Andererseits hatte ich schon genug Menschen angelogen. Vielleicht war es an der Zeit, mich in dieser Hinsicht zu bessern. "Beth ist nicht die Einzige, die das... verletzen könnte.", murmelte ich, ohne Harry anzusehen. Er schwieg für einen kurzen Moment. Dann fragte er: "Ist Louis... eifersüchtig? Oder so etwas in der Richtung? Ich dachte, ihr seid nur Freunde... ich mein, wir sind auch nur Freunde, aber..." Ich musste mich zusammenreißen, um nicht laut los zu lachen. "Louis? Eifersüchtig? Nein, ganz bestimmt nicht." - "Um wen geht es dann?" Nervös biss ich mir auf die Unterlippe. Schließlich seufzte ich. "Niall. Er... er könnte das falsch verstehen." Immer noch nervös hob ich meinen Blick, um Harrys Reaktion sehen zu können. Seine Stirn lag in Falten, während er mich etwas verwundert ansah. "Also ist Niall derjenige, der eifersüchtig ist?" Schnell schüttelte ich den Kopf. "Nein! Ich meine... er weiß ja nicht, dass wir... keine Ahnung." - "Dass wir uns ab und zu näher kommen, als gut für uns wäre.", beendete er den Satz für mich. Ich nickte. "Er weiß, dass wir... uns nicht hassen." Noch immer sah Harry ziemlich verwirrt aus. "Wo ist dann das Problem? Es geht ihn ja nicht wirklich etwas an, was wir machen, oder?" - "In gewisser Weise schon.", flüsterte ich. Harry seufzte. "Kannst du mir bitte einfach sagen, von was genau du sprichst?" 

"Er hat mich geküsst. Und ich denke nicht, dass er sonderlich erfreut wäre, wenn er herausfinden würde, wie wir unsere gemeinsame Zeit verbringen." 

Es folgte ein Moment des Schweigens. "Warum hast du mir das nicht gleich gesagt?", fragte Harry nach einer Weile. Unsicher zuckte ich mit den Schultern. "Wie du bereits weißt, besitze ich nicht die Fähigkeit in deiner Gegenwart logisch zu denken." - "Hast du... Gefühle für ihn?" Die Frage überrumpelte mich etwas. "Ich weiß es nicht. Nicht direkt..." - "Aber du willst ihn nicht verletzen."; stellte Harry fest. "Natürlich nicht. Deshalb wäre es besser, wenn ich dieses Wochenende nicht mit zu dir komme." Er nickte langsam. "Okay, aber... du beendest nicht unsere... Freundschaft?" - "Nein. Ich glaube kaum, dass ich das könnte." Auf seinem Gesicht erschien ein schwaches Grinsen. "Gut." 

Die nächsten Tagen waren verhältnismäßig ruhig. Beth ging es zum Glück immer besser und auch Louis sprach mich nicht erneut auf die Situation mit Harry an. Mein schlechtes Gewissen Niall gegenüber, wurde jedoch von Tag zu Tag größer. Denn immer wieder machte er mir, vermutlich unbewusst, klar, was für ein toller Mensch er war. Mit ihm wurde es nie langweilig, er schaffte es in jeder Situation mich zum Lachen zu bringen und gleichzeitig wusste ich, dass ich mich auf ihn verlassen konnte. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass ich mich weiterhin mit Harry traf. Oft lagen wir einfach nur nebeneinander, mal schweigend, mal unterhielten wir uns. In anderen Momenten kamen wir uns deutlich näher, da wir schlicht und einfach nicht die Finger voneinander lassen konnte. Eine Erklärung dafür hatte ich noch immer nicht gefunden. 

Am Freitag machte Harry sich relativ früh auf den Weg zu seiner Familie. Ich hatte meine Meinung nicht geändert, blieb also wie geplant in London. Niall und ich verbrachten viel Zeit miteinander, allein schon um an unserem Literaturprojekt zu arbeiten. An beiden Abenden fuhren wir gemeinsam mit Louis und Beth in die Stadt, wo wir eine wirklich schöne Zeit verbrachten. Dieses Mal landeten Niall und ich sogar auf der Tanzfläche und hatten erstaunlich viel Spaß. Dass ich dabei immer wieder an Harry denken musste, machte mir etwas Sorgen. Ich wusste, dass ich mich entscheiden musste. Ich konnte unmöglich so weiter machen, wie bisher. Was zwischen Harry und mir lief, war rein körperlich, daran bestand kein Zweifel. Niall hingegen war offensichtlich interessiert an mir und ich konnte nicht behaupten, dass ich ihn nicht mochte. Was genau ich fühlte, wusste ich selber nicht. 

Vermutlich traf ich meine Entscheidung an genau diesem Wochenende. Der Abstand von Harry ermöglichte es mir, in Ruhe über alles nachzudenken. Was wünschte ich mir für meine Zukunft? Was würde mich glücklich machen? Und wen würde ich mit meiner Entscheidung verletzen? 

Vermutlich tat ich es nicht mal bewusst, doch sobald Harry am Sonntagabend wiederkam, versuchte ich, ihm aus dem Weg zu gehen. Ich hielt mich meistens in der Nähe von Beth auf da ich wusste, dass er nicht zu mir kommen würde, wenn sie bei mir war. Am Mittwoch jedoch lief ich ihm zufällig auf dem Flur über den Weg. Zu spät merkte ich, dass niemand bei mir war und dass es mehr als albern wäre, jetzt noch umzudrehen. 

"Eliza", begrüßte er mich mit einem etwas zurückhaltenden Lächeln. Ich erwiderte es zaghaft. "Harry..." - "Lange nicht gesehen.", stellte er fest. "Zuletzt vor einer Stunde in Literatur." Er verdrehte die Augen. "Du weißt was ich meine. Wieso... wieso ignorierst du mich?" Überrascht hob ich die Augenbrauen. "Ich ignoriere dich? Seit wann das?" Schauspielern war noch nie mein größtes Talent gewesen. "Seit ich wieder hier bin." Gespielt ahnungslos schüttelte ich den Kopf. "Nein... eigentlich nicht. Ich hab nur ziemlich viel zu tun, momentan." Er nickte verständnisvoll. "Ich fände es trotzdem schön, wenn wir uns mal wieder sehen könnten. Zu zweit." - "Ja ja, klar! Jeder Zeit. Ich muss jetzt nur schnell weiter, aber... man sieht sich." Ohne seine Reaktion abzuwarten, ging ich an ihm vorbei. Erst als ich um die Ecke gebogen war, blieb ich stehen und atmete tief durch. Ich wusste, dass meine Entscheidung die einzig richtige war. Doch ich vermisste Harry. Mehr als mir lieb war. 

DARK turns to LIGHTWhere stories live. Discover now