Kapitel 22

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Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Sämtliche meiner Muskeln krampften sich zusammen. Ich machte mich dazu bereit, mich blitzschnell umzudrehen und anzugreifen, als plötzlich Serafinas Stimme ertönte:"Wir haben dich gesucht. Warum bist du verschwunden?" Ich atmete erleichtert aus und drehte mich um. "Ich war stehengeblieben um mich umzuschauen und dann wart ihr einfach weg. Ich hab euch gesucht, bin aber anscheinend in die falsche Richtung gegangen", sagte ich verlegen. Serafina musste schmunzeln. "Jetzt komm, Morgana wartet auf uns", mit diesen Worten führte sich mich durch einige Gänge, bis wir bei Morgana und Luna ankamen. Dort wo sie standen, bildeten die Bücherregale einen kleinen Raum, in dessen Mitte einige Sofas und Sessel standen. Auf einem der großen Sessel saß eine Frau. Ihre knielangen, lockigen, smaragdgrünen Haare glänzten leicht im Licht, ihre türkisfarbene Augen schienen vor Freude zu leuchten und auf ihrer schneeweißen Haut waren kleine Runde Smaragde, welche wunderschöne Muster bildeten. Sie trug eine prachtvolle Robe, welche mit Smaragden besetzt war, und eine Krone, welche ebenfalls mit Smaragden besetzt war. "Wie ich sehe hat man deinen Schüler doch noch gefunden", sagte sie lächelnd zu Morgana. Morgana drehte sich zu mir um. Ich dachte sie würde verärgert sein, stattdessen sah man aber Erleichterung in ihrem Blick. "Tut mir leid", sagte ich. "Nicht schlimm, hier ist es leicht sich zu verlaufen", sagte die Frau, immer noch lächelnd. Morgana stimmte ihr mit einem Nicken zu. "Also Tanmelia, worüber woltest du mit mir reden?", fragte Morgana die Frau. "Ich habe hier ein Paar seltene Bücher, bei denen ich deine Hilfe brauche", sagte Tanmelia und nickte der kurzhaarigen, welche auch noch hier stand, zu. Diese verbeugte sich und eilte davon. "Was für Bücher?", fragte Morgana neugierig. "Einige schwarzmagische Bücher. Den Bildern nach zu urteilen werden dort Rituale beschrieben, die Schrift ist jedoch unlesbar", erklärte Tanmelia. Morgana nickte verstehend. Die zwei Frauen unterhielten sich noch ein bisschen, über Sachen die ich nicht verstand, während ich und Luna uns ein bisschen umsahen. Serafina stand einfach nur da und schaute sehr interessiert auf eines der Bücherregale. "Ist etwas?", fragte ich. "Hier gibt es so viele seltene Bücher! Das ist unglaublich!", als sie das sagte leuchteten ihre Augen. "Wirklich?", fragte ich und schaute mich um. "Ja. Hier ist alles Wissen dieser Welt zusammengetragen worden. Jeder Weisheitsdämon träumt davon, mal hier her zu kommen und alle Bücher zu lesen", antwortete sie aufgeregt. "Aber du weißt doch schon alles!", sagte Luna überrascht. Ich hatte garnicht gemerkt, wie sie zu uns gekommen war. "Ich weiß vieles, aber bei weitem nicht alles", sagte Serafina. Luna schaute sie überrascht an. Sie schien Serafina bis jetzt für allwissend zu halten. Plötzlich ertönten schnelle Schritte. Die kurzhaarige Frau kam zurück. Sie wirkte sehr aufgeregt. "Euer Majestät, die Bücher sind weg!", sagte sie aufgeregt. Tanmelias Kinnlade klappte, vor Überraschung, herunter. Sie sprang auf und lief dort hin, von wo die kurzhaarige gekommen war. Wir rannten ihr nach. Vor einer leeren Stelle in einem der Bücherregale blieben wir stehen. "Nein, nein...", murmelte Tanmelia und schüttelte den Kopf. "Sperrt alle Ausgänge! Sofort!", rief sie. Sie wirkte erschrocken. Die kurzhaarige verbeugte sich und rannte davon.

Nach einigen Minuten kehrte sie zurück. "Alle Ausgänge sind gesperrt worden", berichtete sie. "Eventuell hat der Dieb die Bibliothek schon verlassen", murmelte Morgana. "Kann nicht sein. In den letzten zwei Stunden hat niemand die Bibliothek verlassen", sagte die kurzhaarige. Ich wollte etwas sagen, bekam aber von Morgana ein Zeichen, welches bedeutete, dass ich schweigen sollte, was ich dann auch tat. Tanmelia erteilte ihr den Befehl, alle zu überprüfen, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Bibliothek befanden, woraufhin die kurzhaarige davoneilte.

Die ganze Überprüfung dauerte rund zwei Stunden. Ich wurde auch überprüft, da ich für einige Zeit ganz alleine durch die Bibliothek geirrt war. In meinen Taschen wurde aber natürlich keines der Bücher gefunden. Vollkommen verzweifelt saßen Morgana und Tanmelia auf einem Sofa, während die kurzhaarige nervös auf und ab lief. "Wo könnte er hin sein...?", stellte Tanmelia eine Frage, die jedoch an keinen von uns gerichtet zu sein schien. Aber ich hatte eine Antwort darauf. Ich hatte schon den Mund aufgemacht, um etwas zu sagen, als mir Morgana erneut bedeutete zu schweigen und weiter angesträngt nachdachte. Jetzt war ich aber nicht mehr bereit nachzugeben. "Ich glaube ich weiß, wo er hin ist", sagte ich. Sofort schauten mich alle überrascht an. "Ich habe das Gespräch von einem jungen Mann und einem Mädchen gehört. Sie haben über irgendwelche Bücher geredet und ich habe gesehen, wie der junge Mann in einem Geheimgang verschwunden war", erzählte ich. Die Augen aller weiteten sich vor Überraschung. "Warum hast du das nicht gleich gesagt?", fragte mich Morgana und sprang auf. "Wollte ich doch, aber du hast mich nicht gelassen", antwortete ich. Morgana blickte schuldbewusst zu Boden. "Entschuldigung wenn ich unterbreche, aber könntest du uns zeigen, wo der Geheimgang ist?", fragte Tanmelia. Ich nickte und ging los.

Nach einiger Zeit hatte ich die Stelle tatsächlich wiedergefunden. Ich ging zum Kerzenhalter, bog ihn nach unten und sofort öffnet sich der Geheimgang. Alle wirkten sehr überrascht. "Wir haben so viel Zeit verschwendet...", murmelte Morgana kopfschüttelnd. "Morgana, du kommst mit uns und ihr drei solltet zur Leseecke zurück und dort auf uns warten", sagte Tanmelia. "Aber...", setzte Luna an, wurde aber sofort von Morgana unterbrochen:" Geht zur Leseecke und wartet dort." Seufzend gab Luna nach. Während die drei Frauen den Geheimgang betraten, trotteten wir zur Leseecke zurück. Während Luna sich unzufrieden auf einem Sofa niederließ, durchstöberten ich und Serafina die Regale und hatte schon bald einen riesen Stapel Bücher, den wir unbedingt lesen wollten. Überrascht starrte Luna auf den Stapel, sagte aber nichts. Wir setzten uns zu ihr aufs Sofa und begannen zu lesen. "Kann einer von euch vielleicht laut vorlesen?", fragte Luna plötzlich. Serafina nickte und begann vorzulesen, woraufhin ich das Buch, welches ich gelesen hatte, weglegte. Sehr interessiert hörten wir Serafina zu.

Nach ungefähr drei Stunden hatte Serafina das Buch zu ende gelesen. Morgana und die anderen waren aber immer noch nicht zurück. "Was denkt ihr, wie geht es ihr?", fragte Luna nachdenklich. "Ich bin mir sicher, dass alles gut ist", sagte ich. Luna nickte, wirkte dabei aber irgendwie abwesend.

Es dauerte noch ungefähr eine Stunde, bis Morgana zurück kehrte. Die alte Magierin setzte sich, sehr erschöpft wirkend, auf eines der Sofas. "Und?", fragte ich neugierig. " Wir wissen jetzt wenigstens, wie die Schwarzmagier immer hier rein kamen. Unter und um die Bibliothek herum gibt es ein riesiges Tunnelsystem. Wir haben bis jetzt aber nur einen kleinen Teil der Tunnel erkunden können", berichtete sie. Plötzlich ertönten wieder Schritte. Die kurzhaarige kam hinter einem Regal hervor und ging, mit schnellen Schritten, zu uns. "Ihre Zimmer stehen schon bereit. Folgt mir", sagte sie, machte auf dem Absatz kehrt und ging. Wir sprangen schnell auf und eilten ihr nach. Um zu den Zimmer zu kommen, mussten wir erst mal nach ganz unten. Unsere Zimmer befanden sich direkt nebeneinander. Sie waren so klein, dass gerade mal ein Bett, welches, genauso wie die Hotelbetten, nur aus einem Steinblock bestanden, ein kleiner Schreibtisch und ein einfacher Holzstuhl hineinpassten. Die Wände und der Boden waren, genauso wie im Rest der Bibliothek, smaragdgrün. Ich wünschte den anderen gute Nacht und schloss die Tür hinter mir. Meine Sachen stellte ich in einer freien Ecke ab und legte mich aufs Bett. Nach einer halben Ewigkeit schaffte ich es doch noch einzuschlafen.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, schmerzte alles. Vorsichtig stand ich auf und verließ das Zimmer. Ungefähr im gleichen Augenblick verließen auch die anderen ihre Zimmer. "Ich werde nie wieder auf einem dieser Betten schlafen", murrte ich unzufrieden. "Ich auch nicht", stimmte mir Luna, genauso unzufrieden, zu. "Ach, so schlimm war es nun auch wieder nicht", sagte Morgana, während sie an uns vorbeiging. Wie immer wirkte sie ausgeschlafen und voller Energie. Ungläubig schaute ich ihr nach. Wie konnte jemand auf einem dieser Betten gut schlafen? "Da muss ich Morgana zustimmen", ertönte plötzlich Serafinas Stimme. Ich und Luna drehten uns fast gleichzeitig zu ihr um und starrten sie ungläubig an. Sie ging jedoch einfach an uns vorbei, also blieb uns nichts anderes übrig, als ihnen zu folgen.

Wir gingen wieder zu der Leseecke, wo uns Tanmelia bereits erwartete. "Morgana, wärst du bereit uns nochmal in das Tunnelsystem zu begleiten?", fragte sie. Morgana nickte. "Ihr drei bleibt hier", sagte sie dann an uns gewand und ging mit Tanmelia davon. Wir nahmen uns wieder den Bücherstapel vor. Dieses mal laß ich vor, aber bereits nach einer halben Stunde legte ich das Buch wieder weg. Keiner von uns hatte Lust zu lesen. Es war einfach nur langweilig. Schon wieder alleingelassen. "Das ist ungerecht", murmelte Luna. "Du hast recht", sagte ich, stand auf und wollte gerade die Leseecke verlassen, als mich Serafina am Ärmel packte. "Wo willst du hin?", fragte sie mich verwundert. "Ins Tunnelsystem. Ich will wissen was da unten ist", sagte ich. Lunas Augen leuchteten auf. "Ich komme mit!", sagte sie fest entschlossen und sprang auf. Serafina ließ meinen Ärmel los und seufzte. "Ich komme mit. Ich kann euch da ja nicht alleine runter lassen", sagte Serafina. "Du wirst nicht versuchen uns aufzuhalten?", fragte ich überrascht. Serafina schüttelte den Kopf. "Ihr werdet ja eh nicht auf mich hören", sagte sie. Ich und Luna grinsten verlegen.

Zusammen gingen wir zum Geheimgang. Ich drückte den Kerzenhalter herunter und der Geheimgang öffnete sich. Im Gang war es dunkel und es roch nach nassem Sand. Wir blickten uns noch kurz an und betraten dann den Gang.

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