Kapitel 8

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Pepe:

Wie auf Kommando drehen wir uns zur Seite. Percine. Ihre hellbraunen Haare sind zu einem strengen Zopf gebunden, ihre feingliedrigen Hände stecken in schwarzen Lederhandschuhen, die bis zu ihrem Oberarm reichen, um die sensible Haut dort zu schützen. "Cin?", frage ich ungläubig. Sie nickt, lächelt strahlend und spielt beiläufig mit einem kleinen Dolch. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Fair schluckt. "Neue feste Freundin?", lacht Cin und zeigt vage auf Fair, während sie die langen Beine übereinander schlägt. Wir rufen beide gleichzeitig ein Nein, aber Priapos wiederholt seine "Wenn-du-wüsstest"-Floskel, was nicht so besonders hilfreich ist. Ich lasse von Priapos ab und setze mich aufrecht wie ein Wachhund auf die Tischplatte. Filius hat mir nie erzählt, dass es Cin überhaupt noch gibt. Bei ihrem Lebenswandel, der dem meines Bruders erschreckend ähnlich ist, hätte ich angenommen, dass sie schon vor fünf Jahren unter irgendeiner Brücke verstorben ist. "Siehst furchtbar aus.", stellt sie fest und blickt Fair unverschämt direkt in die Augen. Eiseskälte spiegelt sich in Fairs Gesicht wieder und ich bewundere es, dass sie sich einen Konter erspart. Cin allerdings nicht. Dass sie ignoriert wird, während sie jemanden beleidigt, sagt ihr nicht zu. Sie bohrt weiter. "Du bist also eine von denen, die zu blöd sind, ein Bild von einem Portal zu unterscheiden?" Priapos beißt sich vor unterdrückter Wut auf die Lippe während sich mir das Nackenhaar sträubt. "Schhhht.", macht Fair und streichelt über meinen Pelz. "Lass dich bloß nicht von so einer provozieren." Cins Dolch fliegt und bleibt um die Breite einer Spinnenwebe entfernt von mir im Tisch stecken. Fair pack ihn am Schaft, funkelt ihn verärgert an und pfeffert ihn geradewegs zu Cin zurück. Diese jedoch hat Reflexe wie eine Katze und fängt ihre Waffe aus der Luft. Dass sie Klinge ihre Handinnenfläche verletzt, kümmert sie nicht. "Ein Mädchen mit Feuer." Sie wischt das Blut ab und steckt den Dolch in ihren Gürtel. "Gefällt mir. Also, was ist der Plan?"


"Woher kennst du die alle?", fragt Fair und lässt sich auf das Bett fallen. Wir haben ein kleines Gästezimmer in der Kneipe arrangieren können. Wenigstens. Zwar hat Fair abgewunken, aber ich wollte sie nicht noch eine Nacht auf einem Boden schlafen lassen. "Priapos war der Letzte, der durch ein Portal kam. Anders als du ist er aber freiwillig hier. Er hat fast alle existierenden Portale abgeklappert und sämtliche Welten besucht." Sie knabbert an einem Fingernagel. "Wo kommt er her?" Genau weiß ich das selbst nicht. "Sein Planet heißt Artegorn. Mehr hat er nie gesagt."

"Und das Biest?"

"Cin? Ich meine, Percine?"

"Wer sonst?", ist Fairs Gegenfrage.

"Ehemalige Nachbarin."

Sie hakt nicht weiter nach, aber ich ahne, dass wir noch einmal auf Cin zu sprechen kommen werden. Fair gähnt und reibt sich die Augen, wobei der Rest ihrer Schminke verschmiert und sie ziemlich verwegen aussehen lässt.

"Darf ich etwas fragen?"

Sie nickt. "Nur zu."

Ich weiß nicht wie ich ansetzen soll, weil ich nicht zu persönlich werden möchte, aber dann sprudelt es einfach aus mir heraus. "Was vermisst du am meisten? Warum willst du unbedingt zurück?" Einen Moment verzieht Fair die Lippen und starrt gen Decke, als müsste sie darüber nachdenken. Sekunden verstreichen und ich bereue, gefragt zu haben. Ich hätte es besser wissen müssen.Aber entgegen meiner Erwartungen öffnet sie den Mund und meint:

"Es ist meine Heimat. Nichts bestimmtes. Nur das Gefühl, an einen Ort zu gehören. Einen wunderschönen Ort obendrein. Ich würde dir so gern London zeigen. Den Big Ben bei Nacht. Die Tower Bridge und Covent Garden. Oder Dublin, mit seinen hübschen Häusern und altmodischen Pubs. Die ganze Stadt lebt und leuchtet."

So, wie sie es beschreibt, würde ich es so gern sehen wie sie es mir zeigen will.

"Wer weiß.", sage ich schwach. "Wenn du nicht hinsiehst, hüpfe ich hinter dir durch das Portal."Sie lächelt müde. Wir wissen beide dass es nicht gehen würde, aber wir wagen es nicht, das auszusprechen.

"Hast du keine Familie?"

Fair zuckt mit den Schultern.

"Schon. Aber wir haben nicht das beste Verhältnis... am liebsten war mir immer meine Tante Ellis, aber die ist inzwischen tot."

Ich habe mir Fair auch nicht in einer Bilderbuchfamilie vorgestellt. Sie hat vom ersten Moment an ausgesehen wie eine einsame Kämpferin, nicht wie eine glücklich verheiratete Frau und liebende Mutter. Nicht wie eine Frau, die jeden Abend fröhlich kocht und zufrieden den Haushalt schmeißt.

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⏰ Last updated: Feb 28, 2019 ⏰

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