens.

Hier leider nicht. Stattdessen höre ich nur lachen, dass sich weiblich anhört. "Du bist also die Eiskönigin, von der immer so viel gesprochen wird?" fragt die Stimme und ich fange nicht einmal an zu suchen, woher sie kommt. Denn sie kommt aus Lautsprechern, die in den Bäumen aufgestellt wurden. Ich fange wieder an, ruhig zu lächeln. "Und ich bin mir sicher, dass ich dieses selbstsicherer lächeln aus deiner Visage polieren kann. Ich kenne dich! Ich habe ALLES über dich in Erfahrung gebracht! Ich weiß wie du tickst und ich weiß, wie du vorgehst. Du wolltest hier alles einfrieren, nicht wahr?"

Ich reagiere nur mit einer hochgezogenen Augenbraue, ehe ich mit einem lächeln meine Zähne zeige. Noch sind sie menschlich. "Oh...?" Ich fange an zu kichern. "Das wäre in der Tat eine gute Idee gewesen." stimme ich zu und beginne ein Spiel, dass ich besser kann als jeder andere. Gemütlich strecke ich mich und entspanne mich ein wenig. "Und jetzt lass mir ein wenig von dir erzählen." erwiedere ich. Ich bin überrascht, ja. Das sie wusste, was ich als nächstes vor hatte. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nicht mehrere Pläne habe und diese auch in Sekundenschnelle ändern könnte, nicht wahr?

Die Luft lasse ich kalt werden. Nur so kalt, dass man den Atem sehen kann und noch lange nicht unter Null. Vielleicht will ich später ein wenig eis benutzen. Aber jetzt im moment nicht. "Du bist ein kleiner Feigling. Ich habe von einer Frau mehr erwartet. Bei den Männern verstehe ich es, wenn sie sich verstecken. Aber das weißt du sicherlich auch. Und du weißt sicherlich auch, dass ich dich nicht ernst nehme, ehe ich dich nicht persönlich vor mir habe, oder? Sonst..." Ich mache meinen Zopf auf und lasse meine langen Haare frei herumwehen. "Werde ich davon ausgehen, dass du nicht mehr als ein Kinderstreich bist."

VampirpestWhere stories live. Discover now