Kap. 2 nicht genetisch

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Mark und Carter würden heute auf diese Party gehen. Mich hatten sie natürlich nicht gefragt. Die kleine Mia ist ja schließlich noch nicht alt genug. Das ich mittlerweile siebzehn Jahre alt war und in einem Jahr meinen Abschluss machen würde, interessierte sie wenig. Sie waren bereits mit der Schule fertig und lebten ihren Traum. Sie spielten professionell Eishockey, während ich mir immer wieder anhören durfte, wie stolz sie doch alle auf Mark und Carter waren. Seid wir hier hergezogen waren, spielten die beiden gemeinsam und sie waren wirklich gut. Für mich blieb da nur wenig Zeit.                                                                         

Aus der Ferne schwärmte ich heimlich für Carter, wie wohl jedes Mädchen. Der einzige Grund, mit mir befreundet sein zu wollen, waren mein Bruder und Carter. Das lernte ich schon früh. Doch in mir sah Carter immer nur eine Schwester, die man beschützen musste. Meine Erfahrungen mit dem männlichen Geschlecht beschränkten sich daher auf null. Sobald mir einer zu nahe kam, stellte sich Carter oder Mark ihm in den Weg. >Fass meine Schwester an und dir wird es schlecht gehen<, war der Lieblingsspruch meiner beiden Brüder. Carter bezeichnete mich dann sogar als seine Schwester. Die meisten zogen alleine bei dem Anblick der beiden ab. Sie hatten ihren Ruf nicht nur auf dem Eis verteidigt, sondern gingen auch sonst keiner Schlägerei aus dem Weg. Unsere Mütter hatten, was das anging, aufgegeben. Man musste die beiden akzeptieren, wie sie waren. Doch das sie mir verboten, auf diese Party zu gehen, würde ich dieses eine Mal nicht akzeptieren.

Die Jungs waren weg und Sahra, meine einzige und beste Freundin, war gekommen damit wir uns gemeinsam fertig machen konnten. Sie und mein Bruder konnten sich nicht leiden, was sie mir umso sympathischer machte. >>Mia, du musst unbedingt dieses neue Top anziehen, das wir letzte Woche gekauft haben.<< Als ich es mir gekauft hatte, dachte ich mir ,dass ich es niemals tragen würde. Scheinbar kommt es doch noch zum Einsatz. Es war einer dieser Fetzen, die einfach auffallen mussten und am Rücken nur mit wenigen Bändern zusammengehalten wurden. Dazu konnte man eine ganz normale Jeans tragen und sah weder billig noch langweilig aus. Für meine Verhältnisse war es dennoch ein gewagtes Outfit. Wenn mein Bruder und Carter bei dem Ausschnitt nicht ausrasten würden, wüsste ich auch nicht weiter. Bei dem Gedanken an ihre Reaktion musste ich ein grinsen unterdrücken. Sahra meinte einfach >>Perfekt<< zu meinem Outfit. Heute würde ich es den Jungs zeigen. Ich war nicht länger die kleine Mia und gewiss nicht Carters Schwester. Sahra sah auch nicht zu verachten aus. Sie trug eine leicht transparente Bluse und darunter ein Spitzentop. >>Baby, wir werden den Abend rocken.<< Mit diesem Spruch machten wir uns auf den Weg.

