8.2 Aínigma - Enigma

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„Ich bin die Sphinx. Du, der du suchst und die Antwort nicht findest", sprach sie mit einer erschreckenden Stimme, die tief und hallend war, „tritt vor und stelle deine Frage. Ich vermag all die Antworten zu kennen, doch sie haben einen Preis, den nur wenige gewillt sind, auch zu zahlen."

Die Sphinx verstummte und ihre gütigen Augen starrten leblos auf Vaia.

Dias sagte: „Es war eine schlechte Idee."

„Nein. Nein, ganz und gar nicht", erwiderte sie. „Wir können erfahren, was mit Dädalus geschehen ist, wenn ich der Sphinx die Frage stelle. Sie wird mir die Antwort nennen können, ganz sicher!"

„Und der Preis, den wir dafür zahlen müssen?", fragte Sotiris und klang etwas aufgebracht. „Vielleicht nimmt sie uns das Leben!"

„Nein. Sphinxen wollen Antworten", erklärte Vaia. „Sie sind keine bösartigen Kreaturen, wie der Minotaurus, dessen Lebenswille aus Zerstörung besteht. Die Sphinx wird mir eine Frage stellen. Vielleicht ein Rätsel, oder eine Aufgabe. Erfülle ich sie, dann wird sie mir im Gegenzug meine Frage beantworten können."

„Das gefällt mir nicht", erwiderte Dias. „Was ist, wenn du an ihrer Aufgabe scheiterst? Diese Zähne sehen tödlich aus."

Vaia biss sich auf die Lippe und wippte kurz von einem Fuß auf den anderen. Sie wirkte nachdenklich, beinahe komplett in Gedanken versunken, doch dann richtete sie den Blick auf das steinerne Gesicht der Sphinx. „Wir können nicht zurück", sagte sie. „Der Eingang ist versperrt. Der Ausgang liegt hinter der Sphinx. Wir müssen ihre Aufgabe erfüllen. Andernfalls sind wir hier in diesem Raum gefangen. Wahrscheinlich eine von Dädalus Werkkammern, so, wie es hier aussieht."

„Was soll das?", fragte Sotiris bissig. „Du klingst so sicher, dass du ihre Aufgabe auch bestehen wirst. Was weißt du, das wir nicht wissen?"

„Ich weiß", sagte sie und wandte ihm den Blick zu, „dass Sphinxen keine unmöglichen Prüfungen stellen. Wir können es also schaffen."

Er sah nicht überzeugt aus. „Ich will nicht, dass du... dass wir uns dieser Gefahr aussetzen." Sein Blick wurde etwas hektisch. „Wenn wir ihre Prüfung nicht bestehen, dann sind wir alle tot. Wir haben keinen Weg zurück, hast du gesagt."

Sie nickte. „Richtig. Die Tür lässt sich nur von einer Seite aus öffnen."

„Dann sind wir erledigt", murmelte Dias und fuhr sich über die Stirn. „Wir können keinen Kampf gegen diese Sphinx bestehen. Sie würde uns mit ihren Tatzen zerquetschen."

„Wir müssen auch nicht gegen sie kämpfen", sagte Vaia nun leicht lächelnd. „Sie wird uns Zeit lassen, um ihre Frage zu beantworten."

„Ja, und wenn die Antwort falsch ist, dann enden wir in ihrem Magen", brummte Dias.

„Genau genommen hat die Sphinx keinen Magen", erwiderte sie, aber bemerkte wohl, dass es nicht der richtige Augenblick dafür war. „Vertraut mir. Wir werden das schaffen."

Bitte, Hermes, Gott der Wanderer, lass uns diesen Weg beschreiten, dachte Dias angsterfüllt. Wir brauchen deine Hilfe.

Vaia wartete nicht mehr auf weitere Proteste oder Thesen, die gegen sie sprachen. Mutig trat sie vor und blickte der Sphinx in die Augen. „Ich bin bereit."

Die Statue regte sich und erneut wurden die elfenbeinfarbenen Zähne sichtbar, als sie sprach.

„Wohlan. Suchende, höre mein Rätsel und gib mir die Lösung, dann vermagst du deine Frage zu stellen und deine Antwort zu finden." Die Sphinx ließ ihre Krallen über den Stein fahren, beugte ihren Kopf sogar noch ein Stück weiter herunter und sprach mit ihrer dunklen Stimme: „Wer sind die Schwestern, die sich stets gegenseitig erzeugen?"

LavýrinthosWhere stories live. Discover now