Can You feel my Heart

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Ich renne.
Wieder einmal.
Warum?
Vielleicht renne ich vor meinen Gefühlen davon.
Weil ich immer noch nicht glauben kann, was ich getan habe.
Ash weiß von meinen Gefühlen.
All meine Freunde wissen davon.
Und meine ganzen Fans hier in New York.
Dank ihnen wird es wohl bald der ganze Erdball erfahren haben.
Oh Gott!
Ich stoße beim Laufen mit jemandem zusammen.
Er stürzt.
Ich laufe weiter.
Immer weiter.
Die Treppe runter.
In Richtung Toiletten.
Ich reiße die Türe auf.
Stürze zum Waschbecken und muss mich einen Moment mit beiden Händen abstützen, um nicht umzukippen.
Warum bin ich nur so ein verdammter Feigling?! 
Warum, verdammt nochmal?!
Ich werfe einen Blick in den Spiegel.
Das bin nicht mehr ich.
Mit zitternden Fingern löse ich den Verband von meinem Arm.
Betrachte die Schnittwunden und die feine Nadelarbeit des Arztes.
Zu schade, dass ich sie wieder zunichte machen muss, um das zu erreichen, was ich will, nachdem ich jetzt weiß, oder zu wissen glaube, was Ash von mir hält.
Er hasst mich jetzt sicher.
Und ich kann es ihm nicht verdenken.
Aber wie gesagt: Ich habe ja nichts zu verlieren.
Gandhi hat einmal gesagt:
"Fast alles, was du tust, ist letztenendes unwichtig...
Aber es ist wichtig, dass du es tust." 
Ich denke, Gandhi hatte recht.
Ich habe so viele Fehler gemacht, aber das spielt jetzt keine Rolle mehr.
Denn ich werde das alles hier jetzt beenden und mich damit erlösen.
Mich... und Ash.
Zitternd richte ich mich auf und starre ein letztes Mal in das Gesicht eines Mannes, den ich nicht mehr kenne.

Dann schlage ich zu...
Meine Faust trifft das kalte Glas des Spiegels.
Es bricht.
Tausende Scherben regnen auf den gefliesten Boden nieder und splittern.
Der Schmerz in meiner Hand breitet sich augenblicklich in meinem ganzen Körper aus, wie Gift.
Aber es ist erträglich.
Ich fühle das Blut auf meinen Fingern, das von meiner geballten Faust auf den Boden tropft.
"Fuck!"

Vorsichtig beuge ich mich nach vorne und lese eine der Scherben vom Rand des Waschbeckens auf.
Sie glänzt in meiner Hand, wie ein kostbares Juwel.
Und das ist sie ja auch... irgendwie.

Ich atme einmal zitternd ein, bevor ich die Scherbe auf meinem Arm ansetze und einen kleinen Schnitt in meine blasse Haut ritze.
Quasi als Kostprobe.
Fasziniert beobachte ich, wie Blut hervorquillt und meinen Arm entlang läuft.
Blut, so rot.
So rot, wie Ashs Lieblingsblumen, die Rosen.

Und da ist er plötzlich bei mir und schlägt mir die Scherbe aus der Hand.
"Andy...Scheiße, scheiße, scheiße!"
Zwei Arme schlingen sich um meinen Oberkörper.
Sie strahlen so viel Geborgenheit und Wärme aus.
Er umarmt mich so fest, als wolle er mich nie mehr loslassen.
Ich lege meinen Kopf auf seine Schulter und schließe die Augen.
Genieße einfach den Moment.
Auch wenn ich weiß, dass er nicht von Dauer sein wird.

Als wenn er meine Gedanken gehört hätte, löst sich Ash von mir.
Und dann spüre ich etwas an meinen Ohren.
Kopfhörer.
Als die ersten Klänge meinen Kopf erfüllen, zucke ich automatisch zusammen.
Das ist exakt der gleiche Song, der damals in der Bar lief, als Ash und ich uns küssten.
"Can you feel my heart" von "Bring me the horizon".
So etwas würde ich nicht vergessen.

Ich sehe auf und mein Blick trifft direkt auf den meines besten Freundes.
Ich lausche den Klängen des Liedes.
Als der Songvorbei ist, sehe ich Ash immer noch wortlos an.
Den Mann, den ich liebe.

Ich nehme die Kopfhörer ab.
"Warum?", flüstert er.
"Warum hast du dich verletzt?"
Wortlos deute ich auf meinen Arm.
Vorsichtig dreht Ash ihn so, dass er lesen kann, was darauf verewigt ist.
Er bewegt die Lippen sachte und als er das letzte Wort hinter sich gebracht hat, verstummt er und sieht mich an.

Aus meinen Augenwinkeln haben sich Tränen gelöst und strömen meine Wangen hinab.
"Ich wusste, dass du mich niemals lieben könntest und es war so schmerzhaft für mich, Tag für Tag in deiner Nähe zu sein und dich niemals so berühren zu dürfen, wie ich das gerne gewollt hätte.
Ich dachte, dass das damals in der Bar nicht ernst gemeint war, weil du betrunken warst. Und mit dir über meinen Gefühle zu sprechen, war auch keine Option, weil ich dachte, dass du mich dann verachten würdest. Bestimmt hasst du mich jetzt, aber ich kann es dir nicht verübeln.", flüstere ich rauh.

Ich fühle seine Hand an meiner Wange- genieße die Wärme.
Ich spüre, wie er seinen Kopf auf meine Schulter sinken lässt.
Er schlingt seine Arme um mich- hält mich fest.
Ich höre seinen Atem an meinem Ohr.
"Ich will dich nicht verlieren."
Seine Stimme, kaum mehr, als ein Flüstern.
"Erinnerst du dich an den Abend in der Bar, vor einem Jahr?"
Er greift nach meiner Hand.
Hält sie fest.
Augenblicklich hämmert mein Herz wieder pochend gegen meine Brust.
"Ich habe diesen Abend nämlich nicht vergessen.", fährt er flüsternd fort.

Ich glaube mich verhört zu haben.
"Du... du hast nichts vergessen?"
"Nein. Das könnte ich gar nicht, weil... weil ich dasselbe für dich fühle."
Jetzt ist es raus.
Ich schnappe nach Luft und starre Ash ungläubig aus verheulten Augen an.
"Sag es nochmal, bitte, ich kann es nicht glauben.", flüstere ich.
Nun breitet sich ein leichtes Lächeln auf Ashs Lippen aus, während er sich zu mir beugt.
"Andrew Dennis Biersack, ich liebe dich."

Und damit verschließt er seine Lippen mit meinen und augenblicklich spüre ich, wie er mich wieder unter Strom setzt, so wie beim ersten Mal.

Only a forever fallen Angel [Andley]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt