2. Kapitel

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Selbstsicher und mit kaltem Blick holte Minerva ihre eigene Waffe hervor und ging auf ihn zu. Menschen schrien und liefen von dem Mann und ihr weg.
"STEHEN BLEIBEN!", schrie der Mann, dessen Alter Minerva zwischen 30 und 40 schätzte.
Sie schoss ihm direkt vor die Füße, sodass er vor Schreck seine eigene Waffe fallen ließ.
"Niemand richtet eine Waffe auf mich und kommt ungeschoren davon", sprach sie mit einer Kälte in der Stimme, die man nur einem Todesengel zutrauen würde.
"B-bitte!", flehte der Mann, doch Minerva schlug ihm erbarmungslos ihre Waffe gegen die Stirn.
Er sank augenblicklich zu Boden. Sie stellte einen Fuß auf seinen Rücken, steckte ihre Pistole weg und holte stattdessen ihr Handy hervor. Aiber kam auf sie zugelaufen, während sie eine Telefonnummer auswendig tippte.
"Ist alles in Ordnung? Was ist hier passiert?", fragte der Blonde sie besorgt.
"Kein Grund zur Sorge. Übernimm ihn mal", forderte Minerva ihn auf.
Aiber sorgte dafür, dass sich der Mann nicht rühren konnte. Er gab leise Laute von sich.
"Ja, M?", ertönte Wataris Stimme.
"Hey, Watari. Wir haben hier einen Unruhestifter. Schick einen Polizeiwagen zur -"
"Minerva!", zog Aiber ihre Aufmerksamkeit auf sich. "Er hat deinen Namen gesagt."
Erschrocken blickte sie zu Aiber, dann zu dem Fremden unter ihm. Sie ging auf ihn zu und hockte sich zu ihm, um das Gemurmel zu verstehen.
"Minerva ... ist M. M muss sterben."
Die Schwarzhaarige erhob sich ruckartig und trat gegen seinen Kopf, damit er augenblicklich bewusstlos war.
"Minerva, ist alles in Ordnung?", fragte Watari.
"J-ja. Nein. Vergiss den Polizeiwagen, hol mich ab."
"Sofort."
Der große schwarze Van erschien auch schon nach wenigen Minuten. Aiber schliff den immer noch bewusstlosen Mann auf den Rücksitz, auf dem sich auch L befand. Minerva war nicht begeistert, ihn zu sehen, und das verbarg sie auch nicht.
"Wer hat gesagt, dass du auch kommen sollst?", fragte sie und setzte sich neben Aiber.
"Niemand", erwiderte der Detektiv.
Seine schwarzen Augen lagen auf seiner mürrischen Mitbewohnerin. Sie hatte ihre Arme verschränkt und sah stur aus dem Fenster, an dem sie saß. Aiber sah nur gen Boden und unterdrückte ein schwaches Lächeln. L verstand schnell, dass es zwischen Minerva und Aiber eine Auseinandersetzung gegeben hatte. Dies war nichts Verwerfliches, denn die junge Frau hatte ein hitziges Gemüt.
Nachdem sie vor dem modernen, zweistöckigen Haus angehalten hatte, wurde der Unruhestifter in den Keller gebracht. Dieser glich einem Verhörraum eines Polizeireviers, aufgrund der vielen, kalten Räume, die durch undurchsichtiges Glas getrennt wurde. Auf Minervas Aufforderung hin, legte Watari ihm Handschellen an. L und Minerva setzten sich an das Fenster, durch das sie den Fremden beobachten konnten. Er dagegen konnte bloß dunkles Glas erkennen.
"Du warst hilfreich, Aiber. Du kannst jetzt gehen", sagte Minerva, wobei sie ihren Freund nicht ansah.
"Klar", seufzte er schief grinsend, "ich bin weg."
Als hinter den beiden Detektiven die Tür geschlossen wurde, breitete sich eisige Stille aus. Die junge Frau wusste nicht, ob sie von Aibers Worten rasend vor Wut oder von dem Angriff des Mannes geschockt sein sollte.
"Wie konnte der Mann dich so sehr verunsichern, dass er hier landet?", fragte L schließlich leise.
In der Stille erklang es laut.
"Ich bin nicht verunsichert", fuhr sie ihn noch an, bevor er seinen Satz beendet hatte.
