17. Zeitsprung

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Die nächste Zeit verging wie im Flug. Sie wurde bestimmt durch das tägliche Training mit Fechtkämpfen, Stuntübungen und Trickreiten. Nicht selten endete es mit blauen Flecken, aber ich übte. Bald konnte ich es sehr gut. Allerdings forderte das Training meine gesamte Kraft, wodurch ich das Pferdetraining etwas hängen ließ.

Aber was wollte ich mit Felicitas noch groß machen? Sie war jetzt brav und ich nahm sie immer wieder auf Ausritte mit. Ein ganz unkompliziertes Pferd würde sie wohl nie werden, aber sie war zumindest nicht immer schlecht drauf. Mit Christophe bekam ich mich nicht mehr ein. Immer wieder spielten wir uns Streiche, die nicht selten in wilden Hetzjagden auf dem Hof endeten. Doch keiner von uns meinte es je ernst.

Einmal sagte ich Rango, er solle doch mal die Gelegenheit nutzen und bei einer offener Boxentür einfach mal hinaus rennen. Er tat es prompt und Christophe durfte den Braunen eine halbe Stunde lang jagen, bis ich mich erbarmte und ihn zu mir rief. Dafür bekam ich ein T-Shirt mit einem „I love Christophe" Aufschrieb. Das allerdings merkte ich erst, als seine Freundin es mir empört sagte.

Ornella hatte weiterhin Probleme mit ihrem Chef, die erst aufhörten, als er morgens zwei Kaffees bekam. Dafür hatte eine genervte Gabriella gesorgt. Auch sie lernte ich mit der Zeit immer besser kennen. Von beiden bekam ich ein Autogramm, was mich sehr freute. Auch Juan hatte mir eines gegeben. Ihn fand ich ebenfalls sympathisch. Manchmal besuchten wir, wenn nichts los war, unsere Shows gegenseitig. Nur mittags, wenn die Showzeiten sich überschnitten und beim Mittagessen, war es strickt nach Arena und Globe getrennt.

Niemand aus dem Globe würde mit Arena zu Mittag essen (abgesehen natürlich von den weiblichen Ausnahmen Marion, Louisa und mir)! Mit Marion verstand ich mich weiterhin prima. Auch mit Louisa freundete ich mich immer mehr an. Den Beiden machte es sehr viel Spaß, mir etwas beizubringen.

Dass es wieder Vollmond war, bemerkte ich erst gar nicht. Erst als es mir, die stets aufmerksame Marion, sagte. Sie hatte sich einen Mondkalender für mich angeschafft. Immer wieder informierte sie mich über die aktuellen Mondzeiten.

Und wirklich: Am Samstag war es mal wieder soweit. Es war nicht mehr so schlimm wie beim ersten Mal, aber trotzdem merkte ich die Schwäche deutlich. Marion war genauso aufgeregt wie ich, denn ich hatte ihr versprochen, ihr die blauen Energieströme zu zeigen. Oder zumindest würde ich es versuchen, denn ich hatte keine Ahnung wie ich es anstellen sollte.

An jenem Tag pausierten wir das Training. Ich hielt mich die ganze Zeit abseits. Denn schon seit dem Morgen sah ich, ohne dass ich es verhindern konnte, die blauen Energieströme. Morendo bestätigte es mir. Meine Augen glühten. So schlug ich mir die Zeit mit dem studieren der Energie tot.

Ich entdeckte, dass Lebewesen wirklich so etwas wie eine Seele besaßen. Denn die Energieströme bündelten sich in einem Punkt, der bei jedem Lebewesen woanders sein konnte, und nährten dort eine Energiequelle. Umso größer die Energie, desto kaltblütiger und unfreundlicher war das Lebewesen. Umso kleiner, desto freundlicher. Eigentlich ganz logisch.

Jedenfalls wurde es recht bald Abend, sodass ich erste Vorbereitungen traf. Diesmal richtete ich mich im Umkleideraum ein. Da ich sowieso nicht viel schlafen würde, sollte es wenigstens Marion gemütlich haben. Sie hatte ebenfalls vorgesorgt und einen Schlafsack mitgebracht. Diesen breitete ich auf einer dicken Decke aus. Dann schloss ich den Raum ab, es würde eh niemand mehr hinein gehen. Aber ich wollte auch nicht, dass irgendwer rausfand, dass wir hier übernachteten. Nach und nach gingen alle und wir hatten den Hof für uns allein. Ich genoss jedes Mal diese Stille, nach einem anstrengenden Tag in einem Freizeitpark. Es war so ausgestorben und das Gekreische und der Lärm waren nicht mehr zu hören. Und dazu verschwand noch die Wärme, die den ganzen Tag die Luft so drückend machte. Ich war eindeutig ein Kind der Nacht.

Moondancer - PferdemädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt