Ein Hauch Von Frűhling

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Die Stark Kinder hatten jeder für sich viel durchgemacht.
Jeder von ihnen hatte den Krieg ganz alleine durchlebt und vor allem überlebt.
Bis auf ihren Bruder Robb und ihren Vater, waren alle aus ihrem Rudel noch da, auch wenn sie nicht wieder zusammen waren.
Bran, eigentlicher Lord von Winterfell, war während des Krieges hinter die Mauer gegangen um mehr über die Krähe und seine Visionen zu erfahren, er war niemals zurückgekehrt.
Sie war sich sicher, dass er irgendwo frei und ungebändigt im Körper seines Schattenwolfes lebte.
Für Bran war es, von ihnen allen, mit Sicherheit das befreienste Gefühl gewesen ein Warg zu sein.
Für jemand der nicht Laufen konnte und doch wie er einen solchen Bewegungsdrang zu verspüren, musste es die Hölle auf Erden sein.
Sansa, ihre Schwester, auch sie hatte sie ewig nicht gesehen, lebte mit ihrem Gemahl Tyrion Lannister auf Casterlystein und genoss das Leben nun in freien Zügen.
Damals hatte sie gedacht, das sie ihre Schwester hasste, weil sie das typische Mädchen gewesen war.
Sie wollte Heiraten und Kinder bekommen, all das was Arya für sich niemals wollte, doch heute, so viele Jahre nach der Trennung ihrer Familie, Hasste sie sie nicht mehr.
Rickon, der nun nach ihrem Bruder, der Lord von Winterfell wurde, war noch zu jung um es wirklich verwalten zu können, also musste ihr Bastardbruder Jon diese Rolle übernehmen, bis Rickon alt genug war.
Ihre Mutter, welche sie damals durch Nymerias Augen tot im Fluss hatte treiben sehen, war nun wieder da, völlig lebendig und von dem Fluch erlöst, der sie als Lady Steinherz durch Westeros streifen ließ, um ihre ewige Rache zu nehmen.
Und dann war da noch sie selbst, Arya.
Aber war sie das wirklich? Unzählige Namen hatte sie in diesem Krieg getragen, sie hatte sich sogar als Junge ausgegeben und in Braavos hatte man ihr sogar eingeprägt, das sie ein niemand sei, eine Gesichtslose, eine Namenlose, ohne Vergangenheit oder Geschlecht.
Sie war nicht Arya, oder Arry, oder Nan, Wiesel, Jungtaube, Salzy und sie war auch nicht mehr Katz.
Sie war niemand aus diesen unzähligen Persönlichkeiten, die sie angenommen hatte um zu überleben, aber wer war sie dann?
Nie war sie wirklich zu einer Gesichtslosen geworden, nie hatte sie sich, wie sie es eigentlich sollte, von dem einzigen trennen können, das ihr von ihrer Vergangenheit geblieben war, Nadel.
Nadel war wie eine Verlängerung ihres Armens gewesen, Jon hatte ihr dieses kleine Schwert geschenkt, das wie ein Zahnstocher aussah und leicht war wie eine Feder.
Von Syrio hatte sie gelernt wie man tanzte und in Braavos, wie man tötete, doch war sie nie eine von ihnen geworden.
Wer war sie?
Sie war einst ein Kind gewesen, jung, mit träumen, in denen sie einst ein Ritter der Königsgarde sein würde, doch diese Träume und auch ihre Kindheit wurden  in dem Moment ausgelöscht, in dem Joffrey ihrem Vater hatte den Kopf abschlagen lassen.
Sie hatte auf ihrer langen Reise durch Westeros geglaubt alle aus ihrem Rudel seinen verstreut oder tot, sie hatte versucht sich ein neues aufzubauen, mit Gendry und Heiße Pastete, doch hatte sie zuerst Heiße Pastete verlassen und dann Gendry.
Sie war allein gewesen und kam so auch viel besser klar, sie brauchte niemanden und kam nun nicht damit zurecht, das sie wieder in Winterfell war, welches Jon versuchte wieder aufzubauen.
Sie kam nicht damit zurecht, jetzt auf einmal wieder jemanden zu haben, der einfach nur für sie da war.
Alle hatten ihren Platz in der Welt gefunden, doch was war mit ihr?
Desinteressiert hob sie einen Stein auf und ließ ihn über die stille Oberfläche des Sees plätschern, dann wandte sie sich dem alten Wehrholzbaum zu, welcher mit der Zerstörung Winterfells niedergebrannt worden war.
Der Baum war dabei sich selbst zu heilen, seine Rinde war wieder völlig weiß, das Gesicht, ließ wieder rote Tränen erkennen, Tränen, rot wie Blut und auch die Blätter begannen wieder zu sprießen.
Maester Lewin hatte einmal gesagt, alles würde sich irgendwann von ganz alleine wieder herstellen, selbst Dinge die wir für verloren glaubten, richteten sich wieder auf und gingen gestärkt und wunderschön daraus hervor.
