13 | wet ground

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Ich renne eine Zeit lang ängstlich durch den Wald. Auf dem Weg lasse ich den Korb fallen und den Umhang.

Alles ist voller Blut und meine Augen sind voller Tränen. Es fühlt sich an als sei meine Welt in Zwei gebrochen.

Harry. Ich habe Harry verloren.

Er hasst mich.

Aus einem Grund, der nahezu lächerlich ist.

Oder etwa nicht?

Alles was ich wollte, war ihn zu beschützen.

Und das habe ich. Es ist mir gelungen und nun muss ich fliehen. irgendwohin.

Aber nur wo?

Der Wald scheint endlos zu sein, als ich mir meinen Weg durch Gebüsch und über Wurzeln stolpere. Ich hoffe irgendwo ein Dorf zu sehen.

Rotkäppchen muss doch aus einem Dorf oder ähnlichem gekommen sein, oder? Also wo ist der Anfang von allem?

Ich lasse mich ins Gras fallen und schluchze. Bitte. Es muss doch endlich aufhören. Es muss aufhören. Kann ich nicht schlafen und aufwachen? Vielleicht in einem anderen Märchen? Einem schönem, in dem es um eine liebevolle Beziehung geht, die niemand zerstören kann?

Kann ich nicht ein Diener sein, der mit dem Chefkoch schläft?

Oder wieder ein Räuber?

Wieso nur wusste ich es nicht zu schätzen mit Harry, Niall, Liam und Zayn durch den Wald zu rennen, auf der Suche nach Beute?

Das Leben als Räuber ist besser als das als Mörder-Rotkäppchen.

Ich rolle mich auf der Erde zusammen und schließe die Augen. Ich muss einschlafen und es alles vergessen. Ich will es vergessen. Wie soll ich denn sonst überleben?

Was ist wenn ab jetzt jedes Märchen so läuft, nur weil ich es nach wenigen Minuten erkenne?

Ich will wieder ungewiss sein und einfach ein bisschen Spaß haben. Harry an meiner Seite. Vielleicht einen Drachen besiegen oder Harry umgarnen.

Ich will heiraten oder meinetwegen schwanger sein. Oder Harry schwängern.

Bitte. Irgendetwas muss doch auf mich warten, dass besser ist als das hier.

Ich will vergessen und wieder so leben wie vorher.

Von Märchen zu Märchen stolpern und immer rechtzeitig in einem neuen wieder aufwachen.

In einem Schloss, einem Wald, einer Hütte. Egal.

Nur irgendwo anders, weit weg von Simons Leiche und einem 16-jährigen Harry, der weint und will, dass ich gehe.

Wie konnte ich nur so leichtsinnig sein.

Mein Gesicht liegt halb in der Erde und der Regenwurm, der vor meinen Augen entlang krabbelt, stört mich nicht einmal. Ich sehe ihm zu, wie er sich den Weg über einen kleinen Ast macht, der von einem Baum abgebrochen ist.

Das hier ist ein Alptraum und lieber wäre ich ein nichts wissender Regenwurm auf dem Weg von einem Vogel verspeist zu werden als so wie ich jetzt bin.

Meine Tränen tropfen auf die Erde und ich höre Schritte in der Nähe.

Der Jäger, kommt es mir panisch in den Sinn und ich schlage meine Hände über dem Kopf zusammen und presse meine Augenlider aufeinander.

Kindlich zu denken, dass er mich so weniger sieht als vorher, aber ich kann nur hoffen, dass er an mir vorbei geht und das sein Hund mich nicht riecht.

Ich kann nur hoffen nicht selbst aufgeschlitzt zu werden.

Ich zittere und es ist kalt. Der Boden ist feucht und ekelig. Doch zurzeit könnte mir nichts mehr egal sein als all das hier.

Alles was ich will, ist irgendwo anders zu sein.

Ich muss schlafen, ja.

Ich presse meine Augen fester aufeinander.

„Schlaf, Louis, schlaf", rede ich mir ein.

Er darf mich nicht finden.

Die Schritte kommen näher und die Tränen hören auf zu fließen. Ich habe keine mehr zu vergießen. Soll er mich doch finden. Jetzt ist es zu spät.

Jemand kniet sich neben mich und dann werde ich sanft geschüttelt. „Gefunden", lacht eine raue Stimme.

Ich erstarre.

Es ist Harry.

Harry ist mir nachgekommen und ist hier um sich zu rächen.

„Weißt du, es wäre mir lieber du würdest Fangen mit mir spielen als Verstecken, Louis. Das kann hier gefährlich sein. Ich weiß das Hopfen und Malz eh schon verloren sind, aber wenn wir uns zusammen raffen, finden wir sicherlich den Weg zurück."

Ich höre sein Lächeln. Sein ernst gemeintes Lächeln.

Langsam setze ich mich auf und drehe mich seitlich nach hinten.

Harrys Haare sind kurz. Wirklich sehr kurz. Sie sehen aus wie frisch geschnitten.

Er ist nicht 16 und seine Augen haben diesen Glanz. Sie sind nicht schwarz und er hat nirgends Blut.

Ist das hier ein anderer Harry?

Ist das überhaupt möglich?

„Was?"

Harry nimmt mich in den Arm. „Ach Louis, du Witzbold."

„Witz- was?", murmele ich in seine Schulter.

Langsam entspanne ich mich.

Er riecht wieder wie Harry.

„Wollen wir weiter gehen? Wir haben nämlich wirklich keine Zeit für Spiele." Er lacht heiser und zieht mich von der Erde nach oben.

Ich runzele die Stirn und folge ihm.

Harry hält meine Hand und drückt sie fest. Fast als würde er sichergehen wollen, dass ich sie ja nicht loslasse.

Diese innere Wärme ist wieder da und Harrys Lächeln beruhigt mich ebenfalls.

Als ich an mir herunter sehe, ist das Blut verschwunden und statt des roten Mantels trage ich einen einfachen braunen.

„Wonach suchen wir?" Ich lächle vor mich hin und trotte neben Harry her.

„Unser Zuhause, Louis." Harry sieht sich skeptisch im Wald um. Es dämmert und langsam geht die Sonne auf.

Wir reden nicht und gehen einfach immer weiter in eine Richtung.

Harry schaut auf die Erde und scheint etwas zu suchen.

„Mist!"

„Was?" Ich sehe ihn erschrocken an.

„Der Regen hat alle Brotkrumen weg gespült."

Oh nein, denke ich. Oh, nein, oh nein, oh nein.

wonderland | larry ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt