Ein neues Café

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Mühsam hob er den Kopf von seinem Kissen und ließ ihn stöhnend wieder zurück fallen. Sein Schädel schmerzte. Er hatte gestern definitiv zu viel getrunken.

Er versuchte sich an die vergangene Nacht zu erinnern. Nur noch ein paar Fetzen kamen ihm wieder in den Sinn. Seine Kumpels, Wodka, Weiber und mehr Wodka. Perfekt.

Quälend langsam richtete er sich in seinem Bett auf und sah mit unterlaufenen Augen auf seine große Wanduhr.

15:10

Verdammt, er musste noch sein Projekt vorbereiten. Mühsam schob er seine Beine über die Bettkante und setzte seine nackten Füße auf den kühlen Holzboden.

Als erstes ne Dusche, dann würde er weiter sehen, wie er sein Projekt anging.

Er drehte das Wasser auf, wartete bis es eine angenehme Temperatur erreicht hatte und stellte sich dann unter seine Regendusche. Seine Hände fuhren über seine Arme, seinen Nacken und Oberkörper. Er drückte sich Shampoo auf die Handfläche und massierte es sich in die Kopfhaut. Den Rest des Schaumes nutzte er für seinen Körper. Zärtlich fuhr seine Hand über seine Intimste Zone -nein- nicht weiter. Er musste heute noch was erledigen.

Als er fertig geduscht hatte und auf seinen Badeteppich trat, wuschelte er sich durch die blonden Haare, zog sich ein T-Shirt über und schlüpfte in seine Jeans.

Gähnend schlurfte er in seine kleine Küche und belegte sich zwei Toastscheiben, die er mit in sein Arbeitszimmer nahm. Aufgehts, der Bericht schreibt sich nicht von alleine.

Sein Projektthema waren Verhaltensweisen von Freud. Lustlos begann er zu recherchieren, schrieb sich einiges zusammen, strich wieder etwas und erabeitete sich seinen Bericht so nach und nach. Zwei Stunden später hatte er dann drei Seiten zusammen. Wow, dann fehlen ihm ja nur noch sechzehn Seiten. Egal, jeden Tag ein bisschen. Er hatte ja noch vier Tage Zeit.

Er scrollte wieder zur ersten Seite hoch und fügte seinen Namen, Klasse und den Ort hinzu. Dann würde er das zumindest nicht mehr vergessen können. Eine Sache weniger, für die er Punktabzug bekommen könnte.

Er stieß sich vom Schreibtisch weg und streckte sich. Am PC zu sitzen war wirklich anstrengend. Zumindest wenn er produktiv arbeiten sollte. Beim Zocken war das viel erträglicher. Egal wie lang er saß.
Er zog sich wieder an den Tisch, speicherte das Dokument auf seinem Desktop ab und fuhr anschließend seinen Computer herunter.

Er musste noch einkaufen, denn am nächsten Tag war Sonntag. Lebensmittel gibt es nicht bei der Tankstelle. Also machte er sich auf zum nächsten Supermarkt. Da er relativ zentral wohnte, war es ein kurzer Weg zur nächsten Einkaufsgelegenheit.

Er schnappte sich seinen Schlüssel von der Kommode, öffnete die Tür, sperrte ab und ging in den Keller. Das Schloss zu seinem Kellerraum war schwer und leicht verrostet. Es dauerte, bis er die Tür geöffnet hatte. Er griff sein Fahrrad und trug es die Stufen nach oben, nach draußen.

Das Radfahren machte ihm immer einen freien Kopf und er kam etwas weg von seinem Alltagsstress. Nach fünf Minuten war er an dem Supermarkt angekommen. Er schloss sein Fahrrad ab und trat durch die Schiebetür. In seinen Einkaufswagen lud er sich Gemüse, Mehl, eine Flasche Merlot und einen Sixpack Bier. Eigentlich war er kein Weintrinker, aber wenn er Damenbesuch hatte, kam das immer gut an. Den hatte er zwar auch nicht so oft, aber besser er hatte eine Flasche im Haus.

Nachdem er gezahlt hatte, wollte er gerade schon zurück fahren, da bemerkte er ein neues Café, welches wohl innerhalb der letzten Tage geöffnet hatte. Ein paar Menschen saßen in ihm, Pärchen, Studenten.. Es sah nett aus mit seinen Wimpeln und Lampions. So bunt und fröhlich. Genau das richtige für ihn. Der blonde lehnte sein Fahrrad gegen die Hausfassade und schloss es ab. Dann betrat er das kleine Café.

Vor der Theke blieb er stehen und betrachtete die Auslagen. Die Dame hinter der Theke war auf ihn aufmerksam geworden und lächelte ihn an. "Grüß Gott, willkommen bei uns!" 

"Hallo, Ihre Kuchen sehen ja lecker aus, da weiß man gar nicht, welchen man probieren soll.", antwortete er ihr schmeichelnd.

"Oh, vielen Dank ich kann ihnen unseren Baumkuchen nur wärmstens empfehlen, aber natürlich sind alle anderen genauso gut. Der Baumkuchen ist nur mein persölicher Favorit."

"Na dann probiere ich doch gleich mal den!", entgegnete er. "Und einen Latte Macchiato nehme ich dann bitte auch noch."

"Sehr gerne, setzen Sie sich doch schon mal, wir bringen dann Ihre Bestellung an den Platz."

Er bedankte sich und setzte sich an einen Tisch nahe der Theke. Seine Einkäufe legte er neben sich.

Es dauerte nicht lange und ein Mann, etwa in seinem Alter, brachte ihm ein großzügiges Stück von dem Baumkuchen, mit einem Spritzer Sahne und Puderzucker übersiebt. Den Latte Macchiato stellte er direkt dazu, den Strohalm hatte er auch nicht vergessen.

"So, dann lassen Sie es sich schmecken", meinte der Mann. Er hatte braune, kurze Haare, war hoch gewachsen und trug, genau wie die blonde Dame an der Theke eine graue Schürze.

Ihn hatte er zuvor nicht gesehen und er trug als einziger kein Namensschild. Der blonde war neugierig und fragte nach:

"Vielen Dank, darf ich fragen, wie Sie heißen, Sie tragen gar kein Schild, sind Sie hier als Aushilfe tätig?"

Der Mann ihm gegenüber sah ihn kurz verblüfft an, hatte sich dann jedoch wieder gefasst: "Ich arbeite eigentlich in der Küche und bin für das Backen zuständig. Meine Schwester bat mich nur eben im Service mitzuhelfen, da sie soviel zu tun hat."

Seine Schwester? Die blonde Dame und der Mann hatten tatsächlich eine Ähnlichkeit. Er sah zur Theke. Seine Schwester stand nur da und sah in seine Richtung. Als sich ihre Blicke trafen, begann sie schnell damit, Gläser zu polieren und sah zu ihren anderen Gästen.

Der blonde runzelte die Stirn und sah wieder zu dem braunhaarigen hoch.

"Oh, wie unhöflich, jetzt habe ich mich immer noch nicht vorgestellt. Ich bin der Tim. Dürfte ich Ihren Namen auch wissen?", sagte der braunhaarige Mann.

"Ich heiße Benjamin, aber mir ist Stegi lieber."

"Stegi? Wovon leitet sich das denn ab?"

"Eigentlich von gar nichts, das mit meinem echten Namen zu tun hat, aber naja, Benjamin finde ich einfach nicht so schön...", meinte Benjamin.

"Alles klar, dann Stegi. Genieß den Kuchen, ist liebevoll von Hand mit regionalen Zutaten gebacken.", zwinkerte er ihm zu.

"Dankeschön", lächelte der blonde ihn an.

Tim ging zurück in die Küche und Stegi sah ihm nach. Merkwürdig.. weshalb hatte ihn seine Schwester geschickt?

Als der Mann in der Küche verschwunden war, stach der blonde in den Kuchen, führte die Gabel zum Mund und.. es war perfekt! Hier würde er bestimmt noch öfter herkommen.

Stexpert - CafégeschichtenWhere stories live. Discover now