Chapter one

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Es ist dunkel, stockdunkel. Du kannst nicht mal deine Hand vor den Augen sehen, geschweige den irgendetwas anderes. Du kannst nur hören und fühlen, das einzige das man dir nicht nehmen kann.

Du weißt nicht, wie lange du hier bist, du weißt nur, das es zu lange ist. Du hast Hunger und Durst, sehr großen sogar.

Du bist ein Mädchen, mehr weißt du nicht mehr. Du hast deinen Namen vergessen, er ist hier auch garnicht wichtig. Denn sie nennen dich nur "Tiger".

Du weißt noch, das du als Kind hierher kamst. Dementsprechend weißt du nicht, wie du jetzt aussehen könntest, es ist verwirrend.

Einmal am Tag, bringen sie dir ein kleines Stück Brot und einen Plastikbecher Wasser. Immer in der Nacht wenn du schläfst. Leider keine Gläser, sonst hättest du dem allen hier ein Ende bereitet.

Du hast auch schon versucht, wach zu bleiben, doch es bringt dir nichts. Das haben sie dir auch mitgeteilt, auf einem Zettel.

Er lag damals bei dem Essen, am nächsten Morgen, nachdem du eingeschlafen bin.

Du hast lange nicht mehr gesprochen, am Anfang hattest du noch geschrien. Du weißt nicht, wie sich deine Stimme anhört, du willst es auch garnicht wissen.

Du weißt auch nicht wie man redet, du hast es verlernt. Du kennst noch die Worte, aber nicht mehr wie man sie auspricht, die Worte formt.

Du weißt nicht, worauf sie warten, wirklich nicht. Aber es bleibt dir nichts anderes übrig, als zu warten, wie die Ewigkeit zuvor auch.

Langsam rollst du dich auf dem Boden zusammen und lauschst der Stille. Du schließt deine Augen nicht, da es dir nichts bringen würde, es ist sowieso schon dunkel genug.

Manchmal schläfst du mit offenen Augen, manchmal nicht, eine Sache über die du bestimmen kannt. Du kannst auch bestimmen, wie sich dein Körper bewegt und ob du schnell oder langsam atmest. Dinge die für andere selbstverständich sind, für dich nicht.

Für dich ist das wertvoll, einer der einzigsten Dinge in deinem Leben.

Dann driftest du in den Schlaf und spürst, wie sich dein Körper von dem leichten Sport heute erholt. Du machst jeden Tag Sport, wenn du hier jemals rauskommen solltest, möchtest du wenigstens eine ansatzweise realistische Chance haben, nicht direkt an Kräftemangel zu sterben, wenn du nur einen Schritt machst.

Dein Traum ist, wie die Realität auch, dunkel. Du siehst nichts, doch daran bist du schon gewöhnt. Dann wird es wie immer, leise hörst du Flüstern, dein Körper fängt an zu kribbeln.

Dann das erste Knacksen, ein stechender Schmerz schießt durch deinen linken Arm und macht ihn bewegungsunfähig. Zu dem einen Flüstern gesellt sich ein eindringlicheres Flüstern hinzu. Auch ein leises Summen setzt ein und macht dich verrückt.

Das zweite Knacksen schallt durch den kleinen Raum und dein linkes Bein fängt an zu brennen. Dein Kopf fängt an leicht zu pochen und die Stimmen verdoppeln sich und werden etwas lauter.

Dann wird alles schneller, nacheinander Knacksen dein Arm und dein Bein und dein ganzer Körper fängt an schrecklich zu schmerzen. Das Flüstern ist nun zu normaler lautstärke gewechselt, zumindest zu der Lautstärke, die du als normal empfindest. Eindringlich sprechen ungefähr 10 Stimmen auf dich ein, doch du kannst kein Wort verstehen.

Dann fängt der Horror an, dein gesamter Körper fühlt sich an als würde er Brennen. Eine weibliche Stimme kreischt laut auf und du zuckst zusammen, was noch einen stechenden Schmerz durch deinen Körper jagt. Du windest dich auf dem Boden, spürst das sich das warme Blut auf dem schmutzigen Boden verteilt.

Die Luft füllt sich mit dem metallischen Geruch und die Stimmen kreischen alle gleichzeitig in deinem Kopf.

Du krallst deine Finger in den Boden und spürst, das du kratzspuren auf dem Boden hinterlässt. Dein Kopf fühlt sich an, als würde er jeden Moment platzen, dein Körper sticht und brennt ununterbrochen.

Du spürst das sich kalte Hände um deinen Körper schlingen und deine Augen weiten sich panisch.

Du strampelst, willst dich befreien, was weitere Wellen der Schmerzen durch deinen Körper schickt. Du fühlst dich hilflos, in dieser deprimierenden Dunkelheit.

Dann hört es auf, alles. Du bleibst erschöpft auf dem Boden liegen und dein Atem geht rasselnd.

"You will die, Tiger."

Du reißt deine Augen auf und setzt dich auf.

Deine Hände suchen halt auf dem Boden du erstarrst augenblicklich. Denn auf dem Boden kannst du Kratzspuren fühlen.

You will die, Tiger.

Das war der letzte Satz, aus deinen Träumen. Das weißt du, es hat sich wie das Ende angehört.

Seit langer Zeit träumst du das, immer mit einem anderen Satz am Ende. Du weißt nicht, seit wann du das träumst, aber es fühlt sich an, als wäre es schon immer so.

Die Stimmen haben dir schon viel erzählt, sie sagen, das sie dich verfolgen werden, das du sterben wirst.

Das du etwas besonderes bist und es nicht mehr lange Dauern wird. Was wird nicht mehr lange Dauern?

Du schiebst diese Gedanken beseite und stehst auf. Du kennst diesen Raum hier in und auswendig, du bist hier ja auch schon lange. Dann läufst du in die Ecke links von dir und setzt dich hin. Du streckst deine Hand aus und erfasst den mittelgroßen Plastikbecher mit beiden Händen, es ist dir schon passiert, das er dir umgekippt ist.

Dann hattest du einen Tag lang nichts zu trinken und es ging dir einige Zeit nicht gut. Du trinkst zwei Schlücke, wie immer, und stellst den Becher wieder auf seinen Platz. Dann nimmst du dir die kleine Scheibe Brot und beißt einmal rein, wie immer. Dann legst du auch das Brot weg und stehst auf. Du fängst mit leichtem Sport an, du läufst ein wenig im Raum herum, zumindest soweit es der Raum zulässt.

Dann machst du ein paar Liegestütze und Kniebeugen, die einzigen Namen von Übungen die du als Kind mal gehört hattest.

Dann machst du deine erfundenen Übungen, du kniest dich hin und streckst ein Bein von dir. So bleibst du gelenkig, das warst du schon immer. Das machst du dann den ganzen Tag so, ab und zu trinkst du ein paar Schlücke.

Dann, einige Zeit später, trinkst du einen Schluck und isst das Brot zuende. Du nimmst die letzten zwei Minischlücke, stellst alles wieder auf das kleine Plastiktablett und nimmst es auf. Du stellst es, wie immer, in die gegenüberliegende Ecke und setzt dich, wie immer, an irgendeine Wand.

Dann denkst du nach, legst dich nach einiger Zeit hin und schläfst ein. Du träumst diesmal nichts, verwunderlich, aber du beschwerst dich nicht. Du hattest Recht, der Text der flüsternden Stimmen ist zu ende.

You will die, Tiger.

Die BestieWhere stories live. Discover now