Von Gott und Menschen übersehen

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Wir kennen das alle. Am ersten Tag des Schuljahres haben alle Schmetterlinge im Bauch. Wir sehen uns um und fragen uns, wo pass ich hier rein? Mit wem sitze ich in der Mittagspause zusammen? Überstehe ich es überhaupt bis zur Pause? Multipliziert das mit Tausend. Dann wisst ihr wie Archie Andrews sich gefühlt hat, als er in der Leopold and Loeb Strafanstalt aufgenommen wurde. "Mein Gott, Dilton ist tot?", fragte ich geschockt und konnte nicht glauben, was Jughead uns gerade erzählt hatte. Ich war nie ein Fan von diesem Kerl gewesen, aber dennoch würde ich ihm nie den Tod wünschen.
"Ja. Und Ben vom DriveIn ist auf der Intensivstation.", entgegnete uns Jughead. Sein Gesichtsausdruck zeigte uns, dass er mehr als bestürzt war. "Die Ärzte wissen nicht wann und ob er wieder aufwachen wird. Sheriff Minetta hat mich gebeten wegen seiner Familie über die Sache zu schweigen, aber Leute, was ich gesehen hab war..."
"Was, Jug?", fragte Betty nach.
"Das war wie 'ne Opferstätte. Ihre Lippen waren blau. Dann waren da diese Kelche, gefüllt mit Gift oder sowas in der Art. Außerdem lagen Tierknochen im Kreis. Am Baum waren Markierungen eingeritzt. Und 'ne geflügelte Totemfigur mit einem Schädel und Zweigen."
Verwirrt runzelte ich die Stirn. Für mich hörte sich das beinahe so an, als hätten sie Dilton geopfert. Aber wieso? "Also war es ein Mord oder ein schief gelaufener Selbstmordpakt?", fragte Betty genauso verwundert.
"Ich hab keine Ahnung. Ich hab Ben und Dilton vorher gesehen. Sie haben im Pop's dieses komische Spiel gespielt. Dilton hat irgendwas von einem Gargoyle König gefaselt. Ich hab gedacht, dass wir gemeinsam diese Sache untersuchen sollten. Der alten Zeiten wegen. Wenigstens bis wir 'ne neue Spur in Archie's Fall haben." Jughead blickte uns erwartungsvoll an. Eigentlich hatte ich wenig Lust herauszufinden, was da los war. Besonders nach der Sache mit Black Hood. Doch wenn es nur ein Spiel war, war die Sache vielleicht harmlos. Außerdem konnte ich mich so etwas von Archie ablenken. "Die Idee find ich super.", sagte Betty und küsste Jughead sanft auf den Mund. "Vielleicht kann uns Dr Curdle ins Büro des Gerichtsmediziners bringen."

Bisher war ich noch nie beim Gerichtsmediziner gewesen. Durch die eisblauen Fliesen wirkte der Raum kalt und trist. Eine Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus. Betty klopfte vorsichtig an die Tür. "Dr Curdle?", fragte sie. Ein junger Mann drehte sich um und blickte uns freundlich an. Er trug einen blauen Kittel und Handschuhe. "Oh, Sie sind nicht...", begann Betty entschuldigend, doch der Mann unterbrach sie. "Ich bin sein Sohn. Wir haben vorhin telefoniert. Ich hab übernommen seit dem Tod meines Vaters.", erklärte er.
"Oh, das tut mir leid.", entgegnete ihm Betty mitfühlend.
"Habt ihr das Geld?"
Sofort griff Betty in ihre Tasche und zog den Umschlag heraus, in dem sich etwas Geld befand. Ich wusste nicht, woher sie es hatte, fragte aber auch nicht nach. Der Gerichtsmediziner nahm den Umschlag entgegen und schaute kurz hinein. "Der toxikologische Bericht zeigt eine tötliche Dosis Cyanid in Mr Doileys Blut. Ich vermute, der überlebende Junge hatte nicht genug getrunken, um die Sache durchzuziehen."
"Dr Curdle, denken Sie, es war Mord oder Selbstmord?", meldete ich mich zu Wort.
"Naja, der Körper zeigt Anzeichen von Stress." Dr Curdle zog das blaue Tuch vom Körper des Jungen. Zum Vorschein kamen drei seltsame Symbole. "Drei Symbole sind in seinen Rücken geritzt. Runen, schätze ich."
"Dürfte ich das fotografieren?", fragte ich vorsichtig nach. Dr Curdle nickte, also nahm ich meine Kamera aus der Tasche und schoss ein Foto von Dilton Doileys Rücken.
"Was ist die Ursache der blauen Lippen?", machte Betty weiter.
"Das Cyanid war in einen Softdrink gemischt, Fresh Aid. Mit Blaubeergeschmack. Etwas daran kommt mir merkwürdig bekannt vor." Dr Curdle sah mich an. "Du hast mich gerade gefragt, ob ich es für Mord oder für Selbstmord halte. Ich bin nicht sicher, aber es ist egal. Was es auch ist, es ist düsterer als das was mit Jason Blossom geschehen ist oder was Black Hood getan hat. Ich glaube, das, was wir vor uns sehen ist das wahre Gesicht des Bösen." Jughead, Betty und ich tauschten Blicke. Was auch immer es war, wenn es mit dem Spiel zu tun hatte, könnten noch mehr so enden wie Dilton.

