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Seine Augen glühten in diesem gefährlichen rotem Ton, während allen anderen der Angstschweiß ausbrach. Unruhige Stimmen machten sich bemerkbar und wurden zunehmend lauter. Die Schüler versammelten sich und bildeten einen Kreis der Schaulustigen. Alle wussten, was passieren würde. Und sie wollten in der ersten Reihe stehen, wenn es geschah. Wenn Enjo sie bestrafte.
Die drei würden brennen.
Solange, bis nichts mehr von ihnen übrig war. Solange, bis selbst der Wind vergessen hatte, wer diese Kerle gewesen waren. Niemand würde sich an sie erinnern.
Eine verdiente Strafe, dachte Enjo.
Sie hatten sie beleidigt und sich über ihre Narben lustig gemacht. Dafür verdienten diese Kerle den Tod. Diese feigen Bastarde waren Niemande und er würde dafür sorgen, dass es auch so blieb.
"Es tut uns leid!"
"Echt Mann! Wir wollen keinen Stress. Es war nur Spaß!", jammerten die drei Jungs um die Wette. Sie waren eher schmächtiger Natur mit braunen Haaren und nichtssagenden Gesichtern, die man sofort wieder vergaß. Vielleicht hatten sie sich gerade deshalb Ashlynn ausgesucht.
Weil, obwohl sie vernarbt und verunstaltet war, ein Jemand und keine Außenseiterin war. Sie war nicht nur ein Mädchen mit einem Namen, den ein paar Freunde kannten. Nein, jeder in dieser Stadt kannte Ash. Jeder wusste woher ihre Narben stammten - oder glaubten es zu wissen. Jeder wusste, wer dieses kleine Mädchen war. Aber was wirklich jeder Bewohner dieser Stadt wusste, welche Regeln wirklich jeder kannte: Spreche niemals über ihre Narben, erwähne niemals ihre Herkunft und um deines eignen Lebens willen, mach dich nie über diese Narben lustig.
Niemals.
"Komm Enjo, es war nur Spaß!", versuchte es der minimal größte der Drei und versagte elendig. Enjo stand vor ihnen, eine Mauer aus heißer, schneidener Luft. Er brannte nicht - noch nicht. Die drei hatten Pech gehabt. Genau in dem Moment, indem sie sich über Ashlynns Narben lachten, hatte er das Schulgebäude betreten. Und nun hatte die gesamte Schülerschaft der kleinen, amerikanischen Highschool in dieser kleinen, eher unbekannten amerikanischen Stadt noch vor acht Uhr eine kleine Showeinlage.
"Enjo! Lass den Scheiß!", rief jemand aus der Menschenmenge und trat hervor. Sie war klein und dicklich, genauso unscheinbar, wie die drei Jungs, die kauernd auf dem Boden hockten. Doch etwas unterschied sie grundlegend von diesen Witzfiguren. Sie kannte Ash und vielleicht noch wichtiger, Enjo kannte sie. Vielleicht würde er aufhören, bevor dieser Irrsinn erst begann.
"Ash würde das nicht wollen", sagte sie voller Überzeugungen. "Wir kennen sie beide gut genug. Wenn sie gleich kommt und dich so sieht, wird sie dir den Hals umdrehen."
Nicole mochte vielleicht recht haben, doch Enjo konnte einfach nicht anders. Es war ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Er musste diese Kerle bestrafen, wie sonst sollten sie ihre Grenzen erfahren?  Er selbst hatte diese Erfahrung vor drei Jahren machen müssen. Er selbst hatte lernen müssen, was geschah, wenn man Grenzen überschritt.
Seine Kraft hatte ihn vor drei Jahren übernommen, als er seinen Anker verloren hatte. Und nun konnte ihn, wenn es einmal begonnen hatte, nichts mehr aufhalten. Er war eine tickende Zeitbombe ohne Ausschalter. Niemand konnte, hatte er einmal diesen Zustand erreicht, zu ihm durchdringen.

Naja, eine konnte es noch.

Nicole schnappte sich ihr Smartphone und wählte ihre Notfallnummer. Nicht, die der Polizei oder dee Feuerwehr. Diese Institutionen konnten diesen Feuerteufel auch nicht mehr aufhalten. Sie konnten am Ende nur für die Schadenbegrenzung sorgen. Nein, die Nummer die sie wählte, gehörte Ashlynn. Die einzige Person auf dieser Erde, die noch Einfluss auf den Gott des Feuers hatte.

Gerade, als die Verbindung entstand, öffnete sich das gläserne, große Schultor und ein kleines Mädchen mit langen, schwarzen Haaren schleppte sich in die Schule. Ein Telefon klingelte, ihr Telefon.
Das Mädchen, das gar nicht nach vorne schaute, sondern angestrengt versuchte etwa sieben Bücher auf ihrem Arm zu balancieren, kramte ihr klingelndes Handy hervor und nahm ab.
"Du musst sofort herkommen! Er dreht durch!", hörte sie im Echo.
Genau in dem Moment sah sie nach vorne. Sie starrte auf den bekannten, muskelösen Rücken, in die vor Entsetzen und Angst weit aufgerissenen Augen dreier Jungs und schließlich in Nicoles Gesicht, das ziemlich blass war.
Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, ließ Ashlynn ihr Gepäck fallen, schnappte sich das größte und schwerste Buch und warf es ihrem idiotischen, feurigen Freund an den Kopf.



Burned; Fire & AshWhere stories live. Discover now