Chicago-Krimi: 2) Fegefeuer, Auszüge aus Kapitel 1; Die Hölle ist nicht genug

Komapatient:

Dunkelheit. Überall um ihn herum herrschte Dunkelheit. Und Stimmen. Er konnte diese vielen Stimmen, die laut miteinander sprachen, hören. Er konnte alles hören. Aber warum konnte er nicht antworten, sich nicht verständigen oder generell bewegen. Und das wichtigste überhaupt, wer war er? Er wusste es nicht. Es war als würde die
Dunkelheit, diese undurchdringbare Finsternis, seine Erinnerungen verstecken. Also musste er irgendwieherausfinden wer er war. Ohne auf sein, mittlerweile kaputtes, Gedächtnis zurück greifen zu können. Aber wie konnte er das bewältigen? Dies wusste er leider noch nicht.
„Helft mir doch endlich." wollte er am liebsten schreien.
„Weckt mich endlich mal jemand auf."
Doch er konnte es nicht. Er konnte gar nichts mehr. Zumindest keine körperlichen Bewegungen, denn irgendetwas schien ihn zu lähmen und das machte ihn einsam. Er war so allein. Diese Einsamkeit, das Gefühl das etwas oder jemand fehlte, erdrückte ihn fast genau so sehr, wie die Dunkelheit an sich.

Doc. Bale:

Er saß auf dem Sofa und starrte in die Flammen, die in seinem Karmin vor sich hin flackerten. In seiner Hand hielt er ein Glas Scotch und während er daran nippte, dachte er schon wieder über seinen Beruf nach. Eigentlich war er in seinen Gedanken immer auf der Arbeit. Der Tod folgte ihn überall hin, was wohl auch mit einer der Gründe war weshalb er noch Junggeselle war. Die meisten Frauen kamen nun mal mit seiner Arbeit in der Gerichtsmedizin nicht so klar, wie er sich es wünschte. Der Tod war und würde immer eine gewisse Abschreckung darstellen, da konnte er nun mal nichts daran ändern. Aber für die Suche nach einer Frau hatte er sowieso momentan leider so überhaupt keine Zeit. Der Fall des Flarekillers beschäftigte auch ihn sehr stark. Er sah, seitdem die Mordserie begonnen hatte, jede Nacht die ermordeten Frauen in seinen Träumen. Doch seit die männliche, noch nicht identifizierter Leiche bei ihm angekommen war, fand er noch weniger Ruhe. Ihm hatte man gesagt, es seien die Überreste des Flarekillers und dass diese einen besonderen Vorrang vor den anderen Leichen hatte, da sie sehr wichtig für die Beendigung des Falles waren. Er konnte immer noch nicht fassen, zu was dieser eine Mann in der Lage gewesen war. Seine Vorgehensweise hatte Bale auch dazu gebracht, sich Informationen von einem Dritten zu holen. Sein Ruf hatte ihm dabei geholfen, sich Hilfe von einer großen Firma und deren besten Chemiker besorgen zu können. Bale hatte sich so schnell wie möglich einen Termin besorgt gehabt und auch gleich hingefahren. Das Gebäude, in dem man ihn empfangen hatte, besaß dabei keine besonderen Merkmale, im Gegenteil war es doch eher schlicht gehalten. Der Professor hatte Bale in seinem Büro empfangen, wo sie sich bei einer Tasse Kaffee über sie Zusammensetzung verschiedener Chemikalien und die Reaktion dieser unter besonderen Umständen unterhalten. Außerdem hatte der Professor noch versprochen ihn, auch einmal in der Gerichtsmedizin zu besuchen. Dort hatte er auch den Hinweis auf das Magnesium erhalten, was ihren Fall zwar nicht wirklich weit vorangetrieben hatte, aber es war trotzdem ein Fortschritt gewesen, den sie damals für den Durchbruch gehalten hatten. Doch seine Alpträume hatte diese Information leider dann doch nicht vertreiben können. Er schüttelte seinen Kopf, um seine trübseligen Gedanken fort zu treiben und atmete dabei sehr laut aus. Er fragte sich, wie lange er den Job wohl noch machen konnte, bevor er ganz zerbrach. Wahrscheinlich nicht allzu lange, dachte Bale sich, als er den Rest austrank und sich nochmal nachschenkte. Ihm graute schon vor dem Schlafen gehen. Er wusste sie würden zurückkommen. Sie kamen immer zurück. Er überlegte schon, ob er sich nicht doch lieber eine Krankschreibung holen sollte. Aber wer sollte dann seinen Job machen? Also verwarf er diese dumme Idee wieder, wie schon so oft in letzter Zeit. Der Alkohol fing langsam an zu wirken und seine Augenlieder wurden schwer, bis sie ihm schließlich ganz zu fielen und er im Reich der Alpträume versank.