Kap. 1 - Finstere Pläne

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In Reichenfeld, der größten der vier Menschenstädte trafen sich die zwölf wichtigsten Gildenmitglieder aller Gilden zu einer Ratssitzung.
Sie befanden sich in einem Großen Saal in dem Gildenzentrum der Handelsgilde, welche in dieser Stadt vorherrschte.

Die große Villa befand sich auf einer kleinen Anhöhe in der Mitte der Stadt. Sie besaß ein großes, quadratisches Hauptgebäude, welches auf drei Seiten kleinere, längliche Ausläufer hatte und auf der vierten Seite eine große, mit Gold bekleidete, Doppeltür. Das ganze Gebäude war mit teuren Materialien gebaut und verziert worden, um jedem den Reichtum der Handelsgilde unter die Nase zu reiben.

Der Raum, in dem sich die hohen Herren der Gilden trafen, befand sich in der obersten Etage des Hauptgebäudes. Eine große Fensterfront bot eine atemberaubende Aussicht auf die darunterliegende Stadt. In dem Saal standen drei Marmortische, zu einem Halbkreis zusammengestellt. Auf der Fensterseite befand sich die Händler-, links die Krieger- und rechts die Handwerker- und Bauerngilde.

Richard Reichman, das jüngste Mitglied auf der Seite der Händler, erhob sich. Wie es in seiner Familie Tradition war, trug er ein smaragdgrünes Gewand mit goldenen Stickereien. Sein braunes Haar trug er kurz und an seinen Finger zeigte er mehrere goldene Ringe. Er war das Oberhaupt der Reichman Familie, die älteste Händlerfamilie und Gründer von Reichenfeld und er wollte es aller Welt zeigen.

"Ich danke ihnen, dass sie sich allesamt herbemüht haben. Ich bin sicher, sie sind alle müde von der Reise, deshalb will ich gleich zum Punkt kommen. Wir befinden uns in einer sehr schwierigen Lage meine Herren. Die Bevölkerung der Menschheit steigt stetig an und in unseren Städten floriert der Luxus, doch."

Er machte eine dramatische Pause und blickte in die müden Gesichter.

"Gleichzeitig neigen sich die Ressourcen dieser Welt dem Ende zu. Unsere Experten schätzen, dass wir bei diesem Wachstum in einigen Jahren bereits einer Hungersnot ins Auge blicken müssen."

Viele der Anwesenden erschraken sichtlich, manche erhoben sogar die Stimme, klagten ihn als Lügner an. Doch alle wussten sie insgeheim, dass Richard die Wahrheit sprach, auch wenn die Angst stärker war als die Einsicht.

"Meine Herren bitte!"
Richard hob die Hände und die Stimmen starben ab.
"Es gibt keinerlei Grund zur Panik. Ich habe unsere Experten bereits zu Rate gezogen und eine passende und langfristige Lösung gefunden. Dies ist auch der Grund weshalb sie alle hier anwesend sind. Wir werden eine Abstimmung halten, wie wir mit diesem Problem umgehen werden."

Bereits zu Zeiten ihrer Ahnen, als die Menschenstädte noch klein und die Menschenwelt kaum besiedelt gewesen war, hatte dieser Rat existiert und über die Geschicke der Menschheit entschieden. Die Idee dahinter war, um Tyrannei und Alleinherrschaft zu verhindern. Die Ironie lag darin, dass Richard eben diesen Rat benutzte, um sich an die Spitze der Menschheit zu setzten. Trotz seines jungen Alters von 27 Jahren zeigte er großes Talent und Geschick, sowohl mit Menschen wie auch mit Geld. Dies hatte es ihm leicht gemacht die Handelsgilde in seinen Griff zu bekommen.

Nun blickten die mächtigsten Männer dieser Welt zu ihm auf und erwarteten, dass er ihnen die Lösung zur Rettung der Welt offenbarte. Dieses Gefühl war für Richard wie eine Droge und trieb ihn an nach mehr und mehr Macht zu streben. Er unterdrückte sein lächeln und begann zu erklären.
"Nun denn die Lösung ist sehr simpel. Alles was wir brauchen ist mehr Land, so dass wir mehr Felder und Vieh betreiben können. Die Schwierigkeit liegt allerdings darin genügend freies Land zu finden. Und der einzige Ort der mehr als ausreichen würde ist Dämonenheim und sein umliegendes Gebiet."

Eine weitere dramatische Pause während Richard beobachtete, wie die Anwesenden erbleichten und ihn entsetzt anstarrten.

Einer der Bauern erhob das Wort.
"Das kann nicht euer ernst sein. Wir können in Dämonenheim keine Felder anlegen, dass wäre Selbstmord."
Richard verstand die Angst des Bauers.

Dämonenheim lag im Zentrum der Welt, am Fusse des passend genannten Dämonenhügels.
Nicht nur befand sich dort der Eingang des Labyrinthes, sondern war die Stadt auch ein Nest von Banditen, Schurken und Mördern. Sie war ein Dorn im Auge eines jeden Menschen, doch traute sich Niemand eine Hand dagegen zu erheben.

Für Richard war sie allerdings mehr als Das, sie war die letzte Hürde zwischen ihm und der absoluten Macht. Denn zwischen Dämonenheim und dem Rest der Welt fand keinerlei Kommunikation statt, was die Stadt unberechenbar machte und sie sich Richards Kontrolle entzog.

"Keine Sorge, ihr werdet nicht in Dämonenheim Felder anlegen, weil es kein Dämonenheim mehr geben wird."
Verwirrt ihn der Bauer an.
Richard sprach nun lauter und wandte sich wieder allen Anwesenden zu.

"Meine Herren. Dämonenheim ist schon seit Jahrzehnten die Schande der Menschheit. Es ist eine Ansammlung von Schurken und Mördern, die keinerlei Gewissen oder Mitgefühl haben. Kurz gesagt es ist ein Schandfleck und wir werden die Welt von diesem Fleck säubern. Wir machen die Stadt dem Erdboden gleich und aus der Asche dieser finsteren Vergangenheit wird eine strahlende Zukunft sich erheben."

Richard warf ein Blick in die Runde, um die Wirkung seiner Ansprache zu bewundern. Die Seite der Bauern und Handwerker war leicht zu überzeugen gewesen, denn sie waren von schlichtem Gemüt. Doch auch auf der Seite der Kriegergilde gab es schlichte Gemüter.

Lord von Essen erhob sich mit einem grimmigen Gesichtsausdruck. Seine kahle Kopfhaut glänzte beinahe so stark wie seine Rüstung und sein kräftiger Kiefer hatte einen Überbiss, was ihm ein bulliges Aussehen verlieh.

"Ganz meine Meinung! Es wird endlich Zeit, dass wir diesen Abschaum vernichten. Habt keine Sorge, die Kriegergilde wird sich gerne und sofort darum kümmern!"
Richard konnte sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen.
"Es freut mich dies zu hören Lord von Essen, doch solltet ihr euch gründlich auf diese Tat vorbereiten."
Ein weiterer Mann der Kriegergilde ergriff nun das Wort.

Es war der junge Lord Sonnen, der nach dem unerwarteten Ableben seines Vaters als Familienoberhaupt gewählt worden war. Ganz im Gegensatz zu von Essen, war sein blondes Haar gepflegt und seine Gesichtszüge waren zwar hart, doch durchaus ansehnlich.

"Ein Jahr mindestens. Obwohl ich die Begeisterung von Lord von Essen durchaus verstehe, benötigen wir mindestens ein Jahr, um neue Truppen zu rekrutieren und unsere Waffen und Rüstungen auf Vordermann zu bringen. Außerdem schlage ich vor, dass wir Belagerungswaffen bauen, um die Stadtmauern einfacher zu stürmen."
Lord von Essen wollte ihm schon widersprechen, doch Richard brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen. Dieser junge Lord Sonnen hatte seine Neugierde geweckt und schien sein Handwerk gut zu verstehen.
"Nun gut ein Jahr soll es also sein. Natürlich könnt ihr auf die finanzielle Unterstützung der Handelsgilde zählen."
Sein Gegenüber nickte dankbar.

"Gehe ich recht in der Annahme, dass alle hier Anwesenden dieser Entscheidung zustimmen?"
Ein Nicken ging durch die Runde.
"Nun gut meine Herren. Heute haben wir die Geschichte der Menschheit wieder auf die richtige Bahn gelenkt."

Damit war die Ratssitzung beendet und alle verließen sie den Raum. Nur Richard blieb zurück und blickte mit einem Hochgefühl auf die Stadt, die sich unter ihm ausbreitete. Bald hatte er es geschafft.

LuciferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt