11. Nass im Regen

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Ich erstarrte bei dem Namen. „Was meinst du?"

„Ich habe den Lieutenant zufällig getroffen, während du dich mit unserem Hausherrn begnügt hast." Sie lächelte völlig schadenfroh.

Ich beachtete ihre Provokation gar nicht. All meine Sinne waren in Alarmbereitschaft. „Was hast du ihm gesagt?", fraget ich atemlos.

Sie verschränkte defensiv die Arme vor der Brust. „Er weiß, dass du hier bist."

Ich sah sie fassungslos an. „Wieso hast du das getan? Du hast ihm doch selbst eine Waffe an den Kopf gehalten! Und jetzt seid ihr plötzlich gute Freunde, oder was?!"

„Du solltest lernen, mit wem du es zu tun hast, Ella.", zischte sie.

Ganz offensichtlich mit einer Psychopathin! Mir fehlten schlicht und ergreifend die Worte. Ihre Eifersucht war krankhaft!

„Ich kann nicht fassen, was du getan hast!"

„Tja und ich kann nicht fassen, was du getan hast!", erwiderte sie verbittert.

„Das kannst du doch nicht vergleichen, verdammt!"

Ich zweifelte ehrlich an ihrer geistigen Gesundheit. Ich hoffte jedenfalls, dass Irrenhäuser bereits erfunden wurden, denn sie gehörte auf jeden Fall in eins!

„Der Feind meines Feindes ist mein Freund.", sagte sie kühl, „Ich würde alles für Mr Kurt tun."

Ich schüttelte nur enttäuscht den Kopf. „Vielleicht solltest du damit anfangen, dir ein Rückgrat wachsen zu lassen, Mädchen."

Als sie wütend einen Schritt auf mich zukam, erkannte ich die Tränen, die ihr in den Augen glitzerten. „Du wirst niemals verstehen können, was ich für Mr Kurt empfinde. Er ist für mich nicht nur ein Hausherr!"

Wassss du nicht sagst.

„Er ist meine Rettung gewesen. Mein Anker." Sie schluckte schwer. „Ich war verloren und hatte nichts, überhaupt nichts! Ich war ein niemand und trotzdem hat er mich aufgenommen! Denk nicht, dass du was Besonderes bist, weil er dich im Haus wohnen lässt! Ich war schon vor dir hier! Und ich werde noch hier sein, wenn du wieder in das Loch zurückkehrst, aus dem du gekrochen bist! Denk nicht, nur weil er dir heute Abend ein kleines bisschen Aufmerksamkeit geschenkt hat, wird es auch so bleiben! Er ist kein einfacher Mensch. Man braucht Geduld, die du nicht hast! Ich aber kann warten - und er wird es eines Tages zu schätzen wissen."

Eine Träne lief ihr die Wange hinab.

„Es war Schicksal, das ich hier gelandet bin. Mein Schicksal. Nicht deins. Du hast hier nichts verloren!" Mit diesen Worten machte sie auf dem Absatz kehrt und stürmte durch die Menge. Sie stieß Gäste harsch von sich und lief in Richtung Ausgang.

Ich stand einen Moment wie angewurzelt da und wusste nicht recht, was ich tun sollte. Wäre es besser gewesen, wenn ich ihr hinterherlief? Immerhin war ihr zuzutrauen, dass sie sich selbst etwas antat. Entgegen meiner Abneigung tat sie mir leid. Ihre besessene Art zu lieben, schadete nur ihr selbst. Aber andererseits liebte sie Mr Kurt genauso sehr wie sich selbst, daher war es eher unwahrscheinlich, dass sie sich selbst verletzen würde.

Ich stöhnte erschöpft auf. Mir wurden Rosalies Eifersuchtsanfälle langsam zu viel.

Ich wollte nur noch von diesem Ball weg und mich in mein Bett verkriechen.

Vorsichtig spähte ich an der Säule vorbei, um zwischen den Gästen den Lieutenant ausfindig zu machen. Ich konnte ihn jedoch nicht sehen. Die meisten Offiziere waren in Unterhaltungen vertieft und mit Trinken und Lachen beschäftigt.

Ella - Die Stille nach dem SturmWhere stories live. Discover now