Gier

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Schon vor einer ganzen Weile hatte es sich in seinen Kopf geschlichen; das wirre Gemurmel, das weder von Mensch noch Tier zu stammen schien und immer dann, wenn er es gar nicht gebrauchen konnte, von drohendem Unheil kündete.

Bitte nicht jetzt ...

Desmon K'larian hing, von allen guten Geistern verlassen, in straffen Gurten vor einer rostigen Metallwand, die unter ihm in den bodenlosen Abgrund fiel. Es roch muffig, irgendwo tropfte Wasser. Sein Kopf hatte schon zu schmerzen begonnen, als er vor einer halben Stunde aus dem Schott der NEVHAE gestiegen war; er betete, dass es bei den Schmerzen bleiben würde. An einem dünnen Rohr zog er sich ein Stück zur Seite, wobei die große Beutetasche an seinem Gürtel klimperte. Acht Sprungmodule hatte Desmon bereits geborgen. Sie enthielten Selenium, das auf dem Markt in Neu Rotterdam zwar keine phänomenalen Summen, aber doch einen annehmbaren Preis erzielen würde. Es war ihm wichtig, möglichst viele dieser Dinger zu finden.

Abgestürzte Schiffe des Bundes, wie dieser Panzerkreuzer, der sich über drei Meilen in den Sand streckte, waren voll von solchen Artefakten. Sie waren heißbegehrt. Doch es war ein Teufelskreis: Denn nur, wer genug Kredite für die kostspieligen Zeitexklusivinfos der Trader aufbringen konnte, hatte einen Vorsprung und brachte es zu mehr Geld, wodurch er sich noch bessere Infos leisten konnte.

Desmon erreichte eine Vektorenklappe mit der Aufschrift »32Z« und griff an seinen Gürtel. Neben der Pulspistole, die er immer bei sich trug, baumelte das Universalwerkzeug am Karabiner. Mit gewohnter Zuverlässigkeit löste die Maschine die verwitterten Schrauben und die Klappe stürzte lautlos ins Nichts. Desmon steckte zwei weitere Module in die Tasche.

Er fuhr herum. Ein Fiepen hatte ihn aus den Gedanken gerissen. Was war das?

Desmon verharrte. Nur die trägen Dehnungsgeräusche des Schiffskorpus' und das Knatschen der Seile mischten sich unter die Stille. Da war nichts. Aber er hatte eben etwas gehört, todsicher ... Dann erklang tief unter Desmon ein weiteres Geräusch. Es hätte ein Sensor-Alarm sein können, was unlogisch gewesen wäre, denn dieses Schiff hatte seit vielen Monaten keinen Saft mehr; vielleicht ein längst vergessener Sender oder ...

Verfluchte Scheiße!

... Vambits!

Überall dort, wo Menschen jemals einen Fuß hingesetzt hatten, konnte man die Paarflügler mit den scharfen Zähnen finden. Sie klebten in den Nischen der Schiffe und überlebten selbst monatelange Weltraumreisen, weil sie beim Eintritt ins Vakuum die Luft aus den Lungen pressten und in eine Art vorübergehende Totenstarre verfielen. Sie waren kein unlösbares Problem – es sei denn, sie griffen in Gruppen an; und ihr Opfer hing in den Seilen.

Hektisch drückte Desmon den Knopf für die Winde. Es surrte und er wurde nach oben gezogen. Doch er schwebte so langsam zurück dorthin, wo er hergekommen war, dass er es nicht aushielt, einfach untätig zuzusehen und stattdessen hinüber zur Wand schwang. Beim zweiten Anlauf bekam er einen Vorsprung zu packen und kletterte, so gut es ging, nach oben.

Das nervöse Gekreische kam näher. Desmon lief es kalt den Rücken hinunter. Während das Seil mittlerweile schlaff hinter ihm hing (die Winde kam nicht hinterher), rutschte er zweimal fast ab, wurde aber bald von dem vagen Gefühl angetrieben, seinen Verfolgern doch noch irgendwie entkommen zu können. Doch Desmon irrte sich. Als er schon zwei Drittel des Weges nach oben zurückgelegt hatte, holten ihn die Vambits ein. Es war ein ganzer Schwarm, der von der einen auf die andere Sekunde mit ohrenbetäubendem Gekreische um ihn herumflatterte. Die Tiere attackierten ihn, Desmon schlug um sich, doch sie bissen sich in seiner Kleidung fest und rammten ihm die spitzen Zahnreihen durch den Stoff ins Fleisch. In einer Mischung aus Angst und Wahnsinn brüllte er, dass es durch den toten Korpus hallte und die hochfrequenten Tierlaute zu ersticken schien.

PlasmaherzWhere stories live. Discover now