N°1 ~ Moonvales Ende

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NICK

Die Schreie fuhren einem bis ins Knochenmark. Es waren die panischen Hilferufe von Frauen und Kindern, die von den Kreaturen abgeschlachtet wurden. Diese Kreaturen waren auch einst Menschen gewesen, doch sie sind am Neo-Rabiesvirus erkrankt und haben sich verändert. Ihre Gesichter waren eingefallen und ihre Augen milchig und ausdruckslos. Ihre Körper waren übersät mit dicker Hornhaut und verschiedenen Pilzinfektionen, die sie zu hässlichen Monstern machten. Teilweise wuchs ihnen ein ganzer Panzer auf dem Rücken, wie Algen auf einem Stein im Meer. Spitze Zahnreihen zierten ihren großen Mund und eine lange schleimige Zunge hing ihnen aus dem Rachen, hungrig hechelnd. Diese Monster wuchsen größer und stärker als der Mensch, der sie einmal waren. Und jetzt überfielen sie eine der letzten richtigen Städte und töteten oder infizierten jeden, der ihnen in die Quere kam. Die Menschen nannten sie Skrim oder einfach nur Monster.

Panisch rannten die Bewohner die Wege und Straßen entlang, in der Hoffnung, den Kreaturen zu entkommen. Der hohe Doppelzaun, der die Menschen dieser Stadt so lange geschützt hatte, hatte nachgegeben und die Monster hineingelassen. Keines von ihnen hatte vor dem Stacheldraht und dem Strom haltgemacht. Der Zaun hatte einzelne Monster immer draußen gehalten, doch jetzt überschwemmte eine ganze Horde von diesen Wesen die kleine Stadt wie eine Flutwelle.

Verborgen im Schatten der Häuser rannte ein Mann die kleinen Straßen der Stadt entlang. In seinem Arm hielt er einen kleinen Jungen, der seinen Kopf in der Schulter seines Vaters vergrub. An der anderen Hand zog er eine hübsche, dunkelhaarige Frau hinter sich her. Sein Ziel war der Rand der Stadt. Das raue Heulen der Kreaturen ertönte am untersten Ende der Straße.

Ein kurzer Blick zurück zeigte dem Mann zwei Gestalten, die ihm mit in der Dämmerung leuchtenden Augen hinterhersahen, sabbernd und zischend. Der Mann bog in das nächste Haus ab, dessen Tür offen stand. Er führte die Frau durch die engen chaotischen Flure. Die Geräusche von draußen drangen nur gedämpft durch die Wände in das verwüstete Haus. Der Mann schob seine Frau sanft in einen kleinen Schrank hinein und setzte den Jungen in ihren Schoß.

"Ich bin gleich zurück", flüsterte er und küsste der Frau auf die Stirn.

"Nein, Nick, so war das nicht abgemacht!" Die Frau weinte und hielt ihren Mann am Ärmel fest.

"Ich suche den nächsten Weg aus der Stadt heraus und komme euch dann holen", erklärte er, befreite seinen Ärmel und schloss langsam die quietschenden Türen des Schrankes.

Nick rannte den Weg durch das Haus zurück, den er gekommen war, und sah sich vorsichtig auf der Straße draußen um. Es war totenstill. Die zwei Kreaturen, die ihn vorhin verfolgt hatten, schienen verschwunden. Aus der Ferne hallten Schreie und Schüsse. Langsam bewegte er sich an der Hauswand entlang. In der Dunkelheit war er kaum zu erkennen. Als er eine schmale Gasse kreuzte, wurde er fast umgerannt. Sein Herz setzte aus, als ihn ein schwerer Körper beinahe zu Boden riss, jemand seinen Arm griff und ihn wieder auf die Beine zog.

"Kingsley! Was haben Sie hier draußen zu suchen?", grollte eine tiefe Stimme. "Wieso sind Sie nicht bei ihrer Abteilung?"

Nick strich seine Kleidung glatt, stellte sich aufrecht hin und schaute den größeren Mann einige Momente lang an. Ein braunes und ein blaues Auge funkelten furchtlos zurück. Zwei Narben zogen sich durch das Gesicht des Mannes und seine Glatze war von der Sonne braun gebrannt.

"Colonel, Sir, ich suche einen Weg aus der Stadt hinaus", erklärte Nick dem Mann.

"Sie wollen fliehen? Ich dachte, Sie sind Soldat?", zischte der große Mann hasserfüllt. Weitere Soldaten kamen die Gasse entlang gerannt.

"Haben Sie eine Waffe, Kingsley?"

Nick schüttelte den Kopf. "Nein, Sir."

Der große Mann griff an seinen Gurt und drückte Nick eine Pistole in die Hand. "Kommen Sie!", befahl er und drängte sich an Nick vorbei. "Sie haben Pflichten und diese haben Priorität."

Der Tag An Dem Wir StarbenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt