Kapitel 19

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"Ist das nicht Finn?", hörte ich Zacs Stimme hinter uns und ich wandte mich um. Die beiden Briten kamen nebeneinander auf uns zu geschlendert und machten neben Sam halt. "Das war Finn besser gesagt. Er ist mit zwei Mädls aus der Grundschule losgezogen", antwortete sie, verschränkte die Arme vor der Brust und verdrehte die Augen. "Aber wir wollten doch zusammen..." "Ja, das wollten wir." Sam betonte das Wort wollten schon so gefährlich stark, dass ich dachte, sie wolle nach Hause und uns auch im Stich lassen. Das tat sie aber dann doch nicht und wir machten uns auf den Weg zum Talkfe. Wir bestellten uns Getränke und verglichen unsere Stundenpläne. Morgen hatten wir gemeinsam eine Stunde Mathe und am Freitag Geschichte. Außerdem war da ja auch noch der Gottesdienst. "Ihr glaubt doch nicht, dass Finn diesen zwei Tussen hiervon erzählt?", fragte Sam und warf mir einen durchdringenden Blick zu. Alex und ich schüttelten synchron den Kopf, aber Zac schien sich in diesem Punkt nicht sicher zu sein. Er fuhr sich mit der Hand durch seine blonden Haare und wartete kurz, bevor er seinen Mund öffnete. "Naja, könnte schon sein. Von hinten haben die beiden nicht so schlecht ausgesehen." Daraufhin rammte Sam ihm ihren Ellbogen in die Seite. "Okay, okay, das war nur ein Scherz", sagte er und grinste.

Auch wenn sie gut aussahen, er konnte nicht mit beiden etwas haben und außerdem stand er auf Sam. Warum konnte ich sie eigentlich nicht leiden? Sie wirkten schon sehr ... okay, sympathisch wäre übertrieben. Wie dem auch sei, Finn wird schon wieder zu uns finden. Soll er halt einen Nachmittag oder ganzen Tag mit alten Freunden rumhängen, ein bisschen Abwechslung schadet eh nicht.

~

Ich verstaute meine Musiksachen im Spind und holte meine Mitschrift für den Chemieunterricht heraus. "Und wie haben du und Zac den gestrigen Tag noch so verbracht?", wollte ich wissen. Der Blondschopf hatte gestern keine Lust gehabt allein Zuhause rumzuhocken, während Finn mit den Mädls unterwegs war, also beschlossen Sam und er etwas zu unternehmen. Meine beste Freundin, die lässig am Spind neben meinem lehnte, seufzte. "Wir haben uns eigentlich nur in eine Decke gekuschelt und Filme geschaut" Sie errötete bei diesen Worten ein bisschen. "Also ist es bei euch schon etwas Ernsteres?", hackte ich nach. Ich versuchte so geschickt wie möglich von mir und Alex abzulenken, weil zwischen uns bis auf die Abschiedsküsse nichts lief und Sam mich trotzdem immer mit Ach komm schon, ihr seid so süß und Ähnlichem nervte. "Vielleicht schon, ich weiß es selbst nicht so genau." Naja, das war mal eine Antwort. Ich schloss die Spinttür und wir stiegen die Treppe nach oben in den dritten Stock zum Chemiesaal. "Was ist eigentlich mit Finn, hast du den heute schon gesehen?", fragte Sam und ich war heilfroh, dass es keine Frage über Alex und mich war. Gute Frage, wo war er. Ich hätte ja auf verschlafen getippt, aber Chemie war schon unsere dritte Stunde und da musste er ja echt häftig verschlafen haben. Langsam machte ich mir sorgen, was er mit den Mädls sonst noch gemacht hatte, außer etwas trinken. Vielleicht lag es auch nicht daran was sie sonst noch gemacht hatten, sondern wieviel sie getrunken hatten. Unsere neue Chemielehrerin sperrte den Saal auf und wir stürmten hinein. Sam setzte sich neben Holly und ich mich neben die beiden. Bei unserer alten Professorin war das auch kein Problem gewesen, doch diese komische Neue bestand darauf, dass man immer nur zu zweit zusammensitzen durfte. Da Sam keine Anstalten machte aufzustehen, packte ich meine Sachen und setzte mich in die letzte Reihe. Wenigstens konnte ich mich nächste Stunde dann mit Finn zusammensetzten - dachte ich zumindest. Ich saß nicht lange allein, denn der Neue ließ sich auf dem Stuhl neben mir nieder. "Hi", begrüßte er mich und lächelte. Eigentlich hatte ich keine Lust mit ihm zu reden, aber ein bisschen Sozialiät schadete ja nicht. "Hey, Logan richtig?", fragte ich, obwohl ich mich noch genau an seinen Namen erinnern konnte - irgendwie musste ich das Gespräch ja anfangen. Er nickte und dann übernahm die Chemielehrerin. Sie teilte einen Zettel mit den Beurteilungskriterien aus und schaffte es tatsächlich die ganze Stunde darüber zu reden. Wir behandelten die Hausordnung und was wir in einem Brandfall tun müssten. Als ob wir das nicht schon wussten... Das Klingeln der Schulglocke beendete endlich ihr totlangweiliges Gelaber und ich stand sofort auf und eilte zu Sam, die sich in keinster Weise schuldigt fühlte, nicht aufgestanden zu sein, okay, warum auch? Wir gingen wieder hinunter zu unseren Spinden und quälten uns durch die nächsten Schulstunden.

Endlich hatten wir Mittagspause. Das Tolle an unserer Schule war, dass man nicht nur das warme Essen von der Cafeteria essen musste, sondern sich auch vom Buffet ein Brötchen oder etwas Ähliches holen konnte. Ich entschied mich heute für ein großes Vollkornweckerl mit Käse und Salat, während Sam sich diesen ekligen Eintopf reinzog. Weniger später gesellten sich auf Alex und Zac zu uns. Beide aßen sie nur einen Müsliriegel. Mein Blick wanderte durch den Raum. Ich erblickte Finn weder am Buffet noch bei Luke oder Riley und bei uns saß er auch nicht. Frustiert legte ich mein angebissenes Brötchen auf den Tisch und stützte meinen Kopf mit meinen Händen. Er hätte mir wenigstens eine Nachrichten schreiben können, aber er hatte sich einfach nicht gemeldet. Lassen wir dieses Thema lieber sein und konzentrieren wir uns lieber auf das, was da zwischen Zac und Sam abging. Sie lächelten sich die ganze Zeit über an und irgendwie saßen sie ziemlich weit beieinander. Hielten sie etwa unter dem Tisch Händchen? Ich wollte es herausfinden. Ohne groß darüber nachzudenken, schob ich meinen Collegeblock über die Tischkante und ließ ihn zu Boden fallen. "Upps", stieß ich aus und versuchte es nicht gekünstelt wirken zu lassen. "Warte, ich hebe es dir auf", sagte Alex. Gentleman hin oder her, jetzt sollte er mal keiner sein. "Nein, nein, schon okay, ich mach das schon", versicherte ich ihm und versuchte ihm mit einem durchdringenden Blick klar zu machen, dass ich meinen runtergefallenen Block selbst aufheben wollte. Dann verschwand ich vorsichtig unter dem Tisch und erblickte das, was ich mir erhofft hatte - die Hand meiner besten Freundin in die des blonden Briten verschränkt. Ich versuchte mir ein Aaaaw so gut wie möglich zu verkneifen. Wie süß wäre das bitte, wenn die beiden als Paar herumlaufen würden? Aber was wäre dann mit Finn? Würde er damit klar kommen? Naja, jetzt hatte er ja diese Mädls aus der Grundschule, von denen ich die Namen noch garnicht wusste. "Emily, suchst etwas?", hörte ich plötzlich eine wohlbekannte Stimme hinter mir. Ich zuckte erschrocken zusammen und knallte mit meinem Kopf gegen die Tischplatte, an der einige Kaugummis klebten. Igitt. Eilig schnappte ich mir meinen Collegeblock und krabbelte wieder hervor. Wenn man vom Teufel sprach... Ich blickte in die Augen meines besten Freundes, dessen Grinsen ziemlich frech aussah. "Hattest du auch mal vor hier aufzukreuzen?", fragte ich vorwurfsvoll und setzte mich. "Naja, ich hatte keinen Bock", war seine Antwort. Als ob wir anderen jeden Tag voller Freude morgens aus unseren Betten aufsprangen und zur Schulte hüpften. Er nahm einen Bissen von meinem Brötchen und legte es wieder an seinen Platz. "Hey Finn, kommst du heute Abend mit uns Essen?", wollte Alex wissen. Alle sahen wir ihn erwartungvoll an und hofften, dass er einwilligte. "Oh, naja..." Er kratzte sich am Hinterkopf. "Leider habe ich schon etwas Anderes vor" Wir wussten, dass er mit den Mädls abhing, da musste niemand nachfragen. "Okay schade, dann ein andermal"

Nach der Mittagspause stürzten wir uns in den Nachmittagsunterricht, bei dem die Zeit alles andere als schnell verstrich. "Mr. Stoner, darf ich bitte auf die Toilette", hatte Finn schon ziemlich am Anfang der 3. Stunde am Nachmittag gefragt. Ich versuchte hingegen meinen Kopf frei zu bekommen, indem ich dem Professor einfach nicht zuhörte und aus dem Fenster starrte. Nach einer gefühlten Ewigkeit blickte ich wieder auf die Uhr. Es waren erst 20 Minuten vergangen. Obwohl.. Man konnte es auch so sehen, dass schon 20 Minuten vergangen waren und Finn noch nicht wieder zurück war. Meine Augen wandten sich wieder den Geschehnissen außerhalb der Klasse zu und erblickten Bäume, dessen Äste im Wind zitterten und ... oh mein Gott ... da saß Finn, links und rechts neben ihm diese Mädchen, aufgebitcht wie sonst was. Plötzlich hatte ich das Bedürfnis nach draußen zu gehen und sie zu belauschen. Ich wog zwischen langweiligem Unterricht und meiner Aufgabe als beste Freundin ab. "Mr. Stoner, ich müsste auch auf die Toilette", meldete ich mich. Er schickte mich nach draußen und ich schlenderte den langen, menschleeren Korridor entlang, bis ich zur Treppe kam. Ich stieg sie empor und nahm eine Tür, die auf das Dach der Turnhalle führte. Langsam verlangsamte ich meine Schritte und schlich mich an sie heran bis ich direkt über ihnen war. Nun konnte ich jedes Wort verstehen, was sie sagten und was ich da hörte, ließ mich schwer atmen.

Neuer Schüler , Mitbewohner und große Liebe?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt