Bevor ich dazu komme das Buch zu öffnen, unterbricht mich eine Stimme. „Wenn dir das Buch so gut gefüllt, kannst du es ruhig mitnehmen. Ich habe es sowieso noch nie geöffnet", meldet sich Valaia hinter mir.
„Ehm, tut mir leid. Ich wollte nicht stöbern, aber-"
„Kein Problem, es sind doch nur Bücher. Also wie gesagt, du kannst es gerne haben", unterbricht sie mich mit einem freundlichen Lächeln.
Ihre goldenen Haare hängen nun nass über ihren Rücken. Auf ihrem Nachthemd haben sich durch das Wasser bereits kleine Flecken gebildet.
„Danke," sage ich zögerlich, „aber ist es nicht-" Erneut werde ich unterbrochen. Diesmal jedoch nicht von der Prinzessin, sondern von der Tür hinter ihr. Ohne Vorwarnung schwingt sie auf.
Hinein kommt der wahrscheinlich attraktivste Mann, den ich je gesehen habe, hinein. Seine goldenen Haare fallen ihm unordentlich ins Gesicht, als hätten seine Haare noch nie eine Bürste gesehen. Auch von der anderen Seite des Zimmers kann ich seine türkisen Augen strahlen sehen.
Trotz meiner eigenen Größe, überragt er mich noch um einiges. Sein dunkelblaues Hemd betont seine schlanke, aber dennoch athletisch Statur.

Wortlos, vielleicht auch mit offenen Mund, starre ich an.
Er sieht mich, und damit auch meinen bescheuerten Gesichtsausdruck, zum Glück noch nicht und fängt an zu reden.
„Hey Val, hast du Vater gesehen. Er hat nach mir gefragt, aber ich weiß nicht wo er ist", ertönt seine tiefe Stimme. „Nein ich habe ihn heute noch nicht gesehen", antwortet Valaia ihm, blind gegenüber seinem Aussehen.
Ich richte meine Augen auf ihre blonden Haare und blicke umgehen wieder zu dem jungen Mann mit den goldenen Haaren. Sie sind Geschwister! Natürlich. Das ist der Prinz. Blonde Haare, so wie seine Schwester und sein Vater, der König. Teil der Chronos, ebenfalls wie sein Vater. Valaia und er haben fast den gleichen Mund.
Ich wusste, dass der Kronprinz attraktiv sein soll, aber so auszusehen wie er sollte verboten sein. Man kann ihn ja nicht einmal ansehen ohne zu sabbern.

Als ich mich endlich unter Kontrolle gebracht habe, will ich so schnell wie möglich der unangenehmen Situation fliehen. „Ich geh dann mal", sage ich kleinlaut.
Ich eile mit schnellen Schritten aus dem Zimmer, mit der Absicht meine einige Peinlichkeit zu vergessen. Doch das Universum will mich anscheinend noch ein bisschen länger leiden lassen, denn genau in dem Moment stolpere ich über den flauschigen Teppich und falle flach auf den Boden. Das Buch fliegt mir dabei von der Hand und landet aus meiner Sichtweite.

„Kalia! Alles okay? Hast du dir weh getan?", fragt mich die Prinzessin geschockt.
Ich rapple mich auf und nicke ihr zu. „Ja, alles okay. Ich bin etwas tollpatschig, so etwas passiert mir ständig. Theoretisch sollte ich nur mehr aus blauen Flecken bestehen, so oft wie ich mir weh tue", antworte ich verlegen. Ich streiche meine Kleidung aus und mache mich wieder auf dem Weg zur Tür. „Gute Nacht, Valaia. Bis morgen", verabschiede ich mich schnell.

Doch mir wird wieder mal ein Strich durch die Rechnung gemacht als mir der Weg blockiert wird. Ich hebe meinen Kopf und blicke in die unglaublich blauen Augen des Prinzen. „Hast du nicht etwas verloren?", fragt er mich schmunzelnd mit funkelnde Augen.
Wahrscheinlich macht es ihm Spaß mich mit seinem Aussehen zu foltern. Er ist solche Reaktionen vermutlich schon gewohnt.
„Ehm nein", behaupte ich schnell und versuche mich an ihm vorbeizubewegen. Jedoch hält er mich mit seinem Arm auf. In seiner Hand befindet sich das alte Lederbuch, welches ich schon längst vergessen hatte.
„Ach ja. Danke." Ich nehme das Buch entgegen und verabschiede mich abermals. Sobald ich außer Sichtweite bin, laufe ich los. Wie peinlich war das bitte? Am liebsten wurde ich im Boden versinken.

Bevor ich mich für die Nacht in mein Zimmer begebe, stoppe ich noch kurz vor Morgans Zimmer. Ohne zu klopfen stürme ich ins Zimmer.
Sie sitzt auf ihrem Bett und sieht mich verwundert an „Hallo auch zu dir", sagt sie sarkastischen und rollt ihre Augen.
„Wieso hast du mich nicht davor gewarnt, wie gut der Prinz aussieht?", frage ich entsetzt. Anstatt zu antworten, fängt sie nur an zu lachen.
Nach einer Weile antwortet sie schließlich. „Hast du ihn getroffen? Mann, da wäre ich gerne dabei gewesen", sagt sie noch immer lachend.
„Ha. Ha." Beleidigt setzte ich mich zu ihr aufs Bett und verschränke meine Arme. „Du hättest mir wenigstens einen Hinweis geben können, sodass ich ihn nicht einfach nur anglotze", behaupte ich.
„Aber das wäre doch nur halb so lustig gewesen. Da muss jedes Mädchen durch, wenn sie hier anfängt. Angeblich sind einige vor Schock schon ohnmächtig geworden. Du hast ihn wenigstens nur angestarrt", versucht sie mich aufzumuntern.
„Ich bin vor ihm hingefallen. Als ich aus dem Zimmer fliehen wollte, bin ich über den Teppich gestolpert. Und er fand das alles vermutlich wahnsinnig witzig", sage ich schmollend.
„Du bist vor ihm hingefallen?", reibt sie mir unter die Nase und fängt wieder an zu lachen.
Genervt nehme ich einen Polster und werfe ihn ihr ins Gesicht, worauf sie nur noch mehr anfängt zu lachen.
Einige weitere Sekunden sitze ich noch schmollend neben ihr bevor ich mir das Lachen auch nicht verkneifen kann.

Morgan erzählt mir was sie angestellt hat, als sie den Prinzen zum ersten Mal getroffen hat, was uns noch mehr zum Lachen bringt.
Anscheinend ist sie gerade mit einem Eimer voll Wasser aus dem Badezimmer der jüngeren Prinzessin gekommen und plötzlich stand er vor ihr. Vor Schreck hat sie das ganze Wasser auf ihn gegossen.
Vielleicht war mein Stolpern doch nicht zu schlimm.

The Queen of SecretsWhere stories live. Discover now