2000 - It's my Life (Bon Jovi)

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Als ich mich im Herbst 2000 selbständig machte und für die Kundenbetreuung händeringend Mitarbeiter suchte, empfahl mir einer meiner Lieferanten zwei junge Männer, die gerade ihre Ausbildung hinter sich gebracht hatten. Beide kamen aus Ostdeutschland, einer aus Sachsen, einer aus Thüringen, ihre Lehrzeit hatten sie in der Eifel verbracht und beide sprachen hochdeutsch (alles andere außer schwäbisch wäre im Schwabenland auch verheerend gewesen).

Einer von ihnen hieß Ronny; ein typischer Ostname, wie er mir erklärte. Die halbe männliche Ex-DDR soll angeblich so geheißen haben.

Der andere Junge (bekennender Ritter-Sport-und-Milka-Junkie) erzählte uns, dass er in seiner Kindheit oft angestanden hätte, ohne zu wissen, wozu oder wofür. Wann immer man eine Schlange sah, stellte man sich eben an, völlig egal, was es gab, denn irgendetwas würde es schon geben.

"Typisch Ossi! Typisch Wessi!", das ist seit der Jahrtausendwende zumindest in unserer Gegend kaum noch zu hören. Die größten gegenseitigen Vorbehalte und Vorurteile gab es, glaube ich, Anfang der Neunziger Jahre, als zwei Nationen, die sich freuten, endlich ein Volk zu sein, wie Heuschreckenschwärme übereinander her fielen und sich auf die Pelle rückten.

Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen "typischen" Ossi getroffen zu haben. Einen "typischen" Wessi übrigens auch nicht. Diese verbalen Auswüchse einer Zeit des Zusammenraufens waren allenfalls "Typisch Mensch".


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Ein Kapitel mit diesem Titel kann man eigentlich nur Locsley widmen. Ich bewundere ihren Mut, für ein paar Monate so weit weg von zu Hause sein, um ein anderes Land kennenzulernen.

Typisch Ossi - typisch Wessi! Erinnerungen an eine getrennte VergangenheitWhere stories live. Discover now