• Kapitel 1 •

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Meine Augen folgten den hinab fließenden Regentropfen die an der Autoscheibe hinab flossen. Es war schon lange dunkel und die Lichter der Häuser waren schon seit einiger Zeit an. "Autumn? Kannst du mir einen Schokoriegel geben?" Ich sah nach links zu meiner kleinen Schwester. "Du hattest doch schon 3, Mia" antwortete ich langsam genervt. "Gib' ihr doch einfach einen." Murmelte mein Bruder, ebenfalls genervt, welcher auf der anderen Seite von Mia saß. Er schaute aus dem Fenster mit seinen Kopfhörern im Ohr. Eine gute Idee.. Musik. 'Ich fischte meine Kopfhörer hervor und steckte sie mir in die Ohren. Ich machte meine Musik auf laut und blickte aus dem Fenster. "Wer gibt mir jetzt meinen Schokoriegel?" Hörte ich Mia noch verwirrt vor sich hin murmeln bevor ich in meinen Gedanken versank. Mia war erst 5 Jahre alt. Sie musste in unserer Heimat all' ihre Freunde zurück lassen. Lucifer, mein Bruder, war 18. Er wurde in unserem Heimatdorf wegen seines Namen gehänselt. Man hat ihn Teufel genannt. Meine Eltern sind nicht Religiös, weshalb sie sich nichts daraus machten. Ich war 16. Mein Name ist Autumn. Ich saß gerade im Auto meiner Eltern. Wir waren auf den Weg in unser "neues Zuhause."
Wir wohnten zuvor in einem Dorf namens Mikrutschka. Die Arbeit meines Vaters wollte das er nun in einem anderen Gebiet arbeite. Deshalb musste die gesammte Familie umziehen. "Achtung! Jonathan da ist eine Katze!" Hörte ich meine Mutter schreien. Ich sah wie mein Vater das Lenkrad fest umschloss und nach rechts zog. Es quitschte laut und wir wurden rum geschleudert. Die Angst packte mich und ich krallte mich in den lederbeschichteten Sitz. Mia begann laut zu kreischen. Voller Angst sah ich zu meinem Bruder. Aber was war das? Er zeigte kein bisschen Angst. Er hielt meine schwester und biss die Zähne zusammen. Ein lautes Krachen. Wir fuhren in einen Baum. Etwas hatte mich im Gesicht getroffen. Es kribbelte bevor alles schwarz wurde. Ich hörte meinen Bruder irgendetwas schreien. Sirenen sind zu hören. Ich spürte jemanden mich an meinem Arm berühren. Alles wackelt irgendwie. Mir war schlecht. Ich öffnete leicht meine Augen und sah meine Mutter. Ihr Auge war weg. Ihre Wange war aufgerissen. Alles voller Blut. Ich zitterte und öffnete den Mund. Ich wollte schreien, aber es kam kein Laut heraus. Ich sah zitternd nach links. Ich wurde hoch gehoben und aus dem Wagen auf eine Trage gehoben. Alles war verschwommen. Mein Gesicht schmerzte. Ich versuchte mich weiter unter schmerzen umzusehen. Ich konnte Mia nirgends sehen. Ich war müde und schloss nur kurz meine Augen. Alles wurde leiser um mich herum und ich schlief ein.

- Ich laufe durch einen Wald. Der schon platt gedrückte Boden fühlt sich komisch unter meinen Füßen an. Keine Vögel waren hier um zu zwitschern. Blätter wirbelten durch den Wind. Rote, orangene, gelbe, braune Blätter. Ich liebe den Herbst. Mein Blick senkt sich langsam hinab zum Boden. Tote Tiere. Ich laufe auf toten Tieren. Marder. Siebenschläfer. Mäuse. Katzen. Hunde. Alle waren tot. Voller Blut. Ich sah das ausdruckslose Gesicht meines Bruder vor mir, welches er kurz vor dem Unfall machte.-

Ich öffnete meine Augen schlagartig. Eine weiße Zimmertür fiel mir in meinen Augenwinkel. Ein piependes Geräusch stach in meinem Ohr. Ich stützte mich mit meinen Händen an der weichen Matratze ab und setzte mich auf. Meine Seite tat dabei höllisch weh und ich verzog das Gesicht leicht. Daraufhin erschien der Schmerz in meinem Gesicht erneut. Ich hob meine, überraschender Weise zitternden Hände, und führte sie zu meinen Wangen. Ich stricht mir über meine Haut. Meine Hände waren kalt und mein Gesicht warm. Ich strich mir über die Augen. Ich fühlte Grind an Stirn und Schläfe. Ich senkte die Hände wieder und blickte mich im Zimmer um. Vor mir, an der Wand, war ein Fernseher. Links von mir war ein recht großes Fenster. Vor der Glasscheibe außerhalb meines Zimmers war der Zweig eines großen Baumes der die Sicht auf den Hof einschränkte. Ich blickte zur Tür als die Türklinke nieder gedrückt wurde und eine hübsche, junge, blonde Frau hineintrat. Sie hatte eine Akte in der Hand und trug einen weißen Kittel. Sie trat zu mir ans Bett und lächelte mich an. Ich wollte nicht das sie mich ansprach. Sie sollte wieder gehen. Aber ich wollte unbedingt wissen, was mit meinen Eltern war.. Ich atmete ein und fragte zitternd und leise: "Meine Mutter.. Und mein Vater. Was ist mit ihnen? Und was ist mit meinen Geschwistern?" Die Frau schaute mich Mitleidig an und setzt sich zu mir ans Bett. "Autumn heißt du.. Nicht wahr? Das ist ein schöner Name. Er gefällt mir. Den Herbst mag ich am liebsten.. " sie bemerkte anscheinend meinen verwirrten Blick und setzte eine Pause ein. Dann begann sie wieder zu reden: "Mein Name ist Dr. Maireuth. Du darfst mich aber Coco nennen. Das ist mein Spitzname hier.. Wir werden noch eine längere Zeit mit einander verbringen. " Ich musterte sie und sah an ihr vorbei zur Tür. "Meine Mutter. Was ist mit ihr?" Meine Stimme wurde ein wenig lauter und bekam einen leichten, genervten Unterton. Ich musterte die silberne Türklinke. Wie viele sie wohl schon angefasst hatten.. Wie oft dort schon Blut geklebt hatte.. Mein Körper zuckte zusammen als Coco ihre Hand auf meine Schulter legte. Ich sah zu ihr und biss die Zähne zusammen. Ich sah zu ihrer Hand. Sie trug einen goldenen Ring.. Wie viel der wohl Wert war? "Es tut mir leid Autumn.. Aber beim Aufprall gegen den Baum flog ein Ast durch die Windschutz Scheibe.. Er traf deine Mutter schwer.. Und auch dich." Sie sprach leise und ruhig. Das Blut in meinem Gesicht ist also teils ihr Blut? Und was war mit ihrem Auge? Ihre halbe Wange war weg! Wie kann sie da nur so ruhig reden..? "Und mein Vater?" Meine Stimme hörte sich zittrig an und meine Augen füllten sich mit Tränen. Der Griff der Ärztin um meine Schulter wurde ein wenig stärker und sie schüttelte leicht den Kopf. "Er ist sofort beim Aufprall von uns gegangen.. Genickbruch.."
Von "uns"? Sie hat damit doch gar nichts zu tun! Sie kannte ihn gar nicht! "Lucifer und Mia..?" Mir floss eine Träne über die Wange. Ich griff in das Laken und atmete schwer ein. "Dein Bruder Lucifer hatte Mia in seine Arme genommen und sie somit ein wenig geschützt. Sie selber ist fast unverletzt. Lucifer hat zwei, fast parallele, tiefe Wunden am Rücken. Er wird gerade behandelt." Sie nahm bei den Worten die Hand von meiner Schulter. Sie begann wieder zu lächeln. "Wir haben den Kater, den dein Vater retten wollte eingefangen.. Wir werden ihm eine Familie suchen.. " soll das ein Witz sein? Er ist Schuld an dem Tot meiner Eltern.. "Wir nehmen ihn auf." Sagte ich nach einer Weile und blickte weg auf die Tür. Sie war langweilig und einfach nur weiß. Ich merkte den komischen Blick der Ärztin. Sie stand auf und lächelte mich noch ein weiteres mal an. Ich würdigte ihr nicht einen Blick. Sie verließ das Zimmer und ich versuchte aufzustehen. Ich lief zum Bad in meinem Zimmer und stellte mich vor den Spiegel. An meiner Schläfe habe ich eine recht kleine Wunde. Ich hob mein Blut beflecktes shirt ein wenig an und sah dass ich an der Seite eine böse aussehende Schürfwunde hatte. Ich senkte das shirt und beugte mich zum Waschbecken hinab. Ich lies Wasser laufen und legte meine Hände als eine Schüssel geformt unter das fließende Wasser. Ich wartete bis das Wasser überlief und genoss wie es an meinen Fingern hinab floss. Ich beugte mich mit dem Gesicht zu meinen Händen und begann es zu waschen. Ich hatte die Augen geschlossen und sah direkt das Bild meiner Mutter, ohne Augen und mit offener Wange vor mir. Ich riss sie erschrocken auf und hob enorm schnell den Kopf. Ich blickte mein Spiegel-ich an und atmete schwerer. Eine Wasserperle floss an der Seite meiner Wange hinab bis zu meinem Kinn. Es tropfte in das Becken und gab ein leises Geräusch von sich. Ich griff nach dem, ebenfalls weißem, Handtuch und trocknete damit mein Gesicht ab. Ich ließ es einfach zu Boden fallen und legte meine Hände an den kalte Waschbeckenrand. Ich griff fester zu und sah hinab zu meinen Händen. Tot.. Alle Beide. Was soll ich nur tun.. Ich war verzweifelt. Ich wusste nicht mehr weiter und wollte nachhause. In mein Dorf. Nicht in unser "neues."
