Prolog

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Sie ging die langen, dunklen Flure des Schlosses entlang ohne ein Geräusch zu machen. Die Fackeln an der Wand flackerten und wenn sie an ihnen vorbeiging, leuchteten sie hell auf. Sie bog um die Ecke in den Korridor, in dem sich die Schlafgemächer befanden, als sie es sah. Es war nur ein winziges Detail, aber sie wusste sofort, was es bedeutete: Die Fackel, die etwa zwei Meter von ihr entfernt an der Wand hing, erstrahlte kurz, begann dann zu flackern und erlosch schließlich gänzlich. Da stand er, eingehüllt in Dunkelheit und Kälte, und sah sie aus schwarzen Augen an. Allein seine Anwesenheit ließ ihr die Nackenhaare zu Berge stehen. Doch sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. "Was willst du?"
"Eine Nachricht überbringen, meine Schöne." Seine Augen funkelten, als er sie so ansprach. So wie er es immer getan hatte. Jetzt jedoch sagte er es kalt, spöttisch und abschätzig.
"Ich höre?" Auch ihre Stimme war jetzt kühl. Sie wollte ihn wissen lassen, dass sie in ihrem Haus die Oberhand hatte. "
Drei Jahre." Seine Augen wurden noch dunkler, sie schienen das Licht der Umgebung förmlich einzusaugen. "Drei Jahre, dann werden wir angreifen. Ich will, dass du vorbereitet bist, wenn wir kommen."
"Wir? Du bist allein, du hast keine Anhänger."
"Oh Schätzchen, bis dahin wird die Hälfte deines Volkes meiner Armee angehören."
"Es ist nicht mein Volk. Und sie werden dir niemals folgen."
"Nun ja" Er zögerte um ihre Reaktion abzuwarten. "Nicht freiwillig."
Sie erstarrte. Das konnte er nicht ernst meinen. Was hatte er vor? "Hältst du es für sinnvoll unser Volk zu zerstören? Das ist –."
"Sag du mir nichts von Zerstörung! Du hast keine Ahnung davon. Aber die wirst du bekommen!"
Er zog sein Schwert schwungvoll aus der Scheide. Die schwarze Klinge funkelte wie Turmalin und der kupferfarbene Griff begann zu glühen. Sie krümmte sich, stürzte zu Boden und ihr ganzer Körper begann zu zittern. Er kam auf sie zu und die Fackeln entlang der Gangs erloschen. Die einzige Lichtquelle war der inzwischen leuchtende Griff seines Schwerts. Er drehte es in der Hand und sah auf sie hinab. Dann hob er das Schwert an und ließ es auf sie hinuntergehen. Sie drehte sich weg und griff blind hinter sich. Ruckartig zog sie eine erloschene Fackel aus ihrer Halterung und parierte den zweiten Schlag ihres Gegners. Zu mehr war sie nicht im Stande. Er ging vor ihr in die Hocke und hob ihr Kinn an. Ihre Augen blickten in seine; Goldbraun in Schwarz. Er musterte sie von oben bis unten. Dann hob er die Klinge erneut und führte sie an ihren Hals, sodass das schwarze Metall ihre Haut berührte. Ihr langgezogener, qualvoller Schrei hallte von den Wänden wieder und schon hörte er die Schritte der Wachen.
"Du wirst wissen, was Zerstörung ist", flüsterte er und verschwand in der Dunkelheit.

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