11.2 Thermótita - Hitze

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Aber natürlich hast du das. Du bist doch die Intelligente von euch beiden, flüsterte die heisere Frauenstimme in Medeias Kopf und innerlich stimmte sie ihr zu.

„Wir sollten eine Rast einlegen", schlug Aineas vor. „Wir sind sicherlich schon Stunden gelaufen."

„Einverstanden", gab Medeia zurück.

Die drei Kinder ließen sich an Ort und Stelle auf dem Boden nieder, setzten sich im Schneidersatz in einen Halbkreis und Medeia platzierte ihren Speer sicher neben sich, hielt ihn so dicht, dass ihre auf dem Stein ruhenden Fingerspitzen noch immer den Holzschaft berührten.

„Wurdest du ausgewählt oder bist du freiwillig gegangen?", fragte Theia an Aineas gewandt. Ihre Körperhaltung verriet Medeia, dass sie noch immer bereit war, im Falle des Falles, dass sie doch etwas gehört haben wollte, aufzuspringen und zu flüchten.

„Ausgewählt", erwiderte Aineas. „Für meinen Vater ein ziemlicher Schock. Er arbeitet als Priester der Aphrodite in einem kleinen Tempel außerhalb der Stadt und wollte, dass ich als ältester Sohn sein Erbe antrete."

„Wie viele Geschwister hast du?", fragte Medeia interessiert.

„Zwei. Einen Bruder und eine Schwester. Aber sie hatten nicht so viel Glück wie ich mit ihrem Aussehen." Für einen Moment kehrte der arrogante, überhebliche Unterton in seine Stimme zurück und selbst seine Augen funkelten so, als würde er seine Schönheit über die von Narziss stellen. „Mein Vater sagt immer, ich wäre ein Ebenbild der Liebe."

Medeia konnte verstehen, wieso Aineas' Vater das sagte, fand aber dennoch, dass er damit den Grundstein für die Arroganz des Jungen gelegt hatte.

„Was ist mit euch?"

„Medeia wurde ausgewählt und ich bin mit meinen Schwestern hier, um sie zu schützen", erklärte Theia und schnaubte kurz. „Keiner unserer Brüder hat eine Miene verzogen, als wir gegangen sind."

„Sie vermissen uns sicherlich trotzdem und beten für unsere heile Wiederkunft", sagte Medeia mit überzeugter Stimme, aber Theia schüttelte nur abfällig den Kopf.

„Und selbst wenn. Sie sind schwach. Wir brauchen sie sowieso nicht. Seit Mutter und Vater gestorben sind, kommen wir wunderbar ohne ihre Hilfe aus."

„Aber auch nur, weil du und Lyra uns so gut mit Nahrung versorgen können", erwiderte Medeia.

Damit entlockte sie ihrer Schwester ein stolzes Grinsen. „Zwei Jägerinnen erlegen eben doppelt so viel Fleisch, wie eine."

„Und wenn wir Vaia nicht hätten, dann wären wir arm wie die Tempelratten."

„Klingt so, als wärt ihr ein ziemlich guter Trupp", bemerkte Aineas mit einem Lächeln auf den Lippen. „Meine Geschwister wären dazu nicht fähig... ich mag mir gar nicht ausmalen, wie es ihnen ohne mich ergeht. Vater ist oft für mehrere Tage nicht zuhause und normalerweise habe ich dann dafür gesorgt, dass die beiden etwas zu Essen bekamen und ihre Kleidung gewaschen wurde."

„Was ist mit eurer Mutter?", fragte Theia mit neugieriger und rücksichtsloser Stimme.

Medeia unterdrückte den Drang, frustriert aufzustöhnen. Ihre Schwester konnte manchmal wirklich unsensibel sein.

„Sie starb", erwiderte er knapp, aber es klang nicht so, als würde ihn das wirklich bekümmern. Sie fragte sich, was geschehen war, dass er so ein schlechtes Verhältnis zu seiner Mutter gehabt hatte, dass ihn nicht einmal ihr Tod mitzunehmen schien.

„Das tut mir leid", sagte Medeia trotzdem, auch wenn sie sich sicher war, dass es ihm nicht sonderlich viel bedeuten würde.

Aineas schenkte ihr dennoch ein schwaches Lächeln, wahrscheinlich als Dank für ihre Höflichkeit.

LavýrinthosWhere stories live. Discover now