15.2 Diamáchi - Streit

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„Medeia", flüsterte sie, als ihre Schwester sich drohend vor ihr aufbauet, den Speer zum Angriff in die Luft erhoben. „Bitte."

Die Metallspitze surrte nach unten. Metallenes Klirren hallte von den Wänden erneut wider und ging in Aineas' Schmerzschrei unter, als er zu Boden ging.

Der Schild, den er blitzschnell aufgesammelt und vor sich gehalten hatte, als er sich vor Theia geworfen hatte, bog sich in der Mitte nach innen ein.

„Bist du vollkommen übergeschnappt?", keuchte er und rappelte sich auf. „Das ist deine Schwester!"

Diese stierte ihn mit aufgerissenen Augen an und hatte sich von dem kurzen Schock seines Einmischens erholt. Sie holte erneut mit dem Speer aus, spannte die Muskeln in ihren Armen an und stieß erneut zu.

Dieses Mal konnte der Schild den Schlag nicht abwehren. Das schartige Metall barst auseinander, als die Speerspitze ihn aus nächster Nähe traf. Aineas stürzte mit einem weiteren Schrei zu Boden und rollte sich zur Seite, wobei er den zerstörten Schild von sich warf.

Theia hatte die Zeit genutzt, die der Junge ihr verschafft hatte und sich aufgerappelt. Sie sprintete von der Säule weg, die ihr in den Rückweg versperrt hatte und hielt ihr Schwer mit beiden Händen umklammert vor sich. Der Gang, aus dem sie gekommen waren, lag hinter ihr.

„Hör jetzt auf damit, Medeia. Du bist nicht bei Sinnen, aber das bekommen wir wieder hin. Denk einfach an die schönen Zeiten zurück", sagte sie langsam und wich immer weiter zurück, während Medeia mit ihrem Speer auf sie zukam. „Wie wir zusammen im Teich geschwommen sind. Denk doch an Vaia und Lyra! Lyra hat dich mal mit zum Jagen genommen und danach wolltest du drei Wochen lang kein Fleisch mehr essen. Du hast dich die erste Nacht in meinem Bett verkrochen, weil du Angst hattest, das tote Wild würde sich an dir rächen. Weißt du noch?"

Medeia nahm die Worte ihrer Schwester zwar wahr, aber verstand sie nicht. Vollkommen verblendet vor Zorn stürmte sie erneut vor, strauchelte, als das Gewicht des Speers sie behinderte und stürzte dann zu Boden.

„Medeia!", rief Theias aus und warf ihr einen besorgten Blick zu, beging aber nicht den Fehler zu ihr zu laufen.

Mit aufgeschürften Knien rappelte sie sich langsam wieder auf.

Siehst du, wie sie sich vor dir fürchtet? All die Jahre, in denen sie dich herumkommandiert hat, vergeudetet! Sie ist viel schwächer als du es bist, Medeia. Du bist nicht nur die intelligentere von euch beiden, sondern auch die stärkere. Was auch immer sie gedacht hatte, dir voraus zu sein, es sind alles Lügen! Theia ist ein Nichtsnutz und was geschieht in einer grausamen, vergebungslosen Welt mit Nichtsnutzen? Die heisere Frau sprach sanft in Medeias Gedanken, wie zu einem eigenen Kind.

„Nichtsnutze sind schwach und Schwäche wird bestraft", erklang die Stimme der alten Frau hinter der Säule, leise und melodisch. Sie wackelte hervor aber dieses Mal war sie keine alte Frau mehr.

Die grauen Strähnen waren tiefschwarz wie die Nacht, ihr Gesicht war oval und hübsch, mit gebräunter Haut und geschwungenen Augenbrauen, die sie in die Höhe gezogen hatte. Aus intelligenten, dunkelblauen Augen sah sie die beiden Schwestern an, ihr Blick voller Gier. Sie leckte sich über die vollen, roten Lippen. „Bestrafe sie, Medeia."

„Was?", rief Aineas verwirrt aus und rappelte sich auf.

„Ich wusste, man kann Ihnen nicht trauen!", schrie Theia wütend und stürmte vor. Sie machte einen weiten Bogen um Medeia, die einen Moment zu spät realisierte, was ihre Schwester vorhatte.

„Schwach", sagte die Frau mit dunkler Stimme und im nächsten Augenblick war sie verschwunden. Sie tauchte hinter Aineas auf, der panisch herumwirbelte, als sie ihm gegen das Ohr pustete. „Zu schwach."

LavýrinthosWhere stories live. Discover now