Anscheinend hatte der alte Mann recht behalten.
Könnte das mit ihr auch so sein? Könnte sie auch gestärkt und völlig neu aus der Asche auferstehen?
Arya legte eine Hand auf das wie ihr schien, warme Holz vor sich und schloss die Augen.
Für andere mag es so erscheinen, als würde sie zu den alten Göttern ihres Vaters beten, doch dem war nicht so, sie lauschte auf ihre Umgebung.
Sie hörte die Schritte ihrer Mutter, die sich näherten, sie wusste das sie es war, denn seit den Vorfällen bei der Roten Hochzeit, bei der man sie umgebracht hatte, hinkte sie leicht mit einem Bein und auch die Narbe an ihrem Hals war ihr geblieben.
Sie konnte damals erst gerettet werden, als ihr versteinertes Herz begann wieder aufzutauen, als sie ihre Kinder wieder in ihre Arme schließen konnte, erst in diesem Moment, wurde aus Lady Steinherz wieder ihre Mutter, Catelyn  Stark.
„Ich wusste, ich würde dich hier finden“ Auch ihre Stimme klang sehr rau und kratzig, doch das war wohl ein recht kleines übel, wenn man bedachte, das ihr die Kehle aufgeschlitzt worden war.
Arya öffnete wieder die Augen und wandte sich von dem Baum ab, sie drehte sich zu ihrer Mutter und sah wie diese sie warm anlächelte.
Hatte sie das wirklich verdient? Die Liebe einer Mutter, nach alldem, was sie getan hatte?
Sie hatte Menschen getötet, gestohlen und betrogen, sie hatte Dinge getan, auf die sie nicht Stolz war und wiederum auch Dinge, die ihr gefallen hatten und das alles, machte sie zu einer völlig Fremden.
Sie war nicht mehr die kleine Arya Stark, welche ihre Mutter kannte, sie gehörte nicht hierher, niemand hier würde sie wirklich kennen oder verstehen.
Als sie nichts erwiderte, trat ihre Mutter auf sie zu und streckte eine Hand nach ihrer Wange aus, Arya ließ es zu, doch hatte sie nicht das Gefühl, das sie dabei irgendetwas empfand.
Empfindungen waren schwächen, die sie sich im Laufe ihrer Jugend, nicht hatte leisten können, zu oft war sie verletzt worden, zu oft verlassen worden, nie wieder würde sie eine solche schwäche zulassen.
Als ihre Mutter auch jetzt noch keine Regung von ihrer Tochter bekam, ließ sie die Hand sinken und blickte sie bekümmert an.
„Ich wünschte, ich würde verstehen, was in deinem Kopf vor sich geht“
Was sollte da schon vor sich gehen? Sie hatte einfach keinen Bezug mehr zu ihrer Familie, die Hälfte ihres Lebens waren sie getrennt gewesen, sie hatte nicht einmal mehr einen Bezug zu sich selbst.
„Ich bin eigentlich nur hier, um dir jemanden zu bringen. Sie stand heute Morgen, vor den Toren und regte sich nicht, ich vermute mal, das sie auf dich gewartet hat“
Arya verzog das Gesicht fragend und sah dann hinter ihrer Mutter eine Bewegung, etwas zu kleines für einen Menschen, doch zu groß für ein Tier, schnell ließ sie ihre Augen der Bewegung folgen und keuchte überrascht auf.
„Nymeria“ Flüsterte sie und ging in die Hocke.
Ihre Wölfin, hatte sie achte lange Jahre nicht gesehen und doch wiedergefunden.
Sie war völlig verwildert und hatte sich ein eigenes Rudel aufgebaut, das wusste Arya, da sie in ihren Träumen, oft im Körper ihrer Wölfin gewesen und an der Seite von normalen, kleinen Wölfen gelaufen war.
Nymeria kam langsam näher und blieb direkt vor ihr stehen.
Sie war groß, so wie alle Schattenwölfe es waren und sie blickte Arya unablässig in die braunen Augen.
Es schien, als wollte sie sich überzeugen, ob dieses Mädchen vor ihr wirklich, ihre Freundin war, ihre Gefährtin.
Würde sie erkennen, das Arya innerlich so zerrissen war, würde sie sich von ihr abwenden?
Sachte hob Arya ihre Hand und wartete, Nymeria ließ sich Zeit, musterte sie lange ehe sie an ihrer Hand schnüffelte.
Doch schließlich schien es als würde sie sie erkennen und kam näher auf sie zu.
Arya öffnete glücklich ihre Arme für ihre Freundin und strich ihr durch das graue, dichte Fell, genoss die Wärme und die Nähe, ihrer einzigen Vertrauten.
Vielleicht war nun der erste Schritt in ihr altes Leben getan? Vielleicht konnte sie doch wieder Arya Stark von Winterfell werden.
Wenn auch nur mit sehr langsamen schritten dorthin.

who was she really? Where stories live. Discover now