2 | Zimtgeschmack

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Ich nippte an meinem Kaffee. »Das ist doch jede Familie.«

Adrian presste die Lippen zusammen. »Auf unserem Anwesen wohnt nicht nur meine Familie ... es ist so, dass mein Vater eine Art ... naja ... eine Gruppe von wichtigen Männern dort wohnen lässt. Es ist wie der private Hauptsitz der Bank.«

»Ich verstehe.« Ich nahm noch ein Stück von dem Kuchen.

»Ich selbst lebe nicht dort, ich habe ein eigenes Haus hier in London.«

»Also werde ich dich nicht sehen, wenn ich arbeite?«, sagte ich absichtlich etwas beleidigt.

»Doch, ich bin meistens nachmittags dort und besuche meine Schwester.« Ich war erleichtert.

Wir unterhielten uns noch lange über alle möglichen Dinge. Als wir fertig waren, bezahlte natürlich Adrian die Rechnung und half mir in meinen Mantel. Wir spazierten zurück zu seinem Wagen. Die Wolkendecke hatte sich nun fast zu Gänze gelichtet und ließ die frühe Nachtmittagssonne ungehindert vom blauen Himmel strahlen. Erst jetzt fiel mir auf, dass Adrian, trotz der kühlen Temperatur, gar keinen Mantel trug. Ich sprach ihn nicht darauf an.

»Soll ich dich nach Hause fahren?«, bot er mir an, als wir losgefahren waren.

»Wenn es dir nicht zu viele Umstände macht«, entgegnete ich. »Meine Adresse ist ...«

»Warwick Way 134«, vollendete er meinen Satz.

»Woher weißt du das?«

»Es stand in deinem Bewerbungsschreiben«, erklärte Adrian lächelnd. »Wenn es dir nichts aus machen würde, könnten wir dann kurz bei mir vorbeischauen? Ich muss ein paar Unterlagen von Zuhause holen damit ich dann gleich zu einem Meeting fahren kann.«

»Das ist kein Problem«, sagte ich. »Ich wollte schon immer sehen, wie ein Millionär wohnt.«

Nach wenigen Minuten bog der Porsche in eine der besseren Wohngegenden Londons ein. Die weißen, großen Häuser, die alle gleich aussahen, reihten sich die Straße entlang. Adrian parkte am Straßenrand. Wir stiegen aus und gingen die Treppe hoch zur Haustür.

»Ich hätte gedacht du lebst in einem Penthouse«, scherzte ich und folgte ihm hinein.

»Das bevorzuge ich nur im Sommer, wenn das Wetter besser ist und man auf die Stadt hinuntersehen kann.« Er brachte mich ins Wohnzimmer. Es war viel größer als unseres und in grau und weiß Tönen eingerichtet. In der Ecke am Fenster stand ein schwarzer Flügel.

»Du spielst Klavier?«, erkundigte ich mich und setzte mich auf die Couch. Der Stoff fühlte sich unglaublich weich an, genau wie die unzähligen Kissen darauf. Adrian ging hinüber zu einem Bücherregal und zog eine Mappe heraus.

»Ja«, antwortete er knapp.

»Wie lange schon?«

»Seit einer halben Ewigkeit.«

Ich musste lachen. »Und wie definierst du eine halbe Ewigkeit?«

Adrian setzte sich neben mich und öffnete die schwarze Mappe. »Solange ich schon denken kann.«

Neugierig lugte ich in die Unterlagen. Adrian bemerkte es und ermahnte mich freundlich während er sie weiter durchblätterte. »Das sind geheime Geschäftsbriefe«, erklärte er.

Als ich meinen Blick immer noch auf die Unterlagen geheftet hatte, hielt Adrian inne und sah mich an. Doch es lag keine Wut in seinem Ausdruck. Er legte die Mappe beiseite, ohne den Blick von mir abzuwenden. Ich bemerkte erst jetzt, wie nah wir uns eigentlich waren. Wir sahen uns gegenseitig tief in die Augen. Es kam wie es kommen musste: Wir küssten uns.

We kissed the London RainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt