5. Kapitel Manche Sachen ändern sich nie

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Roza liegt schon lange nicht mehr neben mir. Sie hat noch nie mit mir Klammeraffen zusammen schlafen gekonnt.
Ich lächle frohlos an der Erinnerung, einer 12-jährigen Roza, die sich nach unseren Fernseherabenden aus meinen Griff befreit hat.
So viel Zeit ist vergangenen, aber manche Sachen ändern sich nie.

Doch es war besser so. Sie soll mich nicht weinen sehen. Während mir warme Tränen stumm die Wange runter laufen, komme ich mir lächerlich vor.

Es ist unfassbar, wie alle sich verändert haben. Ich habe das Gefühl, dass ich sie verändert habe. Mein Handel hat geprägt; nicht nur mich sondern uns alle. Ich habe gewusst - Jahre davor -, dass ich gehen werde.

Trotzdem haben sie es einfach so erfahren, aus dem Nichts.

'Ach und das fällt dir erst jetzt ein?', dachte ich bissig.
Meine innere Stimme hat wieder mal Recht.
'Es ist zu spät um sich Vorwürfe zu machen. Was geschehen ist, ist gescheh'n. Die Zeit zurück drehen ist unmöglich. Es ist vergangen.'

Das weiß ich auch! Ich hätte es genauso getan, wenn ich die Zeit zurück drehen könnte.

'Hättest du?'

Hätte ich? Hätte ich wieder alle zurück gelassen? Oder hätte ich sie in mein Vorhaben eingeweiht?

Ich weiß es nicht. Ich weiß, ich sollte Antworten haben, aber ich habe sie nicht. Es ist ihnen gegenüber unfair; ich kann ihnen nichteinmal beteuern, anders gehandelt zu haben, wenn ich wieder dieses naive, kleine und ach so behütete 20-jährige Küken wäre, das gedacht hat, die Welt verändern zu können.
Ich bin so dumm gewesen.

Ich glaube, ich verlier langsam, aber sicher meinen Verstand. Immer wieder schleicht sich Farhad in meine Gedanken. Was er wohl macht? Wie es ihm wohl geht? Ob er wohl noch an mich denkt?

Vielleicht hasst er mich! Ja, das muss es sein. Er hasst mich. Wie soll er denn auch nicht?
Ich habe ihn alleine gelassen und ihn einen Tritt in sein Herz gegeben.

"Tritt? Du hast es auseinander genommen, zerfetzt und die Fetzen in Brand gesetzt."

Sie hat Recht. Diese innere Stimme, die ich so lange ignoriert habe, hat so Recht. Ich sollte öfters auf sie hören.

Ich habe keine Lust mehr darüber nachzudenken. Über ihn nachzudenken. Es ist sinnlos. Alles ist sinnlos. Ich versuche die ganze Zeit zu Schlafen. Ich kann aber nicht, weil meine Träume vom Krieg in Beschlag genommen sind. Sie gehören ihm. Er hat mir jede ruhige Nacht geraubt.

Denn ich sehe diese Bilder. Jede Nacht sehe ich diese Bilder, die aus dem Küken eine Kriegerin gemacht haben.

Ich sehe Kinder weinen. Ich sehe ihre kleinen Körper übersät mit Blut und Narben, als wären sie damit geboren worden. So viel Schmerz und Leid, der für sie Alltag ist

 So viel Schmerz und Leid, der für sie Alltag ist

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Das Mädchen aus dem KriegWhere stories live. Discover now