Bei der Party angekommen staunten wir nicht schlecht, als einige junge Erwachsene bereits betrunken auf dem Vorgarten des großen Hauses lagen. Für einen Rückzieher war es jedoch zu spät. Wir umrundeten den ein oder anderen Körper und kamen nur langsam voran. Die laute Musik dröhnte uns entgegen und machte die Verständigung um so schwieriger. Die meisten der hier anwesenden Menschen konzentrierten sich daher auf eine andere Verständigung. Nämlich die körperliche. Im Haus angekommen war es dann, fast zumindest, angenehm warm. Unsere Jacken hatten wir vorsorglich in Sahras Auto gelassen. >>Lass uns erst mal was zu trinken besorgen und dann unters Volk mischen.<< Schrie ich meiner besseren Hälfte entgegen und zog sie einfach mit. Als erstes schütteten wir uns etwas stärkeren Alkohol in die Kehle und wurden schnell lockerer. Als wir den gewünschten Pegel erreicht hatten, nahmen wir uns jeweils ein Bier und verließen die Küche. Auf dem Weg zur Tanzfläche spürte ich den einen oder anderen platzierten Schlag auf den Hintern. Der Alkohol sorgte dafür, dass mir dies nur wenig ausmachte. Mit einigen der Jungs begannen wir sogar das ein oder andere Gespräch. Es floss noch mehr Alkohol und ich vergaß wo ich war und warum ich hier war. Alles war einfach toll. Bevor ich richtig auf der provisorischen Tanzfläche ankam, wurde ich am Arm festgehalten und zurück gezogen. >>Sag mal spinnst du<< Schrie mir ein wütender Carter entgegen. Ich musste kichern bei seinem Gesichtsausdruck. >>Wie viel hast du schon getrunken, Mia!?<< Er sah wirklich gut aus, in seinem dunkelblauen Hemd und den Hochgekrempelten Ärmeln. Er hatte so schön breite Schultern und tolle Unterarme. Und erst seine Hände, die mich immer noch festhielten. >>Mia, antworte mir. Bist du alleine hier?<< Alleine? Wo war den Sahra? Als ich mich umblickte konnte ich sie nicht sehen. Also drehte ich dem wütenden Carter meinen Rücken zu, um hinter mir nachzusehen. Ein zischen ließ mich innehalten. >>Was hast du da überhaupt an, Mia. Das ist ja nicht mal ein fetzen Stoff.<< Strahlend drehte ich mich um. >>Toll oder! Hast du Sahra gesehen, ich bin mir sicher wir sind zusammen gekommen. Und auf deine andere Frage zu antworten: Ich hab vielleicht ein paar Shots getrunken.<< Mein Gegenüber sah wenig begeistert aus. Verzweifelt fuhr er sich durch dir Haare und sah überall hin, nur nicht zu mir. Dann zog er mich plötzlich durch die Masse in einen ruhigeren Bereich. Meine Bierflasche hatte er mir abgenommen und irgendwem in die Hand gedrückt. Meine Proteste waren ihm egal. Ich traute meinen Augen kaum, als er anfing vor mir sein Hemd aufzuknöpfen. Ich glaube ich Träume oder aber Alkohol ist noch besser als ich immer gedacht habe. Leider trug er noch ein Unterhemd darunter, dass zumindest schön knackig saß und wenig der Fantasie überließ. Verspätet bekam ich mit, wie er erst meinen einen Arm in sein nun freies Hemd schob und dann den anderen. Schmollend schob ich meine Unterlippe vor. >>Mein Ziel heute war es eigentlich nicht, angezogen zu werden, Carter.<< Mit schüttelndem Kopf stand er vor mir. >>Und mein Ziel war es nicht auf eine betrunkene Mia aufzupassen. Dein Bruder ist schon anstrengend genug und wir haben morgen Training.<< So verzweifelt sah er richtig süß aus. >>Magst du das vielleicht auch noch ausziehen? Und du musst gar nicht auf mich aufpassen.<< Ungläubig sah er mich an. Scheinbar würde er das Shirt anbehalten. Schade aber auch. Bevor er etwas erwidern konnte, kam ein torkelnder Mark auf uns zu, was mich wieder kichern ließ. Einen Arm legte er um mich und den anderen um Carter. >>Die beiden liebsten Menschen in meinem Leben. Ich liebe euch Leute.<< Mark war echt witzig. >>Und Schwesterherz...<< Mit einem Zeigefinger winkte er mich näher zu sich. >>... Ich glaube du trägst ein Männerhemd.<< Zustimmend nickte ich und zeigte auf einen gefrustet aussehenden Carter. Was hat er denn? >>Ist von ihm.<< Mit einem Ahhhh machte mein Bruder sich wieder auf den Weg. Ich lief ihm hinterher und dann zur Tanzfläche. Die Musik war echt gut. Ich drehte mich und lachte, während ich die Augen schloss und die Arme gen Himmel streckte. Als ein gut aussehender Junge mich antanzte, war Carter plötzlich wieder da und schob ihn weg. Spielverderber. >>Lass besser die Finger von meiner Schwester.<< Der Junge schien überrascht von Carters Auftritt und wich schnell zurück. >>Ich wusste nicht das sie deine Schwester ist. Ganz ruhig, Bro.<< Ich kicherte und wollte diese Tatsache richtigstellen. >>Aber nicht genetisch. Nein nein. Er ist nur mein nicht genetischer Bruder.<< Der Junge war längst verschwunden und ich begann wieder, mich zur Musik zu bewegen. Ich fühlte mich so leicht und schwerelos. Einfach frei. >>Na los Carter. Tanz mit mir.<< Ich wusste das er das nämlich sehr gut konnte. Weil er sich weigerte schmiegte ich meinen Körper einfach an ihn, damit er gezwungen war sich zu bewegen. Das einzige was ich bewirkte, war das er sich versteifte. >>Das reicht jetzt Mia. Ich fahr dich nach Hause. Deinen Bruder und Sahra nehmen wir am besten gleich mit.<< Ich weigerte mich, ihm zu folgen, daher packte er mich kurzerhand und schwang mich über seinen Rücken. Mein Gesicht hing jetzt in der Nähe seines Hinterns und er sah einfach zum hineinkneifen aus. Das tat ich dann auch. >>Du spinnst, Frau.<< Mein Kichern ließ meinen Körper schütteln und ich hatte das Gefühl, als würde mein Kopf rot anlaufen, aufgrund meiner hängenden Lage. Ich war nicht die einzige die durchgehend kichern musste. Als Carter stehen blieb versuchte ich an ihm vorbei zu sehen und erkannte Sahra und meinen Bruder, die prustend auf dem Boden saßen. Weil die beiden sich eigentlich nicht leiden konnten, musste ich noch mehr lachen. Carter war heute einfach viel zu Ernst. Wir anderen hatten einen riesigen Spaß. >>Na los, Mark. Jetzt kommt. Ich fahr euch nach Hause.<< Mark und Sahra verneinten einfach. >>Wir bleiben noch hier. Es ist gerade soooooo lustig.<< Carter versuchte ziemlich lange auf die beiden einzureden, sie hörten aber nicht auf ihn und unterhielten sich über die Farbe braun. Das Gespräch war wirklich interessant, doch Carter ging irgendwann einfach und nahm mich mit. >>Hey, ich wollte das hören. Lass mich doch auch hier. Fahr alleine nach Hause.<< Scheinbar ignorierte er mich jetzt einfach. Er marschierte mit mir durch das Haus und nach draußen. Ich konnte nichts dagegen tun, außer hin und wieder in seinen Hintern zu kneifen. Irgendwann ließ er mich runter und schob mich sogleich in seinen Pickup. >>Ich fahr dich jetzt nach Hause, Mia. Jackson passt solange auf deinen Bruder und Sahra auf.<< Jackson spielte zusammen mit Carter und Mark Eishockey. Ich wurde angeschnallt, dann setzte sich der Mann meiner Träume neben mich und fuhr los. Warum war ich noch mal mit ihm alleine? Naja, das war mir eigentlich egal. Hauptsache er saß neben mir. In meiner Schwärmerei über diesen hübschen Mann musste ich wohl eingeschlafen sein. 

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