Vergebung

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In Zeiten die nicht so schön sind denken wir alle fast das Gleiche. Egal ob wir an unsere Pflanze zu  Hause denken oder ob wir an die Kinder denken. Ein Detail ist immer da. Geht es ihnen gut? Doch was macht man wenn niemand auf einen Wartet? Man niemanden mehr hat den man beschützten könnte. Was denkt man dann?

Erschrocken schlug ich die Augen auf. War ich endlich tot? Aber könnte man wenn man tot ist noch denken? Fühlt man Schmerz wenn man tot ist? Ich sah nur weiss. Mein Kopf schmerzte. Zögernd drehte ich meinen Kopf. "Blumen?", hörte ich mich fragen. Neben meinem Kopf war ein Strauss Lilien aufgestellt worden. Nun roch ich sie auch. Der leicht süssliche Duft der Lilien hing wie Nebel in der Luft. Lilien, meine Lieblingsblumen. Vielleicht war ich doch nicht mehr am Leben. Ich hoffte inständig das er mir diese Gnade erwiesen hatte. Doch umso wacher ich wurde umso kleiner wurde der Funke. Mein Magen knurrte, meine Beine schmerzten und die Gedanken in meinem Kopf rauschten nur so darin herum. Er hatte mich nicht ermordet. Er hatte mir eine neue Chance gegeben. Eine Chance auf ein neues Leben. Ein Leben ohne ihn. Ein Leben ohne Brian, ohne Bestien, ohne das ganze Unglück der Welt. Ein klopfen riss mich aus den Gedanken. "Glaubst du sie ist wach?", flüsterte eine Frau. Ich hörte wie sich ein Mann räusperte: "Hmkch, sehen wir mal nach." Knarzend öffnete sich eine Tür. Ich lag da in einem blütenweissen Bett, den Kopf zu den Lilien gewandt und horchte auf die Schritte der Beiden. Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter. Eine flüchtige Berührung, so zart das sie kaum zu vernehmen war. Und doch fühlte ich sie. Ein mir fast vergessen geglaubtes Gefühl übermannte mich. Geborgenheit. "Guten Tag Miss", die Stimme des Mannes klang rau und sanft zugleich. Ich brauchte einen Namen. Zögernd drehte ich mich um. Mein Blick fiel auf ein älteres Paar, welches erwartungsvoll zu mir sah. "Ah, sie sind doch schon wach. Siehst du, ich hatte es dir doch gesagt", stellte der Mann fest. Seine Frau so wie ich an nahm lächelte mir aufmunternd zu. "Sie sind bestimmt hungrig. Ich werde ihnen gleich etwas bringen. Übrigens da drüben sind frische Kleider", die Frau hatte gesprochen und wies auf einen mit Kleidern behangenen Stuhl. Das ganze hatte ich nur am Rande wahrgenommen. Ich war immer noch viel zu benebelt, vom Duft der Blumen. "Lilien", flüsterte ich. Eine Träne kullerte mir über die Wange. Ich drehte meinen Kopf wieder zu den duftenden Blüten. Die Tür knarzte erneut. "So meine Liebe. Hier wäre ihr Frühstück", sagte die Frau. "Wieso bin ich hier? Hat er mich her gebracht?", mir war es endlich gelungen zu sprechen. Die Frau sah etwas überrumpelt aus: "Ach möchten sie nicht zu erst etwas essen? Sie sind doch bestimmt hungrig." Sie hatte recht ich war hungrig, hungrig auf Antworten. Die Dame stellte mir einen Teller hin. "Wir werden ihnen alles erklären wenn die Zeit dafür gekommen ist", begann der Mann. "Herbert wir sollten uns vielleicht vorstellen ....", erinnerte ihn die Frau. "Du hast recht. Ma'm darf ich mich vorstellen?", fragte mich der Mann. Ich nickte. Eine andere Wahl hatte ich ja nicht. Aber die Namen konnten mir vielleicht Antworten liefern. "Ich bin Herbert Ford und das ist meine Frau Elian Ford", stellte Herbert sich und seine Frau vor.  Herbert und Elian, diese Namen hatte ich noch nie gehört. Elian sah mich erwartungsvoll an. Wollten sie meinen Namen erfahren? Ich konnte nicht meinen richtigen Namen benützten. Zu gross wäre die Gefahr von irgendeiner Bestie gefunden zu werden. Aber wie sollte ich mich nennen? Wie wollte ich für den Rest meines Lebens genannt werden? "Freut mich mein Name ist Aurora", sagte ich nach einer Weile. Der Mann lächelte: "Freut uns auch Aurora." "Wir lassen sie mal in Ruhe essen. Einen guten Appetit", lächelte mir Elian entgegen. Die beiden drehten sich um und liefen zur Tür. Ich war wieder alleine im Zimmer. Alleine mit dem Duft der Lilien. Er hat sich entschuldigt, mit den Lilien. Und ich hatte ihm vergeben.

Aurora ist in der griechischen Mythologie die Göttin der Morgenröte. Er hatte mir mal gesagt wenn ich mich freue bekäme ich so wunder schön rote Wangen. Aber das Rot meiner Wangen war nicht einfach rot sie hatten die Farbe der aufgehenden Sonne. Er nannte mich immer Aurora wenn sich meine Wangen wieder verfärbten. Ich hatte den Namen gehasst, doch jetzt war alles anders als früher ...

Des Rächers letztes OpferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt