Prolog.

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Prolog

Die Blätter raschelten unter meinen Füßen, kleine Zweige brachen unter meinen schnellen Schritten. Mein Atem wurde hektischer, stoßweise verließ er meinen Mund. Ich blieb stehen, stützte mich auf meinen Knien ab und atmete tief durch, versuchte, so viel Luft in meine Lungen zu bekommen, wie ich konnte.

So bald ich wieder etwas zu Atem gekommen war, richtete ich mich auf und schaute mich um. Vereinzelte Sonnenstrahlen fielen durch einige Blätter der großen Bäume. Ihre Kronen ragten schier endlos in die Höhe, dunkle Schatten fielen auf den Waldboden.

„Ich finde dich!", schrie ich mit aller Kraft in den stillen Wald hinein. Meine Stimme hallte wider, Vögel stiegen vor Schreck in die Lüfte hoch.

Ein helles Kichern verriet mir die Richtung, die ich einschlagen musste. Ein Grinsen stahl sich auf meine Lippen, als ich nach rechts einschlug.

Ich stützte mich an einem der Bäume ab, um erneut eine scharfe Kurve, dieses Mal nach links, zu nehmen. Ich sprang über Steine, schaute mich in jede Richtung um.
Dort, ihre langen braunen Haare wehten im Wind, als sie hinter einer großen Eiche verschwand. Ich verlangsamte meine Schritte etwas, ging in schnelles Joggen über. Jetzt, wo ich sie entdeckt hatte, war es nur noch eine Sache von wenigen Augenblicken, bis ich sie hatte.

„Du weißt, ich kriege dich sowieso!" Meine Stimme war in dem sonst so stillen Wald laut zu hören, hallte an jedem Stein wider, wurde in jede Richtung zurückgeworfen.
Meine Drohungen quittierte sie mit ihrem wunderschönen Lachen, es erfüllte die Luft wie der süße Duft der Walderdbeeren, die hier überall wucherten.

Ich sah sie um die nächste Ecke verschwinden, mit einem siegessicheren Lächeln bog ich wenige Sekunden später ebenfalls um die Baumgruppe. Doch ich konnte sie nirgends sehen.
„Amy?"
Panik machte sich in mir breit, so schnell konnte sie nicht verschwunden sein.
„Das ist nicht mehr lustig. Wo bist du?" Verzweiflung schwang in meiner Stimme mit. Ich drehte mich mehrmals um meine eigene Achse, rannte weiter.

Plötzlich ertönte wieder das schönste Lachen, das die Welt je gehört hatte. Erleichtert blieb ich stehen, immer noch auf der Suche nach ihr.

Ihr Lachen verebbte, veränderte sich in ein herzzerreißendes Schreien. Erst panisch, dann wurde es zu Hilferufen. Sie schrie meinen Namen. Nie werde ich das vergessen können.

Amy! Amy! Amy!

Meine verzweifelten Rufe hallten nicht nur in meinem Kopf wider, die kühle, morgendliche Waldluft war erfüllt von ihnen.

Ich rannte immer weiter, ignorierte den stechenden Schmerz, der sich in meinen Lungen breit machte. Ich musste sie finden.

Ein Schritt vor den anderen, immer weiter. Ich fiel, keuchte schmerzvoll auf, doch das Blut, das anfing von meiner Stirn zu tropfen, interessierte mich nicht. Alles was zählte, war sie zu finden.

Erneutes schreien, doch ihr Hilferuf wurde unterbrochen, wie als hätte ihr jemand die Hand auf den Mund gelegt.

Ich blieb vor einer Gabelung stehen, lauschte nach irgendeinem Hinweis. Nichts, nichts als drückende Stille umhüllte mich. Ich hatte keine Zeit zu warten, entschied mich für links und begann abermals zu rennen.

Ich rief ihren Namen, doch wie zu erwarten bekam ich keine Antwort. Und dann sah ich sie.
Heiße Tränen rannen ihre Wange herunter, verzweifelt blickte sie zu mir, ihre Augen zeugten von einem stummen Schrei.
Seine Hand drückte er auf ihre Lippen, mit der anderen hielt er sie an sich gepresst. Unbändiger Hass machte sich in mir breit, nahm jede Faser meines Körpers ein.

„Lass sie los", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Aber, aber, nicht so schnell. Sonst ist es doch nur halb so witzig."
„Lass. Sie. Los.", wiederholte ich, dieses Mal jedes Wort, jede einzelne Silbe betonend.

Cursed.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt