A few moments in love

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Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, allein nach Berlin zu ziehen. Ich weiß wirklich nicht, wie ich auf diese Scheiß-Idee gekommen bin.
Ich meine, natürlich Berlin ist fantastisch, aber in Momenten wie diesen, wo ich alleine ohne Orientierung am Straßenrand hocke und heulen könnte, beginne ich dann doch wieder daran zu zweifeln, ob es nicht doch ein klein wenig naiv war, zu glauben, ich würde mich hier zurecht finden ohne auch eine einzige Person zu kennen.

Wie es dazu kam, ist eine längere Geschichte, aber hier die Kurzfassung:
Dummes Nadine hat ihren ersten Tag an der Uni. Dummes Nadine möchte nach der Vorlesung in ein China-Restaurant gehen. Dummes Nadine möchte wieder nachhause in ihre kleine und bescheidene Zweizimmer-Wohnung. Dummes Nadine verläuft sich.
Ich habe schon insgesamt drei Personen nach dem Weg gefragt und schon auf etlichen Plänen und Seiten nachgesehen doch niemand scheint der Name meiner Straße was zu sagen und alle schüttelten nur ratlos den Kopf, wenn ich sie frage, also habe ich anscheinend alles Ernstes, den Name meiner eigenen Adresse vergessen. Typisch ich.
Jetzt sitze ich ratlos da, sehe den vorbeigehenden Passanten zu und kann nichts tun, außer dass Glück zu haben, auf jemanden zu treffen, der sich den Namen der Gasse in der ich wohnte, irgendwie zusammenreimen kann.
Ganz ruhig, nicht die Nerven verlieren, es besteht noch Hoffnung. Ich könnte zum Beispiel meine Eltern anrufen, auch wenn das ziemlich peinlich wäre, aber ja, warum nicht, habe ich eine Wahl?
Entnervt tippe ich Vorwahl und Nummer in das Smartphone.
Piep piep pieeep..."
Ich warte.
„Die von Ihnen gewählte Rufnummer kann ihren Anruf derzeit nicht entgegen nehmen. Bitte versuchen Sie es später noch einmal oder hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Signalton... pieeep."
„Hallo Mama, hallo Papa, Nadine hier, bitte ruft mich an, wenn ihr das abhört."
Ich probiere es noch einmal auf den Handys der beiden.
Nichts.

Ich starre frustriert wieder die Straße entlang. Da fährt ein Typ mit einen Longboard vorbei, doch mit dem Unterscheid zu dem meisten, bleibt er direkt vor mir stehen.
„Alles in Ordnung?"
Ich sehe zu ihm hinauf. Der Typ hat kinnlanges, zusammengebundenes Haar, trug eine Sockenhaube, hatte braune Augen, mit dunklen Augenringen darunter und ein freundliches Lächeln. Das reicht für mich vollkommen aus um ihn zu vertrauen.
„Ahm, ja... obwohl, eigentlich nein. Ich hab mich verlaufen."
„Wo soll es denn hingehen?"
„Keine Ahnung." Ich werde rot.
„Wie jetzt, du hast keine Ahnung wo du hinmusst?"
„... Nein. Ich habe den Namen... von meiner Adresse vergessen."
Der Typ grinst breit. Oh Gott, geht es noch erniedrigender?
„Guck nicht so blöd!"
„Sorry.", er lacht. „Es ist nur so... du hast den Namen deiner eigenen Adresse vergessen."
„Danke das weiß ich selber.", beleidigt verschränke ich die Arme. „Willst du mir jetzt helfen oder nicht?"
„Klar 'tschuldigung. Also, irgendwelche Erinnerungen an die Umgebung wären hilfreich. Vielleicht kenne ich die Straße ja."
„Hm... es war ein Park gegenüber... und ein Bücherladen. Ich habe mir eingebildet die Adresse heißt >Prenzlinger Berg<, doch danach zu urteilen, dass das auf keinen Plan zu finden ist, lag ich wohl falsch."
Mir ist vollkommen klar, dass man mit dieser Beschreibung mindestens dreißig Straßen in Berlin unterordnen könnte, doch der Fremde scheint ehrlich was damit anfangen zu können.
„Meinst du vielleicht >Prenzlauer Berg<?"
„Ja, genau das war es!", rufe ich erleichtert. Bin ich dumm gewesen. Prenzlauer, nicht Prenzlinger, klar. „Danke."
Der Typ grinst noch immer. „Was ein Zufall, da wohne ich auch. Bin sogar auf den Weg dahin, kann dich also mitnehmen, damit du nicht nochmal verloren gehst."
Ich hasse ihn. Ich hasse ihn wirklich.
„Wie heißt du überhaupt?"
„Jako und du?"
„Nadine."
„Willkommen in der Nachbarschaft, Nadine." Er hilft mir auf. „Seit wohnst du dort?"
„Seit zwei Tagen. Vielleicht habe ich deswegen die Adresse vergessen."
Ich laufe neben ihm her. Obwohl er extra langsam Longboard fährt, ist er noch immer ein wenig zu schnell für mich.
„Okay, das macht das Ganze vielleicht ein bisschen weniger peinlich."
„Ach wirklich.", zische ich giftig.
„Jupp."

A few moments in loveWhere stories live. Discover now