✋︎" 𝔦ᑎรỖᗰNᶤ𝒆 "

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Erwin hatte große Mühe seine, vor Müdigkeit schwer gewordenen Augen, offen zu halten. Den Kopf auf den großen Händen gestützt, saß er am Schreibtisch und las den ersten Satz des letzten Einsatzprotkolls zum vierten Mal. Die Buchstaben schienen, im warmen Goldschein der Schreibtischlampe vor ihm, zu schwimmen und sich zu neuen, unbekannten Wortgebilden zusammen zu setzen, die in seinen verworrenen Gedanken keinen Sinn ergaben. Der Kommandant ließ erschöpft sämtliche Luft aus seinen Lungen entweichen und fuhr sich durch die verwuschelten Haare. Mit langen Fingern raufte er sich verzweifelt die blonden dicken Locken, die schon vor einigen Stunden dem Drang der Schwerkraft nachgegeben und sich aus der so mühsam nach hinten gestylten Soldaten Frisur gelöst hatten.

Der Abend war schon längst in die dunkle Nacht übergegangen. Die Schatten waren miteinander zu einer einheitlichen Dunkelheit verschmolzen und zwischen den dichten, stolzen Baumkronen der Bäume, die vor seinem Fenster standen, konnte Erwin das kühle Leuchten der Mondsichel ausmachen, das die freien Felder in der Ferne in einem gespenstischen Licht erhellte. Erwin legte den Kopf in den Nacken und starrte für einen kurzen Moment an die Zimmerdecke, erlaubte sich die Erschöpfung, die sich in seine Knochen und Muskeln eingefressen hatte, zu spüren. Der erschöpfte Kommandant beschloss die Arbeit fürs erste ruhen zu lassen, sodass er sich selbst die gebliebenen angebrochenen Stunden des neuen Tages ausruhen konnte. Er löschte die Schreibtischlampe und stand mit knackenden Gelenken auf, Streckte sich ausgiebig und spürte jeden verrenkten Muskel und jeden Blauen fleck an seinem Körper. Das Mondlicht das nun als einzige Lichtquelle den spärlichen Raum erhellte, wirkte dumpf und zurückhaltend im Vergleich zu dem Gold der elektrischen Lampe.

Nachdem Erwin seine Klamotten an die Stuhllehne verloren hatte, und nur mit seiner Unterwäsche zwischen den weichen Decken lag, war er hellwach. Wie bei einer ausgeblasenen Kerze, so war seine Müdigkeit verschwunden und auch nach mehreren einsamen Minuten in denen er vergeblich seine Erschöpfung suchte, kehrte diese nicht zurück. Frustriert und genervt drehte sich der Blondhaarige auf die rechte Seite, sodass sein trainierter Rücken der Tür zu gewandt war und starrte an die dunkle Wand. Gerade überlegte er ob er, wenn er ohnehin schon keine Ruhe fand, seine Arbeit nicht einfach wieder aufnehmen sollte als ein leises aber hörbares knarren hinter ihm, seine Gedanken verstummen ließ. Die Scharniere der Tür quietschten und Erwin konnte zwei Tapsige Schritte auf dem Holzboden ausmachen. Dann ein rütteln. Die Tür wurde wieder zu gemacht. Ein rascheln erklang, das sich stark nach Klamotten anhörte und Erwin fragte sich ob der unerwünschte Besucher gerade dabei war seine Uniform vom Stuhl zu klauen.

Verwirrt und (er würde es sich nie eingestehen aber) mit pochendem Herzen fasste er mit einer langsamen, unauffälligen Handbewegung unter das Kopfkissen. Er umgriff den kühlen Griff des Jagdmessers und war bereit sich umzudrehen als sich plötzlich die Matratze hinter im senkte und noch bevor er irgendwie reagieren hätte können, sich zwei schlanke Arme um seine Taille legten. Erwins Anspannung wich aus allen Gliedern als er leise in sich hinein lächelte. Levi rückte seinen schmalen Körper hinter ihm zu Recht, sichtlich darauf bedacht Erwin nicht zu wecken aber gleichzeitig auch offensichtlich unzufrieden damit, der große Löffel zu sein. Etwas Kaltes presste sich an Erwins Nacken und ein ruhiger warmer Atem strich über die Haut dort. Levi hatte seine Nase etwas unterhalb Erwins Ohr gelegt, etwas was er immer zu tun pflegte. Etwas was Erwin zu lieben gelernt hatte.

Erwin verspürte das Bedürfnis den kleineren in seine Arme zu schließen und die, für beide, vertraute Position einzunehmen, bei der der Schwarzhaarige halb auf Erwins Brust lag und Erwin seine muskulösen Arme schützend um ihn schlang. Aber als er aus dem Nichts einen leichten Druckpunkt am Rücken spürte hielt er in der Bewegung inne. Levi verflocht die Beine mit Erwins und dieser wäre beinahe zusammen gezuckt als Levis kalte Füße sich zwischen seine Waden legten.

Der leichte Druck wanderte in Schlangenlinien, wie es dem Blonden schien, seinen unbekleideten Rücken hinab und beschrieb unbekannte Muster, die dem Größeren einen ungewollten Schauer bescherten. Er hörte Levis leises, zufriedenes brummen. Ein dunkler Ton, schwer mit Müdigkeit.

Levi malte geistesabwesende Linien auf den Rücken seines Liebhabers. Diese Nacht war seine Insomnie besonders schlimm gewesen. Er war es gewöhnt kaum Ruhe zu finden, aber an normalen Tagen waren ihm dennoch gute drei Stunden traumloser Rast gewährt. An guten sogar vier. Aber in dieser Nacht, schien ihm alles verwehrt geblieben. Er hatte Stundenlang wach und mit Frustration in den schmerzenden Gliedern zwischen den Laken gelegen und seine Gedanken nicht abstellen können.

Plötzlich hatte er Erwin vermisst. Dessen große, starke Arme in denen der schwarzhaarige immer eine wohlschmeckende Ruhe fand. In denen er sogar einmal bis zu sieben volle Stunden geschlafen hatte. Er konnte sich zwar nicht erklären warum sein Vorgesetzter einen solch großen Effekt auf ihn hatte, aber er hatte schon vor einer geraumen Zeit aufgehört diesen zu hinterfragen. Der Gedanke an den Blondkopf hatte ihn fast zur völligen Frustration getrieben. Und so war er einfach über den Gang hinüber in sein Zimmer gekommen. Levi wollte es sich nicht eingestehen, aber er war auf eine selbstsüchtige Weise enttäuscht dass sein Geliebter schon schlief. Er hasste es der große Löffel zu sein. Er liebte es von Erwin gehalten zu werden. Natürlich würde er so etwas niemals laut aussprechen. Aber das musste er auch gar nicht. Der Andere verstand ihn, schweigend und nachsichtig wie er war, und empfing in gerne mit geöffneten Armen. Levi presste seine kalte Nasenspitze gegen die warme Haut Erwins und rückte noch eher an den großen, gut gebauten Körper heran. Mit dem Zeigefinger schrieb er geistesabwesend irgendwelche Wörter auf den nackten Rücken vor ihm. Zuerst fuhr er nur ehrfürchtig und liebevoll die feinen Muskeln nach die sich unter der vernarbten Haut abzeichneten. Dann schrieb er Nachrichten auf die vertraute Haut. Wenn mich meine Kadetten so sehen könnten, schoss es ihm durch den Kopf und vervollständigte seinen Satz mit einem „h". Da lag er. Der stärkste Soldat der gesamten Menschheit. Und schrieb „Ich liebe dich" auf den Rücken eines anderen Mannes. Beinahe erschrak er vor sich selbst aber ihm war es schon vor einigen Wochen klar geworden. Was zuerst nur eine einmalige Sache und später eine gelegentliche, unkomplizierte Affäre, geworden war ging ihm seit einiger Zeit mehr unter die Haut als er es eigentlich zu lassen wollte. Mehr als er es eigentlich für möglich gehalten hätte. Levi wusste nicht was Liebe war. Er war sich nicht sicher ob das was er für den großen Blonden Mann empfand der dort in der Dunkelheit vor ihm lag und der so einen großen Effekt auf ihn hatte Liebe war oder einfach nur tiefes, pures Vertrauen. Aber egal was es war, ohne es konnte und wollte der Schwarzhaarige nicht mehr auskommen müssen. Er schrieb den Satz, den er noch nie zuvor laut ausgesprochen hatte, noch ein weiteres und letztes Mal auf die nackte Haut und legte dann seinen müde gewordenen Arm über die Hüfte des Kommandanten, bereit dem Schlaf eine weitere Chance zu gewähren als der Körper vor ihm sich plötzlich umdrehte und er sich von einem Moment auf den anderen in den warmen starken Umarmung wieder fand, die er so sehr begehrt hatte. Überrascht keuchte er auf ließ ich aber sofort in die vertraute Berührung fallen.

Er vergrub die kalte Nase nun an der Stelle wo Erwins hals in dessen Brust überging und inhalierte seinen eigen Geruch. Erwin schlang die arme um seinen Geliebten und brachte sie mit geübten Bewegungen in ihre normale Position. Er vergrub seine eigene Nase in das dichte Haar von Levi und küsste ihn mehrmals auf den Scheitel.

„Ich liebe dich auch Levi!"

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 01, 2018 ⏰

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Eruri - "Insomnie" - ErwinxLeviWo Geschichten leben. Entdecke jetzt