Schattenflügel - Kapitel 1 - Aiden

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Das Echo meiner Schritte hallt in der leeren Gasse wider. Links und rechts von mir ragen meterhohe, fensterlose Mauern in den Himmel, die aus schmutzigen Backsteinen gebaut sind, die wohl in der Vergangenheit einmal rot waren, jetzt allerdings nur noch eine trostlose, matschige Farbe haben und zwischen denen der sternenklare Himmel dieser kalten Septembernacht hindurch scheint, der mir als einzige Lichtquelle dient.

   Meine Muskeln brennen. Meine Lunge schreit nach Sauerstoff, doch meine Kehle ist so eng, dass ich kaum Luft bekomme. Aber ich zwinge meinen Körper dazu weiter zu arbeiten. Weiter zu rennen.

   Die Angst treibt mich voran.

   Plötzlich sind sie da. Hunderte, tausende Schritte, die hinter mir in die Finsternis der Gasse eintauchen und die sonstige Stille der Nacht durchbrechen.

   In meiner Brust scheint sich mein Herz zu verkrampfen und es stolpert über seine eigenen Schläge.

   Panisch sehe ich mich nach einem Fluchtweg oder einem Versteck um, doch die Gasse ist bis auf ein paar Mülltonnen und aufgeweichte Kartons leer und nichts davon würde sich auch nur ansatzweise eignen, um mich vor meinen Verfolgern abzuschirmen.

   Auf einmal ertönen Schüsse hinter mir und Kugeln fliegen durch die Luft, die in den Wänden oder im Boden stecken bleiben. Ich zucke zusammen und will nach Deckung suchen, doch auf einmal durchzuckt ein stechender Schmerz mein Bein, als eine Kugel dort in mein Fleisch eindringt. Eine andere trifft mich an der Seite und ich verliere mein Gleichgewicht und falle hin.

   Jetzt ist es aus!

   Mein Körper verkrampft sich und ich schmecke bittere Gallenflüssigkeit im Mund, die ich hustend ausspucke. Gleich werden sie mich erreichen. Mir schwirrt der Kopf und mein Blut pulsiert mir in den Ohren.

   Plötzlich spüre ich einen kräftigen Windstoß und höre das Rauschen von großen Flügeln. Die Schritte hören abrupt auf und es ertönen wieder Schüsse. Ich schließe die Augen, presse mir die Hände auf die Ohren und rolle mich zusammen so gut es geht, wobei weitere Wellen des Schmerzes mich durchzucken. Mühsam unterdrücke ich den Drang zu schreien.

   Auf einmal schieben sich zwei starke Arme unter meinen Körper, einer unter den Kniekehlen und der andere unter meinen Schultern und ich werde hochgehoben. Meine Wunden brennen und ich sauge scharf Luft ein. Flatternd öffnen sich meine Augenlider. Ich sehe, dass ich von einem jungen Mann getragen werde, der mich aus himmelblauen Augen neugierig mustert. Doch bevor ich mich weiter auf ihn konzentrieren kann, schaue ich mich erschrocken nach den Kugeln um, die immer noch abgefeuert werden. Als ich sie voller Schreck auf mich zufliegen sehe, gerate ich in Panik und will mich aus den Armen des Fremden befreien, doch knapp vor mir prallen die Kugeln einfach ab, wie von einer unsichtbaren Wand und fallen zu Boden. Verblüfft halte ich inne und beobachte verdutzt das Geschehen.

   Was geschieht hier?

   Da fällt mir wieder das Flügelschlagen von eben ein und mein Blick huscht zu den gigantischen schwarzen Schwingen, die aus dem Rücken meines Retters empor ragen. Ihr Anblick beruhigt mich einerseits, doch andererseits macht er mich auch nervös.

   „Was willst du von mir?", flüstere ich mit schwächlicher Stimme und merke erst jetzt, wie stark die Schusswunden an mir zerren. Durch das Adrenalin, das wie wild durch meine Adern pumpt, spüre ich sie kaum.

   „Ich will dich nur hier raus bringen.", antwortet mein mysteriöser Retter und stößt sich flügelschlagend vom Boden ab. Der dabei entstehende Wind lässt meine Haare wild durcheinander wehen und reißt einige meiner Verfolger, die zu nahe stehen, von den Füßen. Dann sind wir raus aus der Gasse, weg von den beengenden Mauern und steigen immer weiter in die Luft empor. Als wir hoch genug sind, lehnt der Fremde sich in die Waagerechte und ich schlinge ihm instinktiv die Arme um den Hals, um nicht zu fallen.

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⏰ Dernière mise à jour : Sep 17, 2017 ⏰

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