Kapitel 4: Das Halsband

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Nie hatte ich das Verlangen gehabt hier auszubrechen, da ich hier alles hatte und sowieso nicht gewusst hätte, wo ich anderes hin sollte. Zudem wusste ich, dass man aus diesen Zellen unmöglich entkommen konnte, weshalb ein Versuch von hier wegzukommen sowieso sinnlos gewesen wäre. Doch jetzt, seit dem dieses Experiment angefangen hatte und ein neues Gerät speziell für uns entwickelt wurde, hegte ich den Wunsch in mir, dass ich hier rauskam und das ohne so ein Halsband um den Hals. Jetzt war der Wunsch da, all diese Planeten, die ich gesehen hatte, selbst zu erkunden und zu hoffen, dass ihnen kein schlimmes Schicksal wiederfahren war. Es war untypisch für mich Hoffnung zu haben oder dass ich mir irgendwas wünschte, doch anscheinend änderte sich das immer, wenn man in einer anderen Situation gefangen war. Immer wieder kam es vor, dass ich etwas wusste, wie zum Beispiel der Name des Planeten auf dem ich bei meiner letzten Vision war, doch nie wusste, woher das kam. In solchen Momenten wünschte ich mir immer, dass dazu eine Erinnerung aus meiner Vergangenheit kam, doch dort war immer nur tiefe Schwärze. Wenigstens einen kleinen Teil meiner Vergangenheit wollte ich erfahren, bevor ich nur noch eine leere Hülle sein würde. Doch dann schlich sich wieder der Gedanke in meinen Kopf, dass es sinnlos war Wünsche und Hoffnungen zu hegen, doch woher ich das wusste, war mir wieder schleierhaft. Dieses Gefühl veranlasste mich jedoch dazu diese Wünsche langsam wieder loszulassen, da sie nichts brachten, denn man musste etwas tun, um diese Wünsche wahr werden zu lassen. Das einzige was ich jedoch tun konnte, war abzuwarten und auf ein Wunder zu hoffen. Ich war gefangen und hatte eine Fähigkeit, die mich nicht mal in 1000 Jahren hier aus diesem Gefängnis rausholen konnte.

Kurz atmete ich tief aus und ein, damit ich diese realistischen Gedanken fürs erste wieder loswurde. Man konnte in diesen Zellen durchaus verrückt werden, da man mit seinen Gedanken allein war und so manchmal waren meine Gedanken so verwirrend und dunkel, dass man schnell wieder aus ihnen entkommen wollte. Ich stand nun langsam wieder auf und ging in meiner Zelle etwas auf und ab einfach nur um mich etwas zu bewegen. Jedoch blieb ich ganz plötzlich stehen, als ich eine bekannte Stimme von jemand hörte, die draußen im Gang erklang.

„Wir können nun endlich einen zweiten Versuch starten. Und der wird mich sicherlich positiv und voller Vorfreude aufs nächste stimmen." Bei diesen Worten glitt mein Blick raus auf den Gang und genau mir gegenüber vor der Zelle entdeckte ich zwei Wissenschaftler. Sie beide wandten mir den Rücken zu, sodass man nur den weißen langen Kittel erkannte. Dennoch erkannte ich sofort um welche Wissenschaftler es sich handelte. Fleur und Jollolo. Während Fleur eben gesprochen hatte, ließ Jollolo das Glas der Zelle hochfahren. Dadurch, dass sie genau vor der Zelle standen, konnte ich kaum etwas erkennen. Erst als sich Jollolo dem Insassen näherte und somit zur Seite trat, erkannte ich das der Insasse wieder auf dem Boden lag. Sie hatten die Dämpfer wieder aufgedreht, sodass er seine Kräfte nicht einsetzen konnte, bevor Jollolo ihm nicht das Halsband angelegt hatte. Ein Gerät, das uns den freien Willen für immer rauben sollte. Es machte ein klickendes Geräusch und kurz darauf ging wieder das rote Lämpchen an. Jollolo trat so zur Seite, dass ich die nächsten Momente genau beobachten konnte, was vor sich ging.

Wie bei der ersten Durchführung holte Jollolo einen Schalter aus seinem Kittel und drückte den Knopf. Daraufhin ging das rote Lämpchen über in ein helles grün. Danach waren alle Blicke auf den Insassen gerichtet, der wie der andere versuchte seine Fähigkeiten zu benutzen. Jedoch misslang ihm das. Kurz darauf sah man, wie der Insasse kurz am ganzen Körper zuckte und wie etwas Blut aus seinen Augen kam. Eigentlich sollte er danach wie der andere Zellenbewohner dieses Gefängnisses einfach umfallen und sterben. Jedoch passierte das nicht. Er saß einfach aufrecht da und rührte sich keinen Zentimeter mehr. Von hier aus erkannte ich, dass seine Augen irgendwie leer wirkten, denn manchmal machten sich die Fähigkeiten durch die Augen sichtbar, was bei diesem Insassen der Fall war. Durch seine Augen konnte er eine seiner Fähigkeiten verwenden, wodurch sie eine spezielle Farbe aufwiesen, doch davon war nun gar nichts mehr zu sehen. So als ob seine Fähigkeiten vollständig verschwunden waren. Er wirkte noch nicht wie eine Marionette, doch man sah ihm deutlich den Schock an, dass die Fähigkeiten, die ihn ausmachten, auf einmal nicht mehr da waren. Natürlich waren sie nicht ausgelöscht, doch sie wurden tief in eine Zelle gesteckt und so wie der Insasse wirkte, hatte er die Verbindung zu seinen Fähigkeiten verloren. Sie waren ein Teil von uns. Ein Teil von unserer Seele, da sie egal ob sie angeboren oder erst aufgetreten waren, bei uns waren und man sich ohne sie nichts anderes mehr vorstellen konnte. Somit hatte dieses Lebewesen einen Teil seiner Seele verloren. Unsere Fähigkeiten machten einen Teil von uns selbst aus und dieser ging durch dieses Gerät verloren.

„Es hat funktioniert. Von nun an haben wir eine neue Zeit eingeleitet. Von nun an können wir endlich die schwarze Fraktion kontrollieren", sagte Fleur und lachte dabei herzhaft. Kurz nach dem sein Lachen verstummte, schien er zu merken, was genau das nun bedeutete. Er trat auf den Insassen zu und entfernte ihm einfach das Halsband. Schnell aktivierte er den Dämpfer der Zelle und ließ dann das Glas herunter fahren. Danach wirbelte er herum und lief direkt auf meine Zelle zu. Ich wusste, dass ich nicht entkommen konnte und blieb einfach stehen. Meine Miene war unverändert kühl und drückte keines meiner Gefühle aus, die vielleicht gerade in mir waren. Jedoch spürte ich im Moment gar nichts, da keines der Gefühle in dieser Situation etwas brachte. Er fuhr einfach das Glas meiner Zelle hoch ohne auch nur den Dämpfer höher zu drehen, sodass meine Fähigkeiten auf jeden Fall nicht zum Vorschein kamen. So ungeduldig war dieser Wissenschaftler. Schon seit Jahren, wollte er seine Forschung an mir ausüben, doch konnte es nie. Jetzt hatte er diese Chance und er musste sie natürlich sofort nutzen. Als das Glas nun oben war, kam er auf mich zu und ich sah auf das Halsband in seinen Händen. Unbewusst hob ich auf einmal meine Hand und kurz sah ich Angst in seinen Augen auf flimmern, da er dachte, dass ich nun meine Kräfte ausübte. Tatsächlich spürte ich, durch den ausgeschalteten Dämpfer, wie sich etwas tief in mir regte. Jedoch holte ich mit meiner Hand nur aus und warf ihm den Edding in meiner Hand direkt an den Kopf. Mehr tat ich tatsächlich nicht. Diese Tat brachte ihn zwar kurz aus dem Konzept, dennoch hatte ich kurz das schwere metallene Gerät um meinen Hals. Ich sah, wie Jollolo wieder den Knopf drückte und somit das Halsband sich aktivierte. Für einen Moment zitterte ich und daraufhin spürte ich wie eine warme Flüssigkeit aus meinem Auge kam und meine Wange herunter lief. Meine Fähigkeiten waren nun in einer Zelle eingesperrt.

Jedoch fühlte es sich komisch an. Es fühlte sich an, als wäre ich irgendwie frei, anstatt leer. Es hatte sich etwas tief in mir verändert, doch es war so, als wäre etwas, was in mir gefangen war und das ich nie gespürt hatte, nun frei. Als wären die Fesseln, die es immer tief in mir festgehalten hatten, gesprengt worden. Ich fühlte mich anders, als wäre ich nun wieder vollständig, jedoch hatte ich keine Ahnung was ich in mir unterdrückt hatte noch woher es kam. Es veränderte mich in keiner Weise nach außen hin und ich nahm sogar nur an, dass es einfach das Gefühl war, dass ich nun meine Fähigkeit in die Zukunft zu sehen verloren hatte. In diesem Punkt sollte ich mich jedoch vollkommen irren.


Phoenix - AwakeningWhere stories live. Discover now