Als wir einen Tag später nach der Schule ins Krankenhaus gingen, saß eine blonde Frau neben Ben. Ich vermutete, dass es seine Mutter war. "Hallo, Mrs Button.", begrüßte Betty sie, was meine Vermutung bestätigte. "Wir wollten nur sehen, wie es Ihrem Sohn geht." Ben hatte seine Augen geschlossen, was bedeutete, dass er schlief. Mrs Button blickte uns überrascht und etwas überrumpelt an. "Woher kennt ihr meinen Ben?", fragte sie uns.
"Ähm, aus der Schule. Und wir haben im Twilight DriveIn gearbeitet.", erwiderte Jughead freundlich. Ein kleines Lächeln umspielte die Lippen der besorgten Mutter.
"Wie geht's ihm denn?", fragte ich und ging einen Schritt nach vorn.
"Er ist stabil, aber er ist noch nicht aufgewacht."
"Wissen Sie, was im Wald passiert ist, Mrs Button?", fragte ich weiter. Doch Bens Mutter schüttelte den Kopf.
"Nein, Ben war schon immer, wie soll ich sagen, ein kleiner Sonderling. Er blieb gern für sich. Vor allem nachdem seine Klavierlehrerin ermordet wurde." Sofort kam mir Miss Grundy in den Kopf. Sie unterrichtete scheinbar wirklich gerne Jungs. "Aber diesen Sommer hat er sich angefreundet mit äh.."
"Dilton Doiley.", beendete Betty den Satz.
"Ja, genau. Seitdem ist er ein völlig anderer Mensch. Geheimnisvoll. Er hat sich dauernd rausgeschlichen und hatte diese Albträume.", erklärte Mrs Button uns.
"Mrs Button, wissen Sie was das ist und wie es herkam?", fragte Jughead verwundert und nahm eine kleine Figur vom Türknauf. Überrascht betrachtete ich das Teil aus Gräsern und Ästen. Es ähnelte einer dieser Figuren, die Leute bastelten, um andere mit schwarzer Magier zu verfluchen. Vielleicht schaute ich auch einfach zu viele Filme. "Vielleicht hat dieses nette Mädchen es hier gelassen.", vermutete Bens Mutter. Augenblicklich wurde Betty hellhörig. "Dann hat noch jemand Ben besucht, ja?", fragte sie aufgeregt.
"Ja, wohl eine Freundin aus der Schule. Ich weiß nicht, wie ihr Name ist. Mit einer Schleife im Haar." Doch wir kannten nur eine, die sehr gut auf diese Beschreibung passte. Nämlich Ethel Muggs. Plötzlich öffnete sich die Tür und Sheriff Minetta kam hinein. Streng sah er uns an. "Jughead, Betty, Sierra. Ist mir egal, wie Keller als Sheriff die Dinge geregelt hat, aber ich lasse nicht von ein paar Teenagern eine aktive Mordermittlung gefährden."
"Wenn das eine aktive Mordermittlung ist, dann sollten Sie es vielleicht dem Rest der Stadt sagen.", entgegnete Jughead sauer.
"Sheriff Minetta?", fragte ein Deputy hinter ihm. Widerwillig wandte er sich von uns ab und blickte die junge Frau an. "Die Eltern eines Adventure Scouts vermissen seit zwei Tagen ihren Jungen. Wir haben ein vermisste Kind, Sheriff. Der Junge gehörte zu Dilton Doileys Truppe."
Geschockt sah ich Betty an. Ich fragte mich, ob er jemals lebend gefunden werden würde.

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