☆Shadow - 14☆

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Nachdem die beiden ihre Getränke erhalten hatten, sah Jenna verträumt aus dem großen gemusterten Fenster. Außer ihr und Stephen war niemand in dem kleinen süßen Café, was Jenna nicht nachempfinden konnte, denn ihr Cappuccino schmeckte köstlich. Strange umklammerte seine Tasse, während sein Blick auf Jenna ruhte. Er nutzte die Gelegenheit, um sich die junge Frau genauer anzusehen. Ihre braunen langen Haare hingen wellenförmig über ihre Schultern und ihre graublauen Augen musterten neugierig die Umgebung. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass hinter dem unscheinbaren Mädchen eine so starke und hübsche Frau steckte. Jenna weckte Gefühle in Stephen, die er bei keinem Menschen zuvor in dieser Form kannte.

Nachdem Dormammu vertrieben wurde und er sich voll und ganz seinen Pflichten als Beschützer der Erde gewidmet hatte, hatte er sich so in die Aufgabe gestürzt, dass Stephen vergaß, wie es war, die kleinen Dinge im Leben wertzuschätzen. So wie es dieser Moment für ihn im Augenblick war. Es hatte absolut keine Auswirkung auf den Rest der Welt, doch für Stephen bedeutete dieses kleine Treffen umso mehr und er hoffte das Jenna ebenfalls die Zeit mit ihm genoss. Denn auch wenn gerade er es am besten wusste, dass die Zeit nie stillstand, hoffte er, dass dieser Moment nie vorbeigehen sollte. Verträumt sah er sie an und als Jenna seinen Blick bemerkte, fing sie verlegen an zu schmunzeln und nippte genießerisch an ihrem Cappuccino. Mit zittrigen Händen nahm Stephen seine Tasse und versuchte einigermaßen ruhig diese an seinen Lippen zu führen. Natürlich bemerkte er Jennas fragenden Blick, als sie ihm direkt auf die vernarbten Hände sah. Er hatte sich mit diesen abgefunden, doch trotzdem war es ihm immer noch unangenehm. Gerade gegenüber von Jenna.
Natürlich bemerkte sie sein Unbehagen, weshalb sie ihren Kopf auf ihrer Hand abstützte und ihn freundlich anlächelte.
"Du weißt mittlerweile so viel über mich, aber über dich weiß ich noch so gut wie nichts." Nahm sie all ihren Mut zusammen und fing ein Gespräch mit dem sonst so redefreudigen Doktor an. Er schmunzelte und sah ihr tief in die Augen.

"Was möchtest du denn wissen?" Hauchte er ihr entgegen. In einer Art und Weise, dass sich ihre Nackenhaare aufstellten.

"Was hast du vorher gemacht?"

"Ich war Arzt."

"Für was? Lass mich raten, deinem freundlichen Gesicht nach zu urteilen, Kinderarzt?" Sie lächelte verschmitzt, was auch denn sonst so prüden Strange amüsierte.

"Chirurg!" Antwortete er trocken und sah dabei auf seine zitternden Hände. Jenna zählte das eine mit dem anderen zusammen und ihr Blick wurde sanfter.

"Und als du nicht mehr als Arzt arbeiten konntest, bist du nach Nepal?" Stumm nickte er. Schon lange hatte er nicht mehr an sein Leben vor dem Unfall gedacht, doch mit einmal kamen die Erinnerungen hoch.

"Ich bin nicht sehr stolz auf mein früheres Leben, also nicht auf alles, aber das meiste. Ich war nicht sonderlich, nennen wir es mal nett, aber dennoch ein guter Chirurg. Doch nach meinem Unfall war dies nicht mehr möglich. Ich war verzweifelt und wollte unbedingt meine ruhigen Hände zurück, doch als ich erkannte, dass mein Leben so viel mehr zu bieten hatte, entschied ich mich gegen mein altes Leben und stand zu meinen zitternden Händen. Ich weiß, sie sind nicht sonderlich schön, eher abschreckend, aber ich habe mich mit ihnen abgefunden." Verlegen sah er Jenna an und vorsichtig stellte sie ihre Tasse ab.

"Also ich finde sie überhaupt nicht schlimm." Lieb lächelte sie ihn an und wusste nicht, was diese Worte für Stephen bedeuteten.
Erleichtert über ihre Aussage schlug sein Herz unregelmäßig und trotzdem ließ er sich nichts anmerken.

"Aber du musst mir erzählen, wie du diesen Laden hier gefunden hast. Entführst du öfters Personen hier her?"

"Du musst wissen, ich habe einen Überblick über alle Wesen, die der Erde eventuell schaden könnten und das führte mich zu Stan." Strange deutete auf den älteren Mann, der fröhlich tänzelnd seine Tassen sortierte.

"Er soll gefährlich sein?" Flüsterte Jenna leise und beugte sich dabei leicht über den Tisch.

"Ja, aber er hat schon lange keine Menschen mehr gefressen." Trocken sah Stephen zu Jenna.

"Er hat was?" Sprach sie laut aus und fasste sich danach an dem Mund.

Strange fing an zu lachen und das war das erste Mal, das sie Stephen richtig laut Lachen hörte.

"Nein, das war ein Scherz. Ich kenne Stan von früher, er war mal mein Patient. Hab ihm das Leben gerettet." Begeistert sah Stephen die junge Frau vor sich an.

"Oh Herr Doktor! Mach so etwas nicht mit mir. Ich bin zu leichtgläubig." Schmunzelte Jenna sarkastisch und war überrascht über Strange plötzliche Offenheit.

"Nie wieder!" Er zog beide Augenbrauen hoch.

"Das war eine Lüge, richtig?"

"Langsam lernst du mich kennen, Jenna."

"Hm, so kompliziert bist du anscheint doch nicht." Beide lächelten sich an und verbrachten noch lange den Tag miteinander. Verträumt liefen sie Richtung Sanctum Sanctorum, als die Sonne am Horizont bereits unterging.

"Ich habe den Tag sehr genossen, Stephen und wenn du es geschafft hast, bekomme ich es auch hin." Sie beäugte ihn von der Seite.

"Was soll das denn heißen?" Lächelte dieser.
"Du weißt wie ich das meine." Lachend lehnte sie kurz ihren Kopf an seine Schulter und Stephen genoss die Nähe, die er zu Jenna hatte. Langsam gingen sie weiter, doch wussten beide, dass ihre Pflichten wieder gefragt waren. Weshalb sie vor der großen Tür der Bleeker Straße standen und beide ahnten, dass der wunderschöne Tag sein Ende finden sollte.

"Ich hoffe, du kannst mich jetzt etwas besser verstehen." Vorsichtig sah er sie an und sanft schmunzelte sie zurück. Tief sah sie ihm in die Augen und griff nach seiner zitternden Hand.

"Danke Stephen, für alles bis jetzt." Behutsam gab sie ihm einen Wangenkuss und in diesem Moment hätte er Bäume ausreißen können. Er wollte etwas sagen, doch verlegen ging er sich durch die Haare und lächelte sie an. Zusammen gingen beide durch die große Tür. Stephen blieb im Sanctum Sanctorum zurück, während Jenna die Tür zum Tempel nach Nepal öffnete.

"Gute Nacht, Stephen!" Mit einem verlegenen Lächeln schloss Jenna die Tür hinter sich und fand es unglaublich süß, wie schüchtern Stephen sein konnte. Mit einem Grinsen auf dem Gesicht lief sie Richtung Schlafraum und bemerkte nicht den Schatten auf dem Boden, der ihr unauffällig folgte.

Shadow (Dr.Strange FF - Buch 1)Where stories live. Discover now