Kapitel 2

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Gerade will ich mich aus diesem Fass befreien, um mich an einem anderen Ort zu verstecken, da höre ich plötzlich Stimmen die langsam lauter werden.
Ich lasse mich zurück in den Fisch sinken und konzentriere mich darauf, keinen Ton von mir zu geben.
"Unter Deck Wache halten?", schnaubt der eine. Seine Stimme klingt kratzig, als würden seine Worte über eine Reibe gezogen werden, bevor er sie ausspricht.
"Eine schöne Aufgabe ist das!" Man hört, dass er nicht besonders erfreut ist, denn er spuckt die Wörter geradezu aus.
"Sei doch froh, Charlie", sagt eine etwas höhere Stimme, "Hier müssen wir nicht soviel arbeiten".
Charlie schnaubt wieder.
"Ich werde mich wohl oder übel damit abfinden müssen". Seine kratzige Stimme ist unangenehm. Sie macht mir eine Gänsehaut.
"Sieh es positiv, am Ende werden dir auch so sämtliche Frauen zu Füßen liegen, weil sie nicht wissen, dass du größtenteils unter Deck warst".
Da ist sie wieder. Die Verachtung gegenüber den Frauen. Es wird erwartet, dass wir sie vergöttern, nur weil sie mit auf Raubzug waren.
"Bist du nur mit, damit du jede Frau haben kannst, William?", fragt Charlie verächtlich. "Ich brauche das nicht. Ich kriege auch so jede".
Langsam kocht in mir Wut auf.
"Nein, aber es ist einer der Gründe", antwortet William.
"Auf wen hast du denn ein Auge geworfen?" fragt Charlie mit gespielt anzüglichem Unterton.
"Du kennst doch die heiße Schwester von Jack, Liz?"
Es fühlt sich an als hätte jemand das Feuer in mir angestachelt.
Wie wagt dieser William es über mich zu reden?
"Klar doch"
"Mit der hätte ich gerne mal was, ich weiß nicht ob sie zum Heiraten taugt, sie ist etwas zu wild".
Bitte was? Ich bin doch keine Puppe!
"Hm", murmelt Charlie als Antwort, "Lass uns hochgehen, ich habe Hunger".
William schweigt, möglicherweise nickt er, denn im nächsten Moment höre ich, wie sie sich entfernen.
Als die Luke zuschlägt, steige ich wütend aus dem Fass und trete dagegen.
Wieso gibt es diese Ungleichheit?
Warum scheinen Frauen für Männer nichts weiter als Spielzeuge zu sein?
Ich schubse das Fass um und es fällt geräuschvoll um.
Mir wird plötzlich bewusst, wie viel Lärm ich die ganze Zeit mache.
Offenbar haben das auch die anderen bemerkt, denn plötzlich schwingt die Luke auf.
Mit einem Hechtsprung verziehe ich mich gerade noch rechtzeitig hinter einem Haufen von Fässern.
Angst steigt in mir hoch, denn ich weiß, dass wir nich nicht sehr weit gefahren sind und wir, wenn ich gefunden werden würde, noch umkehren würden.
Ich will unter keinen Umständen wieder zurück.
Ich habe es schon bis hierher geschafft.
"Hier ist niemand!", dröhnt Jacks Stimme in meinen Ohren.
Ich würde ihm am liebsten an die Gurgel gehen, aber ich kann mein Versteck nicht verlassen, also unterdrücke ich meine Wut.
Erleichtert, dass mich niemand entdeckt hat, sinke ich auf den Boden und seufze.
Ich fahre mir durch meine Haare. Meine langen, blonden Haare. Sie sind deutlich zu weiblich.
Ich war immer schon anders als meine Geschwister. Nicht so 'weiblich' wie meine Schwestern Mary und Ann. Während Mary und Ann sich meine Mum als Vorbild genommen und ihr nachgeeifert haben, habe ich mich eher für das interessiert was mein Dad gemacht hat.
Meiner Mutter gefiel das gar nicht, denn sie meinte, ich würde meiner Rolle als Frau nicht gerecht werden.
Sie hat alles versucht um mich von den Aktivitäten meines Vaters abzuwenden und mich für ihre zu interessieren.
Ich erinnere mich leider noch zu gut an den einen Satz, den sie einmal zu mir gesagt hat: "Du bist eine Schande für die Familie, Elizabeth!"
In was für einer Welt lebe ich, in der man als Schande gilt, nur weil man dem Klischee seines Geschlechts nicht gerecht wird?
Ich war schon immer anders. Ich bin anders. Ich werde anders bleiben.
Vorsichtich schaue ich hinter den Fässern hervor.
Da niemand mehr hier ist, verlasse ich mein Versteck, um mich unter Deck umzusehen.
Ich bin noch nicht oft auf einem Schiff gewesen. Als ich klein war, hat Jack mich einmal mitgenommen während er auf mich aufgepasst hat.
Er hat mir das Schiff gezeigt, unwissend, dass er damit meinen Wunsch mit an Bord zu gehen entfachen würde.
Plötzlich spüre ich etwas Spitzes in meinen Fuß stechen. Zum x-ten mal heute muss ich einen Schmerzensschrei unterdrücken.
Ich inzpizierte den Boden um herauszufinden, auf was ich gerade getreten bin.
Ein Messer.
Besonders sicher ist es nicht, Messer einfach rumliegen zu lassen.
Ich hob es auf und strich mit meinem Finger über die Klinge.
Dann lasse ich es in meinen Gürtel gleiten.
Dieses Messer könnte mir noch von Nutzen sein.

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Ein bisschen langweilig ist es bisher, tut mir leid.
Ich denke es wird in Kürze etwas interessanter werden. ;)

Gefährlicher GesangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt