Kapitel 1 - Kara

29 2 0
                                    

Ein letzter Zug, dann erreichte ich den Beckenrand und hielt mich, nach Luft ringend, am Rand fest.
Mein Training war heute mal wieder ziemlich anstrengend und ich freute mich jetzt schon auf den Muskelkater, den ich morgen haben würde.
Die letzten Wochen hatte ich wegen einer Verletzung nicht trainieren können und musste mich deswegen jetzt wieder richtig ranhalten, um mit den anderen im Schwimmteam unserer Uni weiter mithalten zu können.
In der Schwimmhalle unserer Uni war heute Morgen noch nichts los. Ich war die Einzige hier, was für diese frühe Tageszeit nicht ungewöhnlich war, aber so war es mir am liebsten. Schon als ich noch klein war, hatte mich das Schwimmen beruhigt und wie auch sonst immer stieg ich, sobald ich wieder richtig zu Atem gekommen war, völlig entspannt aus dem Becken.

In den Umkleiden begegnete ich Emma, einer Teamkollegin und guter Freundin.
"Hey Kara. Und, wie war das erste Training seit vier Wochen?", fragte sie mich, während wir uns kurz umarmten.
"Hey, ja war ganz gut, ich bin nur ziemlich erledigt.", antwortete ich ihr. "Und wie geht's deiner Schulter?", wollte sie wissen.
"Ich spüre sie noch und der Arzt hat gesagt ich soll es noch langsam angehen lassen, aber ich kann sie wieder richtig bewegen und es tut nicht mehr weh."
Vor einem Monat hatte ich mir beim Training die Schulter verletzt, zum Glück jedoch nicht sehr stark, denn wäre ich ganz ausgefallen, hätte ich mein Stipendium verloren. Ich studierte Sozialpädagogik an der University of San Francisco, wo ich auch geboren wurde und aufwuchs.
Zusammen mit meinem kleinen Bruder Beni und meinen Eltern lebte ich in einem schönen Einfamilienhaus etwas außerhalb der Stadt, mein größerer Bruder Noah lebte inzwischen in einer eigenen Wohnung zusammen mit seiner Freundin.
"Gut. Dann werde ich mal rein gehen. Wir sehen uns dann morgen.", verabschiedete Emma sich von mir und lief in Richtung der Schwimmhalle.
"Ja, viel Spaß. Bis morgen.", rief ich ihr nach und machte mich fertig, um nach Hause zu gehen.
Der Weg war mit den Fahrrad nicht sehr weit und kurz darauf stand ich auch schon vor unserer Haustür.
"Hey Mom, bin wieder da.", rief ich in den Flur und gleich darauf streckte meine Mutter ihren Kopf aus der Küche in den Gang.
"Hallo Schatz, wie war dein Training? Wie geht es deiner Schulter?", hakte sie gleich nach, worauf ich ihr erzählte, dass das Training gut war und es meiner Schulter wieder gut ginge.
"Das freut mich. Ich muss gleich los zum Arbeiten und habe heute Spätschicht. Kannst du mir einen Gefallen tun?", fragte sie mich, während sie ihre Tasche zusammenpackte.
Ich holte mir einen Apfel aus dem Obstkorb und setzte mich an die Küchentheke.
"Ja klar, was gibt's?"
Meine Mutter deutete auf eine Schüssel, die auf der Küchentheke stand.
"Die gehört Mrs Parker. Könntest du sie später zurück bringen?", bat sie mich, woraufhin ich mit vollem Mund nur nickte.
"Gut, danke. Du bist ein Schatz. Ich muss jetzt los. Wir sehen uns heute Abend." Sie verabschiedete sich von mir mit einen Kuss auf meine Stirn und verließ dann das Haus.

Mit der Schüssel in der Hand machte ich mich auf den Weg zum Nachbarshaus. Ich kannte unsere Nachbarn sehr gut, Beni war mit ihrer Tochter Amy in einer Klasse und wir Kinder haben früher oft zusammen gespielt oder ihre Eltern haben auf uns aufgepasst, wenn unsere nicht da waren. Alles in allem hatten wir immer eine sehr gute Beziehung zu unseren Nachbarn.

An der Haustüre angekommen, drückte ich auf die Klingel und wartete bis jemand die Türe aufmachte - vergebens.
Selbst nach einiger Zeit des Wartens öffnete niemand die Tür, weshalb ich beschloss, mich wieder auf den Weg zu machen, um die Schüssel später zurück zu bringen.
Gerade hatte ich mich umgedreht, da hörte ich wie die Tür geöffnet wurde.
"Kann ich dir irgendwie helfen?", hörte ich eine Stimme hinter mir, die mich erstarren ließ.
Es war eine tiefe, männliche Stimme, die mir irgendwie bekannt vorkam, jedoch nicht die von Mr Parker.
Langsam drehte ich mich wieder in Richtung Tür um und musterte den jungen Mann, der da vor mir stand.
Als mir klar wurde, wer da vor mir stand, stockte mir der Atem, das konnte einfach nicht wahr sein.

Ian Parker. 

So fern und doch so nahWhere stories live. Discover now