15.2 Diamáchi - Streit

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„Oh je, oh je, oh je", murmelte die alte Dame. Langsam wackelte sie hinter die Säule. Sie kicherte leise.

Gut! Ja, gut! Zeig ihr, aus welchem Holz du geschnitzt bist, Medeia! Du bist die bessere Schwester, ich weiß es!

Von den Worten der Stimme angestachelt, wirbelte Medeia ihren Speer durch die Luft und lief auf ihre Schwester zu. Sie hatte noch nie zuvor mit solch einer schweren Waffe gekämpft. Den Speer zu halten war die eine Sache, aber ihn auch wirklich zu nutzen, eine vollkommen andere. Aber es kümmerte sie nicht, wie es aussah, wenn sie ihre Waffe behelfsmäßig hielt. In diesem Moment wollte sie siegen; wollte ihrer Schwester das Zepter entreißen und herrschen.

„Medeia, hör auf damit!", rief Theia. Im nächsten Augenblick schrie sie vor Schmerz auf, als die Speerspitze ihren Unterarm streifte. Ihre Haut zeigte einen tiefen Riss. Sie stolperte zurück und drückte sich die Faust auf die blutenden Wunde.

„Theia!" Aineas eilte an ihre Seite und drückte ihr seinen Schild in die Hand. „Wir müssen sie überwältigen!"

„Ich weiß", knurrte sie zornig und verletzt zugleich. „Was ist nur in sie gefahren?"

„Keine Ahnung", erwiderte er, aber Medeia ließ ihm keine Zeit mehr eine Vermutung aufzustellen.

Sie stürmte vor, den Schaft des Speeres an ihre linke Seite gepresst während, sie ihn mit der rechten Hand fixierte. Die Spitze deutete geradewegs auf Aineas' Herz.

Theia stieß den Jungen beiseite und rollte sich ebenfalls aus Medeias Pfad, rappelte sich aber flink auf und stieß vor.

Von ihren Emotionen beflügelt und erblindet, wirbelte die Jüngere herum. Sie schlug ihrer Schwester mit dem Holzschaft gegen die Hüfte.

Diese stolperte erneut zurück, die Lippen aufeinandergepresst.

Medeia ließ ihr keine Pause. Sie drehte den Speer in ihrer Hand herum, rammte mit der Spitze vor.

Theia schaffte es, die Spitze mit dem Schild abzulenken, stolperte durch den Aufprall aber weiter zurück. Ein Holzsplitter flog in die Luft.

„Lass den Unsinn! Du hast deinen Punkt klar gemacht, Medeia! Lass uns darüber reden, verdammt!", schrie sie ihre Schwester an, aber Theias Worte drangen nicht durch ihre Ohren.

Ihre Sicht war rot. Die Augen fixierte sie auf Theias Gliedmaßen und stieß immer wieder zu, auch wenn ihre Stöße langsam und ungelenk waren.

„Hör auf!", brüllten Theia und Aineas gemeinsam, aber wo der Junge lediglich zusehen konnte, da er sonst Gefahr lief, ohne jede Verteidigung ihrem Speer ausgeliefert zu sein, musste das Mädchen den Schlägen, Stößen und Hieben ihrer Schwester ausweichen. Leises Knacksen vermischte sich mit dem panischen Atmen der Kinder und dem Echo ihre schallenden Schritte.

Medeia stieß vor, drehte während des Schrittes ihren Körper zur Seite und drückte ihrer Schwester den Unterarm samt Ellbogen in die Rippen. Vor Schmerzen aufstöhnend stolperte sie zurück und krachte mit dem Rücken gegen eine der Säulen.

Keuchend hielt sie den Schild vor sich und kniff ein Auge zu. „Medeia, bitte", hauchte sie. „Ich will dir nicht weh tun."

Das Mädchen hörte die Worte nicht. Sie sah, wie der Mund ihrer Schwester sich bewegte, aber kein Ton drang an ihre Ohren. Taub und blind vor Rachsucht und Wut stürmte sie erneut vor.

Töte sie!

Theia schaffte es, den Speer erneut mit ihrem Schild abzuwehren, aber der Aufprall schickte sie zu Boden. Mit einem metallischen Klirren fiel ihr das Schwert aus der Hand. Tränen bildeten sich in ihren Augen.

LavýrinthosWhere stories live. Discover now