Es war einmal...

10 2 2
                                    




 Ein letzter Blick auf die Weiten des Ozeans und Rodrigo wurde ein Teil der Mengen, die sich durch die Straßen Rio's kämpften. Mitten im bunten Gedränge kam ein kleiner Junge mit hell grünen Augen und zerlumpten Klamotten auf Barfuß zu ihm gerannt. Sein Name war Raoul. Zwei Jahre jünger als Rodrigo. Ein Altersunterschied, den er mit Wortwitz, Erfahrung und hartem Willen wettmachte. Ein Junge so loyal wie seine Ambition, sich zu einem respektierten Mann zu machen.

Mit großen Augen und leicht aus dem Atem, machte er vor seinem Freund halt, und packte ihn am Arm.
»Komm ... komm mit ... ich hab uns den Auftrag an Land gezogen«, verkündete Raoul stolz und nach Luft hechelnd. Rodrigo blickte ihn verdutzt an, doch bevor er sich dazu äußern konnte, zog Raoul ihn durch die Menge hindurch. Raoul kannte die Massen in Rio und verstand es sich perfekt durch den wüsten Verkehr und die zahlreichen Menschen zu bewegen, ohne großes Aufsehen zuerregen. Eine seltene und erforderliche Kunst, wenn man sonst mit dem Bestehlen von Touristen beschäftigt war. Ein Geschäft das so brummte, wie es auch gefährlich war. Weniger wegen dem Auge des Gesetztes, als mehr durch die Konkurrenz der einzelnen Banden untereinander. Doch es wäre nicht Raoul, wenn er keinen Plan B parat hätte.


»Wo bringt du mich hin, Junge?«, brachte Rodrigo ungeduldig hervor.
»Beruhig dich, Mann. Du kannst mir gleich die Füße küssen«, entgegnete Raoul während er ihn durch die Menge zog.
Beide machten Halt vor einem riesigen Hotel.
»Das Marriott? Was wollen wir hier?«, kam es aus Rodrigo, während sein Blick die weiße Fassade, des Luxus Hotels hinauf wanderte.
»Du stellst mehr Fragen, als die Polizei. Tu mir nur einmal den Gefallen und spiel stummer, dankbarer Kollege«, zischte Raoul und ließ seinen Blick ungeduldig über die Mengen der Gäste fahren, die sich vor dem Hoteleingang tummelten. 

Mitten im Gedränge kam eine wunderschöne Frau auf sie zu. Sie wird um die achtzehn gewesen sein und hörte auf den Namen Esmeralda. Eigentlich hieß sie Carla, doch so wollte sie nicht genannt werden. Der Name erinnerte sie immer an ihre Familie, die sie misshandelte und ihr eintrichterte nicht mehr Wert zu sein, als der Dreck auf dem Bordstein. Ein Mädchen für ein paar vergnügliche Minuten, nicht mehr. So war es kein Wunder, dass Esmeralda im unschuldigen Alter von vierzehn Jahren ihr Haus und Heim verließ und sich ein eigenes Leben aufbaute. Ein Unterfangen, dass sie Raoul kennenlernen ließ. Wann immer zwei strebsame Seelen ihren Weg kreuzen, entstehen Momente mit Bedeutung. Momente wie Dieser.
»Wo wart ihr, verdammt nochmal? Raoul, ich hatte dir gesagt um viertel vor da zu sein, nicht viertel nach«, fauchte sie in ihrer Hausmädchen-uniform.
»Was ein Pech, dass du das zu Jemanden gesagt hast, der Uhrzeiten so gut lesen kann, wie du meine Zukunft«, konterte Raoul frech.
»Oho, ich kann deine Zukunft lesen, und die sieht nicht besonders rosig aus, wenn eure Ärsche nicht in fünf Minuten oben sind«, entgegnete Esmeralda kühl und zerrte Raoul und Rodrigo hinter sich her.
Gemeinsam drängten sie sich durch die Menschenmassen, weiter durch den Eingang, bis sie mitten in der ansehnlichen Eingangshalle halt machten und Esmeralda, das Gespräch mit einem Junior Manager suchte.
Mit großen Augen betrachteten die Jungs, die hellen Kronleuchter, die schwer von der Decke hangen und den cremefarbenen Raum ein majestätisches Antlitz gaben. Rodrigo ließ seinen Blick, den kompletten Saal durchwandern. Er betrachtete die Bunten Blumen, die edlen Lounge-couches, den schimmernden karogemusterten Boden und die eleganten Säulen, die den Raum in zwei Stockwerke einteilen, dann blickte er auf Raoul und Esmeralda, die nun gemeinsam mit dem Mann in Weste sprachen.


Ich kann ihnen nicht sagen, wie dankbar ich Gott war, dass er mir, diese Leuchttürme schenkte. Wie verloren, ich doch ohne sie war, wurde mir viel zu spät bewusst.


Raoul kam auf Rodrigo zu gelaufen mit einem verschmitzten Grinsen, das nur eine gute Nachricht, und nichts als eine gute Nachricht, beherbergen konnte. 

This was RioWhere stories live. Discover now