Ja, ihre Stimme duldete wirklich keine weiteren Kompromisse. Wir beschlossen eine Taschenlampe zu suchen und im Garten nachzusehen. Auf Zehenspitzen schlichen wir die Treppe hinunter, während wir uns verzweifelt an jedem anderen festhielten. Clara machte sogar die Augen zu und ließ sich von uns führen.

Ganz vorne ging Kate, die das Licht der Taschenlampe hin-und her zucken ließ. Dadurch warf sie Schatte an die Wände, die noch gruseliger als die Gesamtsituation waren.

„Wie wäre es, Kate, wenn du mal die Taschenlampe ruhig halten würdest?", fuhr ich sie durch zusammengebissene Zähne an.

Kate verdrehte die Augen, tat mir aber den Gefallen. Als nächstes huschten wir durch das Wohnzimmer und zur Terrassentür. Nun überließ Kate mir mit einem Grinsen den Vortritt.

Ich sah sie böse an, öffnete aber ohne einen Kommentar lautlos die Tür, leuchtete zaghaft hinaus in die Dunkelheit und rief: „Hallo? Ist da wer?"

Da meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern war, nahm mir Kate wieder die Lampe ab, stieß schwungvoll die Tür auf und ging mit Clara und mir im Schlepptau ein paar Schritte auf die Terrasse. Sie rief noch einmal, diesmal lauter.

„Hallo? Wir wissen, dass da jemand ist, also zeig dich!" Als keine Antwort kam verschränkte Kate sichtlich genervt die Arme vor der Brust. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass wir alle barfuß und nur im Schlafanzug mitten in der Nacht auf einer Terrasse standen und mit dem Garten redeten.

Die kalte Nachtluft zerrte an meinen Haaren. Würde ich nicht so eine Angst haben, könnte man die Situation durchaus als komisch bezeichnen. Völlig unerwartet zog Clara an meinem Ärmel und hauchte mir leise etwas zu.

„Ähhm, Lily, nur mal so ne' Frage. Ist die Tür von eurem Gartenhäuschen da drüben eigentlich immer offen?"

Ich legte meine Stirn in Falten und wandte meinen Blick dem hinteren Teil unseres Gartens zu.

„Du meine Fresse!", rutschte es mir heraus.

Tatsächlich. Die Tür stand speerangelweit offen. Reflexartig ging ich ein paar Schritte rückwärts.

„Die Tür ist eigentlich abgesperrt", wisperte ich.

„Ich glaube, jetzt wäre der Zeitpunkt, deine Eltern zu holen", sagte Clara und schon hatte sie sich umgedreht und war zurück ins Haus gelaufen.

Wir taten es ihr gleich. Clara und Kate warteten unten, während ich die Treppe hinauf stürmte, um meine Eltern zu wecken.

„Mama, Papa, wacht auf!"

Nachdem meine Eltern, sowie Lumi verwirrt aufgestanden waren, erzählte ich ihnen die ganze Geschichte.

„Das ist so ziemlich unmöglich, Lilie, Schatz. Seid ihr sicher, dass ihr euch da nicht ein wenig verguckt habt?", murmelte mein Vater verschlafen, als ich sie endlich auf den Flur hinaus bekommen hatte.

„Ja, ganz sicher! Jetzt kommt!"

Immer noch nicht ganz überzeugt folgten mir meine Eltern nach unten. Lumi warf mir tödliche Blicke zu, entschied sich aber dann trotzdem dazu, ebenfalls mit auf die Terrasse zu kommen. Dort rissen meine Eltern erstaunt die Augen auf.

„Kate, gib mir doch bitte mal die Taschenlampe", sagte mein Vater.

Er ging ein paar Schritte über die Wiese und rief dann: „Wer ist da? Zeig dich oder ich rufe die Polizei!"

Ich hielt den Atem an. Clara schrie auf und versteckte sich hinter mir, wobei sie sich etwas ducken musste, als sich im Häuschen ein Schatten auf die Tür zu bewegte. Ich selbst griff nach Kates Hand und zog sie zu uns heran. Es hang eine unglaubliche Spannung in der Luft, die immer größer wurde. Einerseits war ich echt gespannt, wer sich so einen dummen Streich ausgedacht hatte. Andererseits hatte ich richtig große Angst.

Lilys Leben - meine Geschichte Where stories live. Discover now