Ich werde wahrscheinlich in eine Pflegefamilie kommen. Mein Bruder kann sich unmöglich um mich, meine Schwester und um seinen Ausbildungsplatz kümmern. Zudem haben wir doch gar kein Geld. "Autumn?" Ich höre die Stimme eines kleinen Mädchens vor der Badezimmer Tür. Mia. Ich hob den Kopf und sah zur Tür. Ich lief zu ihr und öffnete sie vorsichtig. Ich sah hinab zu meiner kleinen Schwester die mich angsterfüllt ansah. "was machen wir jetzt ohne Papa und Mama?" Ihre Schultern begannen zu beben und sie zog sie hoch. Sie legte ihre Hände vors Gesicht und begann sofort zu weinen. Ich kniete mich zu ihr hinab und schloss sie in meine Arme. "Ich weiß es nicht.." Antwortete ich. Mia lehnte ihren Kopf gegen meine Schulter und weinte laut. Sie schluchzte und ich spürte wie sie mein shirt mit Tränen durchnässte. Mir tat es auf einen mal Leid, dass ich ihr nicht einfach den Riegel gegeben hatte. Sie wäre glücklich gewesen. Sie wäre vor dem Unfall glücklich gewesen.. Wenigstens ein wenig. Ich hätte mich noch 5 Minuten länger weigern sollen los zu fahren. 10 Sekunden länger in den Spiegel der Raststätte starren. 1 Minute länger Steine in den See werfen, bei dem wir Pause gemacht hatten. Dann wäre dieser doofe Kater nicht dort gewesen. Das alles wäre niemals passiert. Meine Wangen fühlten sich auf einen mal warm an. Ich merkte erst gar nicht das ich auch angefangen hatte zu weinen. "Nicht weinen, Autumn.. wir haben doch uns, nicht? " Mia schluchzte und löst sich von mir. Sie hob ihre kleine Hand und wischte sich über die geröteten Wangen. Sie griff an meinen Hals und hob die Kette etwas an. Sie umfasste das kleine, goldene Kreuz und lächelte ein wenig. "Gott ist bei uns." Flüsterte sie. Eine braune Locke fiel ihr ins Gesicht. Sie wischte sie sich hinters Ohr und sah mich mit ihren dunkelgrünen Augen lächelnd an. Ich bemerkte erst jetzt wie hübsch sie eigentlich war. Sie hatte recht braune haut und nicht zu viele Sommersprossen. Ihre Haare waren gesund und schulterlang. Dazu noch mit wunderschönen Locken. Ich dagegen hatte lange, dunkelblonde Haare. Zwar wurde auch ich mit dunkelgrünen Augen beschenkt, allerdings war ein grauton dabei, der das Ganze irgendwie komisch aussehen lässt. Ich hatte im Gegensatz recht viele Sommersprossen und war auch nicht so gut gebräunt wie meine Schwester. Ich hatte eher hellere Haut. Dazu waren meine Haare glatt und nicht so gelockt wie bei Mia. Ich lächelte ein wenig und gab meiner kleinen Schwester einen Kuss auf die Stirn. Ich nickte und erwiderte ebenso flüsternd. "Ja, Gott ist bei uns." Auch wenn unsere Eltern nicht gläubig waren, unsere Großmutter war es. Immer wenn wir bei ihr waren, und das waren wir oft, erzählte sie uns von Gott. Sie war es die mir die Kette gab. Ich versteckte diese, da unsere Eltern das nicht sehen wollten. Lucifer ist zwar ebenfalls fasziniert an den verschiedenen Religionen und Glaubensrichtungen, allerdings glaubt er nicht wirklich daran. Mia hatte von Großmutter Elisa goldene Ohrringe bekommen. Sie zeigten kleine Kreuze. Mia trug sie oft und meine Mutter sagte nie was dagegen. Als unsere Großmutter letztes Jahr starb, war das sehr schlimm für uns.. Von da an, haben meine Albträume wieder angefangen. Die Albträume die Jahrelang fort gewesen waren.
Ich zuckte leicht zusammen als die Türklinke hinab gedrückt wurde. Ich sah Lucifer der neben einer Krankenschwester stand. Er hatte nur eine jogginghose an und war Oberkörper frei. Allerdings war sein Oberkörper mit Verbänden bedeckt. Er sah mich mit seinen dunkelbraunen Augen an. Mir fiel auf wie er seine Zähne zusammen biss, da ich seine Wangenknochen nun viel deutlicher sehen konnte. Ich stand auf und ging auf ihn zu. Er öffnete die Arme und ich umarmte ihn. Meinte Hände legte ich hierbei an seinen Rücken und ich drückte mich an ihn. Ich weiß nicht mehr wann ich ihn das letzte mal umarmt hatte. Er legte die Arme um mich. Er riecht nach blut und seinem Deo. "Wir stehen das durch." Er versuchte mir mit den Worten Mut zu machen. Mia kam nun auch und legte ihre Arme um uns. Sie war viel kleiner als wir beide und ich löste mich von meinem Bruder. Ich sah ihn an und atmete tief durch. "Ich weiß nicht wie.. sie sind tot."
Lucifer hatte dunkelbraune Haare. Es sind recht lange Haare die an den Seiten kürzer waren als oben. Er hat sehr stark ausgeprägte Wangenknochen und hat einen braungebrannten, stark trainierten Körper. Mia und Er waren die Definition von Perfekt. Und ich? Ich gehörte zum unteren Durchschnitt. Ich war zu fett. Zu klein. Mein Gesicht war nicht definiert. Meine Haut war nicht so gut gebräunt. Ich war unbeliebt. Ich war eben.. der untere Durchschnitt. Ich konnte mich nicht leiden. Das konnte ich noch nie. Ich warf einen Blick auf die Krankenschwester die mir ihr lächeln aufzuzwingen schien. Erst in diesem Moment fiel mir der kleine schwarze Kater in ihrem Arm auf. Es war der, der an dem Unfall, und somit am Tod meiner Eltern, schuld war. Ich sah ihn mit seinen kleinen Ohren zucken und mich mit seinen, wirklich wunderschönen, gelben Augen ansehen. Er miaute kurz und reckte seinen Kopf in meine Richtung. Sein Näschen zuckte ein wenig beim schnuppern. Ich streckte meine Hand zu ihm aus und lies ihn an meinem Handrücken riechen. Er leckte mit anschließend mit seiner rauen Zunge über meine Haut. Ich streichelte ihm über den Kopf, wobei ein Ohr leicht an seinen Kopf gedrückt wurde. "Wir werden ihn behalten."
Mia gab ein überraschtes Geräusch von sich und lächelte dann. Ihre süßen Grübchen schmückten ihr perfektes Gesicht und sie begab sich auf Zehenspitzen. Sie streckte ebenfalls ihre Hand zu dem Vierbeiner aus, und lies ihn ihre Hand beschnuppern. Er zuckt mit dem Schweif und zog den Kopf leicht zurück. Er tat allerdings nichts gegen ihre Hand die nun seine Flanke streichelte. "Wie nennen wir ihn denn?" Fragte Lucifer als er den schwarzen Kater aus den Armen der Krankenschwester nahm. Mia sah hoch zu ihrem Bruder und sah aus als ob sie nachdenken würde. "Katzi!" Rief sie dann laut. Ich musste ein wenig lächeln. Ich wusste das ich keine Grübchen besaß. Und mein lächeln nicht halb so perfekt war wie Mias. Und so verschwand es auch schon wieder. "Wie wäre es mit Ruby?" Fragte die Krankenschwester lächelnd. Für mich klang der Name ein wenig zu weiblich. "Oder Mr. Peanut?" Lucifer sprach leise und kraulte unseren zukünftigen Kater hinterm Ohr. Mia schien äußerst begeistert. Und so nannten wir ihn Mr. Peanut.

Halt mich festWhere stories live. Discover now