1. Japan, Sendai

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Es kam vom Meer. Erst leise und harmlos, dann wurde das Rauschen immer lauter. Fudo und Mauritius standen im kühlen Meerwind auf der Dachterrasse des Turms.

"Es ist doch noch nicht das, was ich denke, dass es ist. Oder?"

"Nein. Das darf es noch nicht sein..."

Die beiden jungen Japaner blickten auf das aufschäumende Wasser.

"Sollen wir Ima Bescheid geben? Es würde sie sicher interessieren."

"Nein. Sie macht sich nur Sorgen."

"Und wenn es doch das ist, für was wir es halten?"

"Keine Sorge, Mauritius. Wir sind in der Überzahl."

Die beiden standen noch einige Minuten ganz ruhig da, dann kam Ima durch die Falltür zu ihnen. Die Jungen sahen sie an. Sie hatte sich eine Wolldecke um die schmalen Schultern gelegt und zitterte leicht.

"Kannst du nicht schlafen?", fragte Fudo ruhig. Ima nickte.

"Ich fühle mich nicht gut. Sicherlich passiert in der Stadt irgendetwas..." Sie blickte aufs Meer hinaus. "Was ist das?"

Fudo und Mauritius sagten nichts, bis Ima näher an sie herantrat.

"Es könnte mit Omanacor zu tun haben. Das gefällt mir ganz und gar nicht", stellte Mauritius fest. Ima nickte.

"Ich check mal schnell das Meer. Bin gleich wieder da." Sie ließ die Decke fallen. Ihre Flügel hatten sich um ihren Körper geschlungen.

"Sicher, dass du alleine fliegen willst?", fragte Fudo. Ima nickte.

"Ihr könntet aber eine kleine Sicherung über der Stadt machen." Die Jungen nickten und Mauritius öffnete seine Flügel, um mit einigen Schlägen vom Boden abzuheben.

"Bis gleich!", rief Ima und sprang vom Turm. Im Fall breitete sie ihre großen Flügel aus und glitt dann über das Meer hinweg. Mauritius währenddessen begab sich fliegend über die Stadt. Einige Lichter brannten noch, doch ansonsten war alles ruhig. Er machte einen Rundflug und entdeckte einen kleinen Mann, der einen Laden überfiel. Mauritius stürzte aus dem Himmel auf ihn herab und packte ihn an den Schultern. Vor Schreck erstarrt ließ der Mann seine Beute fallen. Mauritius flog den Mann von Sendai weg. Immer weiter hinaus aus der Stadt ins Land hinein. Über einem Hügel entschied er sich, den Kriminellen fallen zu lassen. Der Mann schrie auf, doch verstummte er, sobald Mauritius ihn knapp vor dem Boden wieder auffing. Der Dieb stolperte einige Meter rückwärts, als Mauritius von ihm abließ.

"Wer seid ihr?", fragte der Mann voller Ehrfurcht. Mauritius ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Schließlich musste sie mächtig und ein wenig Böse wirken.

"Wir sind die dunklen Engel. Wir wurden vor Zeiten aus dem Himmel verdrängt, doch hatten wir weiterhin den Drang, Gerechtigkeit zu sehen. Und so achten wir nun darauf, dass niemand Unrecht begeht und töten jene, die sich uns in den Weg stellen." So eingeschüchtert, wie der Mann wirkte, bekam Mauritius das ganze heute gut hin. Er lachte selbstgefällig. "Doch gebe ich dir noch eine Chance..." Mauritius gab jedem immer eine Chance, weil er nicht darauf trainiert worden war, zu töten. "Du wirst nie wieder versuchen, irgendeinem Schaden zuzufügen, sofern du dein Leben behalten willst." Der Mann nickte. Mauritius gab sich zufrieden und flog zurück in die Stadt. Der Mann schrie ihm plötzlich noch panisch etwas unverständliches nach, doch da war es schon zu spät. Ein anderer Engel stürzte sich von oben auf Mauritius und verletzte ihn schwer am Flügel. Mauritius wehrte sich und versuchte, mit seinen Augen den Blick des anderen zu sehen, um seine Zugehörigkeit zu bestimmen, doch er schaffte es nicht. Mit aller Kraft und blitzschnell schnürte der andere Engel die Flügel von Mauritius zusammen und ließ ihn fallen. Der Aufschlag war hart und Mauritius verlor sein Bewusstsein.

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