Schockzustand

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"Ich bin ein bisschen verwirrt", gestehe ich Clara. Nachdem ich Logens Zimmer verlassen habe, bin ich ihr direkt in die Arme gelaufen. Erst hatte ich sie nicht gesehen, denn sie hatte sich gut versteckt, doch als ich ihr näher kam, ist sie hervor gekommen. "Ich doch auch", gibt sie von sich wieder. Clara hat unseren Plan perfekt ausgeführt. Sie ist mir kurz nachdem ich zu Logen gegangen bin gefolgt und hat sich an einem geeignetem Ort versteckt, sodass man sie nicht sehen konnte. Die ganze Zeit hat sie darauf gewartet, dass jemand an Logens Zimmer lauscht oder vorbei geht. Wir sind nämlich zu dem Entschluss gekommen, dass er sich in der Nähe aufhalten muss, um zu erfahren, dass ich wirklich mit ihm geschlafen habe. "Und du hast wirklich niemanden gesehen?", frage ich noch einmal nach. Sie schüttelt nur den Kopf. "Nein habe ich nicht. Es ist nicht mal jemand an der Tür vorbei gelaufen." Das ist echt komisch. Wie sollte der Anrufer sonst davon erfahren, dass ich mit ihm geschlafen habe? Vielleicht hat er ja nicht mal was davon mitbekommen. Wie auf den Schlag klingelt mein Handy. Unterdrückte Nummer. "Das ist er", sage ich zu Clara. Ihr Blick verkörpert, was ich gerade denke. Angst und Unsicherheit. Ich drücke auf annehmen. "Gratuliere Amelia", sagt der Anrufer. Dann höre ich ein Piepen. Ich runzel die Stirn. Er hat aufgelegt. "Was hat er gesagt?", fragt Clara mich neugierig. "Ich weiß zwar nicht, wie er das gemacht hat und ich finde es sehr unheimlich, aber ohne anwesend zu sein, hat er herausgefunden, dass ich seinen Auftrag erfüllt habe. Er hat mir gratuliert."

Das Mittagessen verläuft eher still. Sima wollte erst noch was für die Schule fertig machen, bevor sie zum Essen kommt, weswegen wir alleine zusammen sitzen. Clara isst wie ein Tier, offenbar hat sie großen Hunger, während ich das Essen nicht anrühren kann. Ich ziehe meine Strickjacke bis nach oben zu und versuche mich in ihr zu verkriechen. Immer wieder muss ich an die Worte von Logen denken. Was hat er damit gemeint, als er sagte, es täte ihm leid und er habe das nicht so gewollt? Vielleicht meint er damit, dass er mich so schlecht behandelt hat. Ich konnte keine Schlüsse ziehen und wurde immer deprimierter. "Alles gut?", fragt mich Clara, die ihren Teller bereits aufgegessen hatte. Wie kann man in so einer Sitaution überhaupt was essen? Sei zeigt mit ihrem Finger auf mein Teller. "Willst du das nicht mehr? Du hast es ja nicht mal angerührt." Ich stochere ein bisschen in meinem Teller herum, um nicht den Schein zu wagen, dass ich wirklich nichts gegessen habe. "Nein, ich hab nicht so großen Hunger", antworte ich und schaue weg. Es fällt mir schwer die Fassung zu bewahren. "Könnte ich das denn vielleicht essen?", fragt sie mich und nimmt sich den Teller, bevor ich überhaupt antworten kann. Sie nimmt zwei große Bissen und fragt mich mit vollem Mund: "Also, was macht dich so traurig, dass du nichts essen willst? Liegt es an dem Anrufer oder an der Tatsache, dass du keine Jungfrau mehr bist?" Sie stopfte sich noch eine Gabel in ihren Mund und schaut mich erwartungsvoll an. Ich hatte nicht wirklich Lust auf dieses Gespräch, doch ich wusste, sie würde nicht aufgeben und immer wieder nach hacken. "Weißt du was, ich muss los. Ich will noch mit Logen reden. Bis nachher", sage ich und versuche so schnell wie möglich zu verschwinden. Als ich mich umdrehe, nimmt sie noch ein Bissen.

Eigentlich wollte ich nicht zu Logen, aber in unserem Zimmer ist Sima momentan und wird sicher merken, dass etwas nicht stimmt. Kurz habe ich darüber nachgedacht, ob ich vielleicht Sima davon erzähle, dass ich keine Jungfrau mehr bin, aber entschied mich dann doch dagegen. Sie wird mich dann nur ausfragen, worauf ich ebenfalls keine Lust habe.
Mit schnellen Schritten gehe ich zu Logen. Ich werde ihn darauf ansprechen, was er gemeint hat und warum er so schnell unter die Dusche gegangen ist. Wollte er mich loswerden? Ich merke gar nicht, wie ich mit Lukas zusammen stoße. Ich hab ihn gar nicht kommen sehen. Er hält mich an den Armen fest und guckt so, als hätte er gerade ein Geist gesehen. "Amelia, gut das ich dich hier sehe, ich hab dich gesucht. Komm mit", er zieht mich am Ärmel, aber wie immer will ich erst wissen was Sache ist, bevor ich irgendwo hingehe. "Nein, sag mir, was los ist." Er schüttelt nur den Kopf, zieht mich wieder am Ärmel, doch ich bleibe krampfhaft stehen. Ich sehe, wie er seine Augen rollt und augenblicklich nervt mich das. "Schön wenn du es mir nicht sagen willst, ich habs eilig, ich will zu Logen." Ich drängel mich an ihm vorbei, doch er lässt mich nicht gehen, hält mich auf. "Was ist dein Problem?", fauche ich ihn an. Es sieht so aus, als kostet es ihm seine ganze Kraft. "Es geht um Logen", sagt er und mein Herz fängt an zu pochen. "Ich wollte dir das schon die ganze Zeit sagen, aber er hat versucht mich von dir fern zu lassen." Er zieht mich wieder und ich komme automatisch mit. Ich wusste, dass da mehr im Busch steckt. Nicht umsonst tut Logen immer auf geheimnisvoll. Während wir gehen versucht er sich zu erklären. "Ich hab schon lange das Gefühl gehabt, dass etwas nicht stimmt. Ich war mir nie sicher, ob ich mir das nur einbilde, oder nicht, deswegen wollte ich dich nicht unnötig beunruhigen." Ich finde es schrecklich, dass er mir nicht einfach sagt, was Sache ist. Erst jetzt bemerke ich, dass wir in die Aula gehen. Ich wurde immer unruhiger und immer schneller. "Renn nicht so, wir sollten nicht auffallen", sagt er und hält mich zurück. Ich schaue ihn grimmig an. "Erzähl schon weiter", fordere ich ihn auf, während ich etwas langsamer werde. "Jedenfalls, wusste ich das etwas nicht stimmt. Er hat sich manchmal Nachts einfach raus geschlichen. Erst dachte ich er ist immer zu dir gegangen- ich hatte ja keine Ahnung." Mittlerweile sind wir in der Aula. Ein Schauer durchfährt meinen Rücken. Hier ist es so kalt. Normalerweise bin ich hier nie, denn es ist schließlich verboten. Automatisch werde ich langsamer und leiser, ich will nicht, dass man mich erwischt. Je näher wir der Tür kommen, durch die mich Logen einmal geführt hat, desto komischer wird mein Gefühl. "Und wo ist er hingegangen?", frage ich ihn. "Ich bin ihm gestern gefolgt. Ich kann- du musst es einfach selbst sehen. Du wirst mir sonst nicht glauben." Lukas öffnet die Tür und wir betreten wieder diesen langen Flur. "Er ist nicht der für wen du ihn hälst Amelia!", flüstert er. Warum ist er plötzlich so leise? Je näher wir dem Zimmer 666 kommen, desto ruhiger werde ich. Ich bleibe stehen. "Lukas ich glaube das ist ein 

Solange wir schweigenOù les histoires vivent. Découvrez maintenant