Broken Pieces

Chapter 1

Meine Tasche knallt auf den Boden.

Die Schlüssel rutschen mir aus der Hand. Wie in Zeitlupe fallen sie zu Boden.

Meine gesamte Welt zerbricht mit dem klirrenden Geräusch, das sie beim Aufprall von sich geben.

Ich kann meinen Blick einfach nicht von dem Geschehen vor mir abwenden.

Es ist wie bei einem Unfall. Man möchte wegschauen, aber man tut es nicht. Man kann es nicht.

Ich sehe die beiden Weingläser auf meinem Nachttisch, den roten Lippenstift am Glasrand. Ich sehe die HighHeels die nur wenige Meter vor mir liegen. Und den grauen, kurzen Rock der sich auf dem Boden aufgebauscht hat. Mein Blick wandert über das Bett in dem sich zwei Personen räkeln. Ich erkenne den breiten Männerrücken über den sich feuerrote Fingernägel ziehen. Beine, die sich um seine Hüfte schlingen.

Ihre Lippen auf seinen, die sich über seine erhitzte Haut schlängeln.

Aber das schlimmste sind die erstickten Laute, die sie von sich geben. Nur zu gut kenne ich das Gefühl, wenn sein heißer Atem über meine Haut streicht oder wenn sein Oberkörper auf meinen trifft.

Ich kann kaum begreifen, was sich vor mir abspielt. Ich will es nicht begreifen.

Sie scheinen mich nicht einmal zu bemerken. Zitternd gehe ich in die Knie und hebe meinen Schlüssel und meine Tasche auf. Das Blut rauscht in meinen Ohren und ich nehme alles um mich herum nur unscharf wahr. Ich fühle mich wie in Watte gepackt. Es scheint eine Ewigkeit zu dauern, bis ich endlich die Wohnung verlasse. Meine Füße suchen ihren Weg nach draußen und auch wenn ich renne, mache ich kaum Fortschritte. Ich fühle mich, als würde ich auf der Stelle laufen. Die Tür fällt mit einem Krachen ins Schloss.

Ich irre durch die Straßen New Yorks. Menschen laufen in dicken Mänteln umher, während ich nur einen Pullover trage. Doch ich spüre die Kälte nicht. Ich fühle mich taub.

Es herrscht reges Treiben. Doch ich bemerke das alles gar nicht. Menschenmassen ziehen an mir vorbei, während ich nicht weiß, was gerade passiert ist. Ich sehe die Bilder vor mir und doch will ich keinen klaren Gedanken fassen. Ich will nicht darüber nachdenken, was ich gesehen und gehört habe. Das ist einfacher. Sobald ich mir dies nämlich klar mache, gibt es kein Zurück mehr. Meine Beine tragen mich durch die Stadt und erst als ich mich vor der Tür meiner besten Freundin wiederfinde, mache ich Halt. Keiner öffnet die Tür. Die Schlüssel bohren sich schmerzhaft in meine Hand und ich suche den passenden. Innen ist es warm. Fast schon zu warm. Ich streife mir die Schuhe von den Füßen und lege mich auf die graue Couch. Je wärmer es mir wird, desto klarer werden auch meine Gedanken.

Ich fühle mich, wie in einem schlechten Traum gefangen. Ich kann einfach nicht aufwachen. So sehr ich es auch möchte, schaffe ich es nicht, mich von den Bildern zu befreien. In meinem Kopf hallen ihre Schreie wieder. In Dauerschleife sehe ich, wie sie sich an ihn krallt. Mir wird übel. Ich schaffe es gerade noch zur Toilette, bevor ich mich übergeben muss.

Ich hänge eine ganze Weile über der Schüssel. Und jedes Mal, wenn ich mich gerade wieder beruhigt habe, sehe ich die Bilder wieder von neuem.

Irgendwann kann ich nur noch trocken würgen und ich lasse mich erschöpft auf den Fußboden gleiten. Ich lehne mich mit dem Rücken gegen die Wand und schließe die Augen, als mir warme Tropfen auf die Wagen tropfen. Als der Damm einmal gebrochen ist, fließen die Tränen in Strömen. Ich gebe leise Schluchzer von mir und so sehr ich auch versuche stark zu sein, kann ich nicht aufhören zu weinen. Wie konnte er nur?

Mir ist bewusst, dass unsere Beziehung nicht perfekt ist. Aber ich hätte nie gedacht, dass er im Stande sein würde mich zu betrügen. Wir haben uns vertraut. Zumindest hätte ich mein Leben in seine Hände gelegt. Umso härter trifft mich nun die Erkenntnis, dass wir ihm nicht genug sind. Unsere Beziehung ist ihm nicht genug. Ich kann mir nicht vorstellen, was ihn dazu bewegt hat, mit einer anderen Frau zu schlafen. Hinter meinem Rücken.