Minerva beruhigte sich jedoch wieder schnell. "Er hat meinen Namen gesagt. Meinen echten Namen Minerva sowie mein Pseudonym M." L sah sie das erste Mal, seit sie Zuhause angekommen waren, direkt an. Als sein Blick auf sie traf, durchfuhr sie ein Schlag.
"Dein Name wurde zur Lösung des Kira-Falls auf SakuraTV preisgegeben. Es wurde auch erwähnt, dass du Black Flash bist. Die Frage ist, wie der Mann erfahren hat, dass du M bist", fasste L zusammen.
"Was du nicht sagst", knurrte sie.
Ihre kalten Augen lagen noch immer auf dem Unruhestifter. "Ich habe Watari die Schusswaffe gegeben. Er untersucht die Fingerabdrücke." L antwortete nicht, er war beschäftigt, seine Partnerin zu analysieren. Minervas Augen wirkten erbarmungslos und aufgewühlt zugleich. Ihrer Körperhaltung zufolge, wollte sie nicht hier sein. Sie fühlte sich unwohl in ihrer Haut. Dann schien in ihren blauen Augen etwas auf. Fasziniert betrachtete L den Ausdruck. Ihre Hand führte sie zu einem Knopf, ihre Lippen zu einem Mikrofon.
"Können Sie sich erinnern, weswegen Sie hier sind?", fragte sie.
Ihr Stimme wurde mechanisch verstellt, doch die Ernsthaftigkeit konnte man trotzdessen hören. L sah zu dem Mann, der gerade aufgewacht war. Er wirkte verwirrt. "Antworten Sie."
Minerva war ungeduldig, doch das war nichts Neues für L. Der Gefangene blickte sich im Raum um.
"Ja", raunte er schließlich.
"Sie haben eine Frau mit einer Schusswaffe bedroht, doch diese konnte sich mittels Selbstverteidigung retten. Haben Sie etwas dazu zu sagen?"
Der Fremde antwortete nicht sofort.
"Ich bin nicht auf der Polizeiwache, oder?"
"Sie sind mit der Wache vertraut", stellte die Ermittlerin fest.
Er lächelte nur schief, doch in den dunklen Augen erkannte man Angst.
"M-minerva ... Das ist doch dein Name, oder?", sagte er mit zittender Stimme.
Die Angesprochene biss die Zähne zusammen. Ihr Finger wurde weiß, da sie so fest auf den Knopf drückte. "B-bitte vergib mir."
Sie reagierte nicht, sie konnte nur schlucken. L umfasste ihr Handgelenk und schob es vorsichtig doch bestimmend weg. Das Mikrofon wurde zu ihm gedreht.
"Wir würden gerne Ihren Namen erfahren", sprach er ruhig.
Der Mann schien mit den Nerven am Ende zu sein.
"Ich will nicht sterben", hauchte er verzweifelt.
"Solange Sie in unserer Obhut sind, haben Sie nichts zu befürchten."
"Nein ... Er wird mich finden und bestrafen, das hat er mir versprochen", weinte er dahin.
"Wer hat Ihnen das versprochen?"
Der Mann sank nur kopfschüttelnd in sich zusammen. Watari erschien hinter den Ermittlern. L ließ den Knopf los und schenkte ihm seine Aufmerksamkeit, während Minerva den Mann nicht aus den Augen ließ.
"Wir haben es mit Aburame Kenichi zu tun", berichtete der alte Mann.
Minerva ließ den Namen in ihrem Kopf wiederhallen. "Aburame ist 38 Jahre alt und aufgrund schweren Diebstahls vorbestraft. Er besitzt keinerlei Angehörige."
Minerva sah, wie Aburame sie direkt ansah und seine Lippen bewegte. Wie in Trance, führte sie ihre Hand zu dem Knopf, um ihn hören zu können.
"... dich zu töten und ich war kurz davor, aber dann - dann sah ich dich. Du entsprachst seiner Beschreibung, aber doch sahst du anders aus. Viel jünger und schöner, als ich es mir vorgestellt habe. Es war mir nicht möglich, dich zu töten. Ich erkannte, wie ungerecht das gewesen wäre. Die Welt braucht dich noch viel zu sehr, Minerva."
Die Schwarzhaarige schnaubte und erhob sich von ihrem Platz. Der Lautsprecher verstummte schlagartig, so erklangen ihre Schritte viel lauter. Minerva benötigte Zeit für sich, um das Erlebte Revue passieren zu lassen. Nachdem sie sich alles durch den Kopf gehen lassen würde, würde womöglich das drückende Gefühl verschwinden.

Minerva [L x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt