Kontrollraum Henry Payton 31.12.68 n.S. - 23:12 Uhr

77 9 1
                                    

Er kam zu spät! In all den Jahren, die er in diesem Job arbeitete, kam Henry Payton heute das erste Mal zu spät. Ausgerechnet heute.Der Gedanke daran, den Jahreswechsel ohne den Ehering seiner Frau, den er stets an einer Kette um den Hals trug, zu begehen, wühlte ihn innerlich auf. Prüfend schob er die Hand in die Jacke und schloss beruhigt die Augen.Das Schicksal hatte ihm die Liebe seines Lebens vor sieben Jahren entrissen – die gefühlte Hälfte des Herzens in der Brust. Am Tage ihrer Einäscherung legte er die Kette mit ihrem Ring das erste Mal um den Hals und seitdem war das Kleinod ein unabdingbarer Begleiter. Es gab nur wenige Ausnahmen von dieser Regel. Beispielsweise solange er duschte. Dann hängte er die Kette links neben dem Spiegel, um sie im Anschluss umgehend wieder anzulegen. »Er hat es gut gemeint«, seufzte Henry und meinte seinen Sohn. Dieser hatte die Kette samt Ring aus dem Bad mitgenommen, um das Schmuckstück zu polieren. In Gedanken bei der vor ihm liegenden Schicht und da das Kleinod nicht mehr am rechten Platz war, zog er sich an. Er verließ den Wohntrakt der Station, durchquerte die öffentlichen Sektoren und passierte die Kontrolle zum Herzen der Basis. Seinen Fehler erkannte er, während er auf den Aufzug wartete, der ihn zum Leitstand brachte.Hektisch rannte er zurück, suchte den Ring und nachdem er die Wohneinheit erneut verließ, war seine Pünktlichkeit dahin. Mit jedem Schritt nahm sein Versäumnis zu und die Verspätung wuchs, bis er den Lift abermals erreichte.Missmutig schnaufte er und starrte auf die Anzeige im Aufzug. Die erste Ebene lag schon hinter ihm, der nächste und letzte Halt war seiner.Mit jedem Meter, den der Lift in die Höhe strebte, nahm die Kälte zu. Bissig drang sie durch Henrys Kleider und stach unangenehm auf der Haut. Mit dem Beginn der Dämmerung änderte sich dies. Nicht morgen und nicht übermorgen, aber mit jedem Tag, würde das Eis auf der Station weniger werden, bis es vollständig verschwunden war.›Wurde auch Zeit‹, dachte Henry. Ein halbes Jahr Nacht lag hinter ihm und den anderen nahezu dreizehnhundert Bewohnern der Station. Fast 180 Tage in Dunkelheit und Kälte. Ein weiterer Grund, warum die heutige Schicht etwas Besonderes war.»Ebene 0 – Kontrollraum«, säuselte eine künstlich klingende Stimme aus dem Lautsprecher im Lift, ehe die Tür aufschwang und den Blick auf den etwa fünfzig Meter langen Gang freigab. Obwohl die Heizungen seit dem gestrigen Morgen liefen, empfing ihn die gleiche Kälte, die er aus dem Aufzug kannte. Der Atem stockte und bildete kleine Wölkchen, wann immer er ausatmete.Was hatte er erwartet? Die Außentemperatur betrug deutlich weniger als minus 40 Grad Celsius – die natürlichen Folgen eines halben Jahres Nacht. Das langsame Erwärmen der oberen Gänge sparte die kostbare Energie. Der Rat hielt eine Anfangstemperatur von 30 Grad unter Null für angemessen. Henry verstand die Entscheidung, dennoch sehnte er sich den Tag herbei, an dem er nicht mehr diese dicke Jacke trug, um zur Arbeit zu kommen.Die heutige Schicht war die erste, die vom großen Kontrollraum aus geführt wurde. Das letzte halbe Jahr war die Station aus dem kleinen Leitstand, tief unter der Erde, heraus überwacht und kontrolliert worden. Mit der Dämmerung änderte sich ebendies wieder und damit die Aufgaben, für die er verantwortlich war. In der Nacht behielten sie den Energieverbrauch im Auge und kümmerten sich darum, dass die Stromreserven bis zum neuen Tag reichen würden. Am Tag gab es Energie in Überfluss. Dann achtete man darauf, dass die Akkus ausreichend geladen wurden, und er war für die gesamte Infrastruktur der Station zuständig, inklusive der Computertechnik, Belüftung, Beheizung und Wasserversorgung. Wenn man ihn gefragt hätte, was ihm besser gefiel: Tag oder Nacht, so würde er sagen, dass ihm die Dämmerung am liebsten war. In diesen knapp vierzehn Tagen erwärmte sich die Oberfläche allmählich und schmolz das Eis. Es war eine Zeit, die ihm zumindest eine kurze Weile den Eindruck vermittelte, wie die Erde vor dem Stillstand gewesen war.Payton kontrollierte flüchtig die Uhr. 23:15 Uhr. Ganze fünfzehn Minuten war er zu spät. Sein Team wartete mit Sicherheit auf ihn, dazu hatte er stets die Pünktlichkeit zu eindringlich hervorgehoben und verlangt. »Henry Payton, Sicherheitscode D7KL-1048-CHFK«, sprach er deutlich, nachdem er die Schleuse zum Kontrollraum erreicht hatte. Mit einem nervigen Piepen quittierte der Computer seine Eingabe. »Zugang erteilt.«»Wurde auch Zeit«, brummte er und schob sich in die schmale Luftschleuse, die den Gang mit dem Herzstück der Station verband. Die Tür schloss sich hinter Henry und sofort wehte ihm ein deutlich wärmerer Windhauch entgegen.»Luftausgleich abgeschlossen.«»Jaja, ich weiß.«Normalerweise störte er sich nicht an den immer gleichen Aussagen der Computerstimme, aber heute war es anders. Die Schleuse öffnete sich und er betrat den Kontrollraum.»Chief anwesend!«, rief Chris Zhan sofort und stand von seinem Platz auf, dabei verschränkte er die Arme hinter dem Rücken. Das Grinsen in dem jungenhaften Gesicht war nicht zu übersehen. Er war der Neue in der Schicht und sein Aussehen war weit davon entfernt dem Alter Rechnung zu tragen – jeder, der ihn nicht kannte, schätzte ihn deutlich jünger ein. Innerhalb des Teams nannte man ihn Bit, in Anlehnung an die kleine Speichereinheit.Von ihm würde keinen Spruch wegen der Verspätung kommen. Chris war Waise und sah in Henry leider etwas wie eine Vaterfigur. Unter normalen Umständen war dies keinerlei Problem, aber der Flirt mit seiner Tochter änderte Henrys Einstellung dazu um 180 Grad.Henry nickte kurz und begrüßte dann jeden Einzelnen der Reihe nach. »Guten Abend«, brummte er und klatschte in die Hände, ehe er die schwere Jacke ablegte und an einen der Haken in der Wand hing. »Guten Abend Mister Payton«, lächelte ihm Jenny entgegen. Die Hälfte verzichtete damit auf einen Kommentar und hielt sich zurück.»Nabend Chief«, rief Maggy, die man hier meist Ironclad nannte, ihm zu. Ihr Blick sprach Bände, aber sie schenkte sich jeden Kommentar. Damit blieb nur ...»Warum habe ich die Wette vor 23 Jahren nicht angenommen, Henry?«Payton seufzte und wandte sich in die Richtung, aus der er angesprochen worden war. Die Stimme gehörte zu Marge Krimkowski und sie war die Grand Dame in der Schicht. Sie war fünf Jahre älter als Henry und freute sich auf ihren letzten Arbeitstag in 4 Jahren, um dann ihren Lebensabend zu genießen. Ihr gestand er diese kleine Spitzfindigkeit zu, zudem sie außerhalb des Berufes befreundet waren. »Ein neues Jahr und neue Marotten, wer weiß das schon, Marge«, erwiderte er und stemmte die Hände in die Hüften. Sie lächelte seine Antwort auf ihre ureigene Art fort. Jeder nannte sie Lady und das war sie – eine Lady. Henry war der Meinung, dass der Name perfekt zu ihr passte. Sie strahlte eine aristokratische Sicherheit aus – einer Königin ähnlich.Der ovale Kontrollraum besaß vier Arbeitsplätze, die in einem Halbrund angeordnet waren. Dahinter thronte der Posten des Leistandleiters auf einer Empore, die den unteren Teil des Raumes um anderthalb Meter überragte. Von hier war es möglich, die je drei Bildschirme der Terminals zu beaufsichtigen.Der Blick nach draußen wurde von vier massiven Stahlschutzwänden verschlossen. Sie schützten vor den Eisstürmen in der Nacht. Mittig zwischen diesen hing eine große Monitorwand von der Decke, die momentan ausgeschaltet im matten Schwarz über ihnen thronte.Henry nahm Platz und versank im weichen gepolsterten Leder des Arbeitsstuhls. Er nannte ihn gern seinen Sessel, obwohl er sich diesen mit den beiden anderen Schichtleitern teilte. In den folgenden acht Stunden war es sein Thron.Es war eine Ehre, die erste Schicht eines neuen Jahres zu leiten, und die Kollegen sahen es als Lohn für die Arbeit der zurückliegenden zwölf Monate. Die ersten Sonnenstrahlen nach der gefühlten ewigen Nacht nicht auf einem Bildschirm zu erleben, sondern direkt und durch ein Fenster, besaß für jeden in der Station etwas Magisches. Er selbst empfand es mehr als Last. Henry hatte diesen Moment oft genug erlebt. Die Nähe zu seinen Kindern, den Zwillingen Vanessa und Valentin, war ihm wichtiger und er hätte auf ebendiesen Anblick sofort verzichtet, um sie jetzt fest in die Arme zu nehmen.»Nun gut. Ich war zu spät. Bit, bitte notieren und mich beizeiten erinnern, wenn jemand von euch zu spät ist. Nach meiner Uhr hat damit jeder 16 Minuten gut.«»Fünfzehn, Sir«, korrigierte ihn Bit. »Bedankt euch bei Mister Chris Zhan, dass ich euch keine Minute schenken durfte.«Maggy war die Einzige, die darauf reagierte und Bit mit einem schroffen Blick bedachte. Henry hoffte, dass sie es dabei beließ, denn sie trainierte täglich und war einer Prügelei in der Vergangenheit selten aus dem Weg gegangen. Sie suchte den Streit zu keiner Zeit – er fand sie letztendlich. Im Halbdunkel der Sparbeleuchtung wirkte sie äußerst maskulin und es gab nicht viele Männer, die sich in der Station mit ihr anlegen würden. Henry kannte sie schon Jahre und schätzte ihre Arbeitsweise. »Statusbericht!«, forderte er und ließ sich tief in seinen Sessel sinken, die Hände legte er auf die Lehnen, betätigte ein paar der dort angebrachten Knöpfe und aus der Kopfstütze fuhr das multidimensionale Periskop vor. »Die Erwärmung der Stahlschutzwände liegt im Zeitplan«, meldete Bit.»Akkureserven liegen 0,4% über dem Wert im letzten Jahr«, warf Jenny ein und Henry beugte sich vor. »0,4%? Das ist beachtlich«, resümierte er. Die Nacht hindurch wurde der Storm gespart, damit die Reserven des Tages die gesamten nächtlichen sechs Monate genügten. Solarzellen und Strömungskraftwerke sorgten für einen stetigen Stromfluss, den die Station innerhalb des halben Jahres in der Sonne in die gigantischen Akkuspeicher speiste. »Soll ich dem Rat Bescheid geben, wegen der Feierlichkeiten?«, frage sie weiter. Er schnaufte. Die Festlichkeiten zogen sich über die nächsten 14 Tage. Dem Zeitraum, den die Sonne benötigen würde, um vom ersten Strahl am Horizont vollends aufzugehen. Die Twilight Days waren der gesellschaftliche Höhepunkt und vor allem die jungen Bewohner der Station fieberten diesen spätestens nach sechs Wochen in der Nacht entgegen. Dennoch schüttelte er den Kopf.»Sie haben es so geplant, sollen sie so feiern.«Jennifer Anolin besaß eine schlanke Figur, mit langen Beinen und zierlichen Fingern. Sie trug ihr glattes schwarzes Haar lose zusammengebunden. Ihre blauen Augen strahlten und die vollen Lippen schimmerten rot. Kurzum sie war eine bildschöne Frau, nur waren ihre Leistungen innerhalb des Teams meist am unteren Ende. Henry behielt sie dennoch in der Gruppe. Vor einiger Zeit hatte sie ihm erzählt, dass sie und ihr Ehemann versuchten, eine größere Wohneinheit zu bekommen, um zukünftigen Nachwuchs einen geeigneten Platz zu bieten.Henry lehnte den Kopf ein wenig zur Seite und schaute durch das Periskop. Die Kameras, die an den wichtigen Stellen im Außenbereich der Station aufgestellt waren, wurden zuerst beheizt. Nachdem die Wärme die Gehäuse grob von Eis und Schnee befreite, schalteten sich die Geräte ein. ›Das erste Bild der Außenwelt seit fast einem halben Jahr‹, dachte Henry. Die Kollektoren lagen unter einer dicken Eisdecke. Es war wolkig und windig. Er erkannte in der Darstellung der Restlichtverstärker Wehen aus Eiskristallen. In der Ferne entdeckte er ein erstes langsames Aufleuchten der Sonne. Der Tag – und damit das neue Jahr – kündigte sich an.»Uhrzeit?«»23:52 Uhr«, antwortete Marge. »Noch 8 Minuten, Henry.«Als ob er das nicht selbst wüsste, dachte er und lehnte sich zurück.»Jen, bereit machen. Chris, was machen die Stahlwände?«»Sind in einer Minute bereit, Sir«, antwortete Bit rasch.»Gut«, quittierte Payton die Meldungen und ließ die Finger über das Leder des Sessels fahren. Innerlich zählte er die Sekunden. Niemand sprach.»Schilde runter.«Es klickte und eine Weile geschah nichts. Ein Dröhnen erschütterte den Raum. Die Vibration war allgegenwärtig. Der Stuhl, auf dem er saß, zitterte und ein dunkles Brummen folgte. Mit einem leichten Ruck setzten sich die massiven Stahlwände in Bewegung. Langsam sanken sie tiefer und tiefer. Eisreste, halb geschmolzen, fielen auf die Glasscheiben und rutschten schleppend herab. Keiner der Anwesenden durchbrach die Stille. Jeder hüllte sich in grenzenloses Schweigen, so dass die Atemgeräusche das einzig Vernehmbare im Raum blieben.Die Welt dort draußen war lebensfeindlich geworden. Henrys Mutter gehörte zu den wenigen, die die Erde als kleines Kind so kennen gelernt hatte, wie sie einst gewesen war. Die Flora und Fauna war fast komplett verschwunden. Die Atmosphäre nur in den Küstengebieten des neu entstandenen Superkontinents atembar. Die fehlende Erdrotation hatte größere Auswirkungen, wie manch einer vermutet hatte. Die Ozeane überschwemmten Gebiete, die vorher von Millionen von Menschen bevölkert waren.Das Wetter war berechenbarer geworden und bot dabei Extreme jeder Art.»Die Strafe Gottes«, murmelte Marge und ließ einen schweren Seufzer folgen. Unrecht hatte sie nicht, denn der Anblick der Welt dort draußen begründete schnell den Verdacht, dass man die Menschheit bestrafte für jahrhundertelange Ausbeutung der natürlichen Ressourcen. »Maggy, wie ist der Status der Solarkollektoren?«, wisperte Henry und rieb sich das Kinn. Er kannte diesen Anblick, aber hatte sich nie daran gewöhnt. Kalte Schauer liefen über seinen Rücken, während er gebannt nach draußen starrte.»Bereit zum Anwärmen der oberen Panels.«Alles entsprach dem Protokoll.»Sonne in 10...«, zählte Bit den Countdown hinab.Langsam erhob sich Henry von seinem Platz und verschränkte die Arme. ›Gleich‹, dachte er. Ausdruckslos sah er durch das Fenster gen Osten, derweil im Hintergrund die Stimme von Chris weiter herunter zählte. »5 ... 4 ... 3.«Henrys Magen kribbelte. Automatisch spannte er die Muskeln im gesamten Körper an und versteifte zunehmend. Er war angespannt, ohne zu wissen, warum dies so war, aber er kannte ebendiese Reaktion von ihm. Sie war normal.»2 ... 1 ...«Ein erster goldener Strahl zeigte sich am Horizont und durchschnitt die Nacht. Er tauchte die Eiswelt vor dem Fenster in ein dämmriges Licht. ›Lass ihnen den Moment‹, dachte er still bei sich und wandte sich von diesem selten gewordenen Anblick ab. Chris, Jenny, Maggy und Marge stierten gebannt durch die Scheibe. Jeder für sich würde anderen Gedanken folgen. Unterschiedliche Ziele, Träume und Wünsche. Aber war das dort eine Welt, in der man sich Zukunftsträumen hingab?»Maggy«, sprach er sie direkt an und sie nickte verstehend.»Aye Sir. Panels werden angeheizt.«Dankbar lächelte er sie an. Das Team funktionierte. Eine sauber geölte Maschine, die sich über die Jahre hinweg gefunden hatte. Nur Chris war neu und obwohl er mit ihm exakt ein Problem hatte, gestand er sich ein, dass sich Bit überdurchschnittlich schnell eingefügt hatte.»Frohes neues Jahr 69«, sprach Marge Henry von der Seite an und umarmte Payton im nächsten Augenblick. Er folgte ihrem Beispiel.»Auch dir, Marge«, antwortete er leise.»Twilight Day!«, rief Chris erfreut und drückte Jennifer freundschaftlich. Nur Maggy blieb starr sitzen. Henry überlegte, zu ihr zu gehen, doch Marge hielt ihn zurück. Stumm schüttelte sie den Kopf.»Lass sie. Sie braucht das genauso, wie es ist«, flüsterte sie leise. Payton nickte zwar, aber so recht verstand er es nicht, doch das war egal, denn die Arbeit rief.»Jen, Funkkanal öffnen!«Marge blieb bei ihm, während Jennifer den Befehl ausführte, sich wieder zu ihm drehte und nickte.»Station 8 ruft Station 1, Henry Payton spricht. Wir wollen euch eine gute Nacht wünschen.«Es war eine liebgewonnene Tradition geworden. Die Stationen am Rande der Dämmerung wünschten sich eine nicht zu kalte Nacht oder einen ertragreichen Tag – je nachdem.Auf diese Weise hatten sich Pärchen zusammengefunden. Partnerstationen, so wie zwischen Station 8 und Station 1. Damit bestand die Welt der Menschen aus 6 Paaren von Stationen. Henry Payton war sich Klaren, dass er die Bewohner in Station 1 nie sehen würde, aber diese beiden Momente am Anfang und Ende des Tages waren willkommene Abwechslungen für ihn. Meist nutzte er die Gelegenheit, um ein wenig über den Alltag zu reden, und mit einem der Leitstandleiter verband ihn so etwas wie eine Freundschaft.»Station 8 ruft Station 1. Kim bist du da?«Kim Se To war einer der Leitstandleiter in Station 1. Fragend sah er zu Jennifer. Es wäre nicht ihr erster Fehler unter seinem Kommando. Sie wurde nervös. Ihre langen schmalen Finger hasteten über die Bedienfelder des Terminals. Schweiß perlte von ihrer Stirn, was Henry nur darin bestätigte, dass es ein Fehler von ihr war.»Jennifer, ich warte!«»Beiseite«, knurrte Maggy und schob Jennifer ungestüm bei Seite. Prüfend beugte sie sich über das Terminal und sah dann kopfschüttelnd zu Henry.»Kein Fehler. Die Funkverbindung sollte stehen.«Payton runzelte die Stirn. Das war nicht normal.»Vielleicht ist das Mikrofon gestört, versucht den Ping.«Der Ping war ein simpler Piepton, der jederzeit funktionierte. Die Techniker hatten ihn mehrfach redundant aufgebaut. Er erfüllte seinen Zweck – immer. Es war ein Lebenszeichen und forderte auf der anderen Seite eine Reaktion, sonst würde der Piepton fortwährend andauern.»Ping gesendet«, meldete Maggy.»Danke Ironclad«, murmelte Henry und übersah bewusst den mahnenden Blick von ihr. Anfangs hatte sie sich laut über ihren Spitznamen beschwert, da sie diesen für unpassend hielt. Mittlerweile akzeptiere sie es und nahm es hin. Payton tippte mit dem Fuß auf den Boden und sah auf die Uhr. Die Sekunden verstrichen, dann eine Minute und eine weitere.»Sir«, sprach Jennifer leise. Sie fasste all ihren Mut zusammen, und fuhr endlich fort: »Station 1 antwortet nicht.«

Station 8Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt