25.2 Ktíni - Bestien

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Calypso kniff in seinen Unterarm. „Komm zu dir, Eos!" Ihre Stimme klang tausend Jahre entfernt, aber reichte aus, damit der Junge seinen Kopf vehement schüttelte. „Ich – Wir brauchen dich!"

Sie hatte ihre Klinge gezogen und einen der Schilde von ihrem Rücken an Aineas gegeben, der ihn Medeia in die Hand drückte. Sie wirkte unglaublich klein mit der Schutzrüstung vor sich.

Lyras Klinge befand sich noch immer in Aineas Hand und er hielt sie ausgestreckt vor sich. Sein Gesicht war von Schatten befallen, aber der Ausdruck in seinen Augen sagte alles aus, was Eos wissen musste: Er würde nicht kampflos aufgeben.

„Wir haben ihn einmal besiegt", rief er über die Schulter.

„Wir sind weggerannt", erwiderte Medeia mit zittriger Stimme.

„Und sind entkommen", sagte der Junge und knirschte mit den Zähnen.

Der Minotaurus starrte die Kinder an. Er schnaufte erschreckend ruhig und betrachtete seine Beute mit einer Gelassenheit, die Eos einen kalten Schauer durch den Körper jagte. Das Untier war sich seines Sieges viel zu sicher. Es wartete. Spielte mit der Angst seines unausweichlichen Angriffs. Es würde lossprinten und sie zerreißen, Eos wusste es. Er wusste, sie würden sterben. Aber er würde nicht aufgeben. Nicht, solange alle um ihn herum bereit waren, zu kämpfen. Er schuldete es ihnen. Er schuldete es Castor. Jemand von ihnen musste leben, um seine Geschichte zu erzählen.

„Sobald er rennt, sind wir tot", knurrte Lyra.

Eos setzte schon zu einer Erwiderung an, dass ihnen diese Erkenntnis nicht half, da sprach sie weiter: „Aber wenn wir zuerst angreifen, können wir ihn vielleicht verwirren. Der Minotaurus ist groß und schwer, aber wir sind viele, wir sind klein und schnell. Wir müssen ihn nicht besiegen", sagte sie und blickte nach hinten. Ihr Blick streifte Eos' und ein kampfmutiges Lächeln erschien auf ihren schmalen Lippen. „Wir müssen nur Zeit verschaffen, damit wir entkommen können."

„Wir könnten auch rennen", sagte Medeia so leise, dass es im Schnaufen des Untiers beinahe unterging. „Das hat letztes Mal geholfen."

„Ich werde nicht wegrennen", antwortete Lyra mutig und edel und dumm.

Dann werden wir sterben, dachte Eos, packte sein Schwert fester und hob seine Mundwinkel. Ein schmales, halbes Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er dem Minotaurus entgegenblickte. Die Erwartung könnte sein Tod sein oder sie würde seine Klinge schärfen. Er würde es in wenigen Momenten wissen.

„Bleib zurück", sagte Lyra zu ihrer Schwester. Zu den anderen sagte sie: „Angriff auf mein Zeichen. Zielt auf die Beine. Wir müssen wegrennen können, wenn er geschwächt ist."

Einstimmiges Nicken war die Antwort.

Eos warf Calypso einen letzten Blick zu, sog jedes ihrer Details auf; wie ihr Haar im Feuerschein beinahe golden brannte, wie ihre Augen mit Wille zum Kämpfen leuchteten, wie ihr Mund zu einer harten Linie gezogen war. Er wollte sie sehen, sie aufnehmen. Spüren, fühlen, verinnerlichen. Wenn sie das letzte sein würde, das er sehen würde, dann wäre das akzeptabel für ihn. Calypso war tausend Jahre entfernt und doch direkt neben ihm, wie ein fallender Stern am Himmel und er ein Meer aus Gras darunter. Entfernt und verbunden. Ihre Finger suchten seine. Für einen kurzen Moment der Unendlichkeit berührten sie sich, schickten kleine Gewitter durch ihre Körper, teilten den Augenblick der Stille vor dem Aufprall.

Dann explodierte die Luft. Lyra schrie etwas, aber ihre Worte gingen im Echo der Welt unter, Eos stürmte ihr hinterher, rannte dem Verderben direkt entgegen. Er sah die klauenbesetzte Pranke zugreifen und rollte zur Seite, spürten jeden harten Stein auf seiner Haut. Seine Klinge fand Fell und schnitt, aber er hätte genauso gut gegen die Mauern des Olymp schlagen können.

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